Sarum
rings um das trockenzulegende Gebiet abzuleiten. Er entwickelte sogar hölzerne Schleusen zur Regulierung des Wasserlaufes. Gleichzeitig legte Porteus drei große Felder an den fruchtbaren, tiefer gelegenen Hängen an. Sie umfaßten mehrere Morgen Land. Hier setzte er zwei schwere Pflüge ein. »Bald wirst du den Erfolg sehen«, versicherte er Tosutigus. Im ersten Frühjahr stieg das Wasser im Fluß jedoch ungewöhnlich hoch, und die Wiesen wurden überschwemmt. Die Männer, die widerwillig die Kanäle gegraben und den Boden gepflügt hatten, schüttelten den Kopf. Aber Numex und Porteus gaben nicht auf. Numex setzte die Kanäle geduldig wieder instand und erhöhte das Flußufer. Diesmal glückte der Versuch.
Numex war jedoch skeptisch. Wann immer Porteus den Bauern befahl, die schweren Pflüge zu bedienen, fanden sie irgendwelche Ausflüchte. Die Bauern beklagten sich bei Tosutigus; es gab endlose Debatten darüber, wer die Arbeit ausführen sollte. Im dritten Jahr bat Tosutigus Porteus, den Versuch aufzugeben.
»Sie haben die Niederungen nie gepflügt«, sagte er. »Sie können sich mit dieser Idee nicht anfreunden. Es lohnt sich nicht.«
»Aber die Römer haben schon jahrhundertelang in Niederungen gepflügt«, widersprach Porteus.
»Dies hier sind Kelten«, antwortete der Stammesfürst kurz, »sie sind starrsinnig.«
»Die Römer auch«, antwortete der junge Mann ärgerlich. Und er weigerte sich aufzugeben.
Eine Generation lang wurden die Niederungen kultiviert, aber die Arbeit wurde nur widerstrebend und schlecht ausgeführt, und die Erträge waren enttäuschend. Sogar Numex, der die Kanäle und kleinen Schleusen gebaut hatte, war entmutigt; schließlich wurde das Experiment beendet, und die schweren Eisenpflüge rosteten vor sich hin. In den kommenden Jahrhunderten versorgte die Hochebene Sarum mit Getreide. Porteus’ übrige Neuerungen waren erfolgreicher. Neben der Villa hatte er eine Einfriedung errichten lassen. In dem so entstandenen windgeschützten und sonnigen Innenhof zog er Pfirsiche aus Gallien und Aprikosen. Die Aprikosen gediehen nicht, aber die Pfirsiche entwickelten sich nach einigen Jahren hervorragend – Früchte, die Sarum vorher nicht gekannt hatte.
Von Maeve erfuhr Porteus, daß der Honig, aus dem sie den berauschenden Met herstellten, von Bienen aus den Wäldern kam. Daraufhin erhielt Numex Anweisung, sechs kleine Kästen anzufertigen und am Abhang neben der Einfriedung aufzustellen. Zu seiner Verwunderung sollte er an die Seite jedes Kastens sechs Löcher bohren. Zuerst glaubte nicht einmal Numex, daß ein Bienenschwarm dazu gebracht werden könnte, in einen Kasten einzuziehen. Auch Maeve zweifelte.
»Ihr Römer!« protestierte sie. »Ihr wollt alles beherrschen. Die Bienen werden euch nicht gehorchen. Sie fliegen meilenweit, bevor sie in den Wäldern einen Platz finden, der ihnen gefällt.« Aber Porteus ließ sich nicht beirren. Unter seiner Leitung fingen die Männer im nächsten Jahr Bienenschwärme und brachten sie in die Kästen. Zu aller Erstaunen schienen sie sich darin wohl zu fühlen. Tosutigus war begeistert. »Das ist römischer Fortschritt«, sagte er zu Maeve, die enttäuscht war, daß die Bienen ihrem Mann offensichtlich zu Willen waren.
Außerdem führte Porteus noch etwas ein, was Tosutigus’ Herz höher schlagen ließ: Fasane. Das Stammesoberhaupt begutachtete die hübschen braunen Vögel mit ihren winzigen Köpfen und den langen schleppenden Schwanzfedern, die bis dahin auf der Insel unbekannt gewesen waren. »Du sagst, wir können sie jagen?« fragte er. »Laßt sie einfach in den Wäldern frei. Sie haben ausgezeichnetes Fleisch. Man hängt sie nach dem Erlegen auf«, erklärte Porteus, »das gibt ihnen einen scharfen Geschmack.«
Er importierte zweihundert; bald darauf bevölkerten die anmutigen Vögel die Wälder um Sarum.
Dies alles war jedoch unbedeutend im Vergleich zu den weitreichenden Veränderungen, die Porteus auf der Hochebene vornahm. Sie sollten das Gesicht Sarums für die nächsten fünfzehnhundert Jahre prägen. Nach Porteus’ Ankunft auf der Insel waren ihm zuallererst die Schafe aufgefallen. Damals waren die meisten Schafe in Britannien von einer uralten Rasse: kleine, wendige, robuste Tiere mit kurzem Schwanz, die sich sogar für das Leben unter den härtesten Bedingungen hoch im Norden eigneten. Ihr Fell war zwar nicht grob, jedoch nichts im Vergleich zu der seidigen Qualität der schönsten römischen Wolle, und die braune Färbung war
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