Sarum
Stadt umhergelaufen war und auf Wilson gewartet hatte, hatte der schwarzgekleidete Kaufmann heimlich all seine Hoffnungen zunichte gemacht. »Ich würde meine Meinung ändern, auch wenn er reich ist«, fuhr Curtis fort. »Aber«, er zog eine Grimasse, »ich wage nicht, die Spinne zu verärgern.«
Und so kehrte Eustace Godfrey unverrichteter Dinge in sein Haus am Kathedralgelände zurück.
Kurz vor neun Uhr am nächsten Morgen traf William Swayne Michael Shockley am Rand des Friedhofs. Die Miene des einflußreichen Kaufmanns war höchst verärgert: »Wir sind betrogen worden«, tobte er, »dieser verdammte John Halle!«
Shockley blickte ihn verwirrt an. »Ihr meint den Rat der Achtundvierzig?«
»Ich meine, daß John Halle einen anderen Kandidaten hat, von dem niemand etwas wußte, und er hat bereits genügend Anhänger, die ihn unterstützen. Ich kann Euch nicht in den Rat bringen.« Shockley schwieg einen Augenblick. »Wer ist es?« fragte er schließlich. »John Wilson – den sie Spinne nennen.« Swayne verzog angewidert das Gesicht. »Gott weiß, was er Halle dafür gezahlt hat.« Wie üblich war Wilson stillschweigend, doch wirkungsvoll vorgegangen.
Nach der Messe fand ein großes Fest in der Gildehalle statt. Es gab gebackene Ente, gebratenen Fasan, Igel, Pfau, Schwein – alle Köstlichkeiten einer vorzüglichen mittelalterlichen Küche. Da waren Barden mit Harfen, Lauten und Trompeten. Es gab Ale und Met zu trinken. Und inmitten all dieser Festlichkeiten führte John Wilson, wie immer in Schwarz, seinen Sohn zu dem Platz, wo Curtis, der Metzger, saß, und Lizzie sah den jungen Mann an, der ihr Gemahl werden sollte. Seit Jahren war es ihre erste Begegnung.
Er lächelte höflich, aber seine Augen blickten kalt. Und eine innere Stimme sagte ihr, daß sie nicht glücklich werden würde.
Im Jahre 1457 unseres Herrn war die Heiligsprechung Osmunds von Salisbury beschlossene Sache. Es kostete den Dekan und das Domkapitel die erstaunliche Summe von siebenhundertundeinunddreißig Pfund – das Jahreseinkommen einiger Diözesen.
Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, daß ihm zu Ehren eine Glocke gegossen wurde, obwohl die Gilden an seinem Tag, dem 15. Juli, jährlich eine Prozession durch die Stadt veranstalteten. Im Jahre 1465 begann ein großer Streit zwischen den Bürgern von Salisbury und Bischof Beauchamp. Er wurde durch eine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Rivalen John Halle und William Swayne ausgelöst, und zwar darüber, wer das Recht hätte, ein Stück Land im Friedhof von St. Thomas zu nutzen. Als oberster Lehnsherr hatte der Bischof Swayne das Recht zugesprochen, dort ein Haus für einen Priester der Votivkapelle zu bauen; Halle jedoch erklärte, das Grundstück gehöre der städtischen Körperschaft. Swayne begann mit dem Bau. Halle und seine Leute rissen einen Teil des Gebäudes nieder.
Doch dieser Streitpunkt war bald vergessen, denn der wirkliche Konflikt schwelte zwischen den Bürgern unter Führung von Halle und ihrem Lehnsherrn, dem Bischof. Sie waren entschlossen, seine Feudalherrschaft zu beenden, und Halle wurde vor den König und seinen Rat beordert, wo er sich derart respektlos äußerte, daß sogar Heinrich VI. beschloß, ihn für eine Weile ins Gefängnis zu bringen. Der Streit setzte sich neun Jahre lang fort, bevor der Rat des Königs schließlich für den Bischof entschied. »Die Charta ist eindeutig«, sagte Godfrey zu seiner Familie. »Die Stadt gehört dem Bischof, und die Kaufleute können nichts daran ändern.«
Der endliche Triumph des Bischofs war ihm eine der seltenen Tröstungen, da sein eigenes Vermögen langsam, doch unaufhaltsam abnahm. Er besuchte Bischof Beauchamp persönlich, um ihm zu gratulieren, und war höchst angetan, daß er empfangen wurde. Seltsamerweise blieben John und Robert Wilson, die Halle protegiert hatte, während dieser Zeit völlig im Hintergrund, als selbst jene Bürger, die Halles Feinde waren, wie Shockley, ihn in seinem Kampf gegen den Bischof unterstützten. Weder Verurteilung noch Zustimmung drangen aus dem ansehnlichen Haus in dem New-Street-Geviert. Aber da hatte John Wilson bereits ganz andere Pläne.
D IE R EISE VON S ARUM
1480
Der junge William Wilson rührte sich nicht. Er beobachtete. Der feuchtkalte Morgennebel des April hatte sein Gesicht mit einer dünnen Schicht überzogen; er war sich jedoch der winzigen Tröpfchen, die an seinen Haaren, seinen dünnen Augenbrauen und seiner Nase hingen, nicht einmal bewußt.
Er
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