Sarum
einem breiten Grinsen zurück. Er nickte seinem Sohn zu: »Der junge Shockley ist in Schwierigkeiten.« Das war nicht verwunderlich. Obwohl er eher zart gebaut war, glich Stephen seinem korpulenten Vater in vieler Hinsicht, nicht zuletzt hatte er dessen klugen Geschäftssinn geerbt. Aber trotz seiner Fähigkeiten, seiner Intelligenz und der Reife, die er mit siebzehn Jahren durch den plötzlichen Tod seiner Familie besaß, hatte ihn das Ausmaß der Shockley-Unternehmungen überfordert. Als Walter ihn aufsuchte, fand er den Jungen ziemlich verstört vor; ständig strich er sich das dünne helle Haar nervös nach hinten, seine blaßblauen Augen konnten seine Sorgen schwerlich verbergen.
Grundsätzlich waren seine Angelegenheiten in Ordnung. Das Geschäft und die Walkmühle liefen höchst ertragreich. Aber er mußte noch lernen, sie durch Krisenzeiten zu führen, etwas, das auch einen erfahrenen Kaufmann gefordert hätte. Und er hatte kein Bargeld mehr. Tags darauf besuchten sie ihn gemeinsam; wieder einmal staunte Edward über seinen Vater.
Walter war höflich, sogar großzügig: »Du führst bereits zwei Geschäfte«, meinte er glattzüngig, »kein Mensch kann mehr leisten. Ich möchte dir ein Angebot machen.« Er hielt inne. »Laß mich das Lehen von der Abtei übernehmen, und ich gebe dir drei Jahre Pacht dafür, fünfzehn Pfund.«
Edward wußte nicht, ob er oder der junge Shockley überraschter war. Es war ein mehr als großzügiges Angebot und eine beachtliche Geldsumme. Obwohl er nicht lesen und schreiben konnte, rechnete er blitzschnell nach und wußte, daß Walter einen solchen Betrag nicht zur Verfügung hatte, auch wenn er die Verkaufserträge und die Arbeitslöhne der Familie zusammennahm. Edward dachte, er müsse es gestohlen haben.
»Soviel hast du?« fragte Stephen. »Eine Erbschaft«, erwiderte Walter kühl.
Der Junge dachte nach. Er wollte das Landgut, das so lange im Besitz der Familie gewesen war, höchst ungern aufgeben, aber wenn er jetzt eine solche Summe zur Verfügung hätte, könnte er das Shockley-Geschäft retten, in dem seine eigene Zukunft lag. Er nickte: »Ja. Ich nehme an.«
Mit diesen Worten ging das Landgut, das König Alfred Stephens sächsischen Ahnen vor beinahe fünf Jahrhunderten zu Lehen gegeben hatte und dem er seinen Namen verdankte, für immer aus dem Familienbesitz.
Am folgenden Tag hatte der frühere Leibeigene und jetzige Lehensmann von Shockley eine kurze Unterredung mit dem Verwalter der Abtei von Wilton. Edward wurde nicht dazugebeten. Er fand nie heraus, wie sein Vater es geschafft hatte, den Lehnszins noch einmal zu senken. »Jetzt haben wir diese verdammten Shockleys endlich draußen«, sagte sein Vater zu ihm. »Und das ist erst der Anfang.«
»Und was kommt als nächstes?« fragte Edward. Walter gab keine Antwort.
Im folgenden Jahr, 1350, gab es eine schlechte Ernte; aber sie konnten einen Teil des Getreides retten und mit gutem Gewinn verkaufen. In dieser Zeit änderte sich ihre Beziehung fast unmerklich. Obwohl ihn sein Vater noch gelegentlich schlug und oft über seine dummen Fehler ärgerlich war, bemerkte Edward, daß Walter ihn jetzt manchmal in geschäftlichen Angelegenheiten um Rat fragte und ihn sogar kleinere Dinge selbst erledigen ließ.
Der Vater hatte schlau beobachtet, daß die Leute seinen Sohn ihm vorzogen. Das kümmerte ihn nicht im geringsten, er sah vielmehr, daß sich das ausnutzen ließ.
»Du mußt lächeln. Mache sie gefügig«, wies er Edward an. Und nach kurzer Zeit hatten die zwei eine Verhandlungsmethode entwickelt, der nichts entgegenzusetzen war.
Im Sommer 1350 war Walter zu einem nächsten großen Schritt bereit. Edward mußte immer noch lachen, wenn er an jenen Tag dachte, als sie zum erstenmal bei Gilbert de Godefroi waren und dieser sich den Anweisungen seines Vaters willig fügte.
Der Schwarze Tod hatte dem Ritter von Avonsford einen schrecklichen Tribut abgefordert. Sein einziger Trost war: Er und sein Sohn waren verschont geblieben. Aber seine Frau und fast alle Einwohner von Avonsford waren tot. Die Masons, Margery Dubber und ein halbes Dutzend andere hatten überlebt. Die übrigen lagen in einem Graben neben dem kleinen Friedhof. Jetzt steckte der Ritter tief in Schwierigkeiten. Im ersten Jahr nach der Pest war es noch einigermaßen gutgegangen. Wenn auch die Leibeigenen und freien Pächter nicht mehr zur Bewirtschaftung seines Landes zur Verfügung standen, hatte er beim Tod eines Bauern immer noch das Recht auf den
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