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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Juwelen bestückt, wie es der ebenso auffallenden wie unbequemen Mode der Zeit entsprach. Konnte ihr reicher Vater ihr einen Gatten finden, der ihr solche Dinge schenken würde? Daran dachte sie, als sie so dahertrippelte.
    An der Ecke des Parson’s-Gevierts wurde sie überfallen, und zwar so plötzlich, daß sie nicht einmal Zeit hatte zu schreien. Es waren sechs Burschen. Sie drängten sie über die Straße und zogen sie in einen Toreingang; Augenblicke später war sie mit einem Seil gefesselt. Da aber wußte sie, worum es sich handelte, und lächelte mit einem Seufzer der Erleichterung. Sie sah die Burschen der Reihe nach an. »Also wieviel?« fragte sie.
    Es gab verschiedene Arten, Geld für die Gemeindekirche oder für Wohltätigkeitszwecke aufzutreiben. Am üblichsten waren die Zahlabende, wobei von der Kirche Bier an feuchtfröhliche Gesellschaften verkauft wurde. Unterhaltsamer jedoch war die Sache mit dem Seil, wobei Gruppen von Jugendlichen Frauen und Mädchen auf der Straße gegen Lösegeld festhielten und drohten, sie zu fesseln, falls sie nicht zahlten. Dieser Brauch war jedoch auf hocktide kurz nach Ostern beschränkt, und deshalb rief Lizzie: »Es ist doch nicht hocktide – ich zahle euch nichts.« Sie kannte sie alle: Der älteste war der hübsche Reginald Shockley, so alt wie sie; der jüngste der kleine Tom Mason, der Sohn des Glockengießers, der sie mit riesengroßen Augen bewundernd anstarrte. »Einen Penny«, riefen sie. »Nichts«, protestierte sie.
    »Einen halben Penny, oder du bleibst hier«, kam Shockleys Vorschlag. Lachend schüttelte sie den Kopf. »Ihr bekommt nichts, das sage ich euch.«
    Sie überlegten.
    »Dann einen Kuß«, rief einer von ihnen unter allgemeinem Applaus. »Ich küsse nur den Mann, den ich heirate«, erwiderte sie fest. Das war ein taktischer Fehler. »Ich heirate dich«, erbot sich ein jeder. »Keiner von euch ist mir gut genug«, antwortete sie. »Sag uns, wen du heiratest«, schlug einer vor, »und wir binden dich los.«
    Sie willigte ein.
    Also banden sie sie los, und sie sagte: »Ich möchte einen Ritter mit einem Schloß – der macht, was ich will.«
    Obwohl es im Spaß gesagt war, enthielt es soviel Wahrheit, daß Reginald Shockley traurig wurde, was sie mit Genugtuung bemerkte. Sie hatte ihn gern, und als die Gruppe mit dem Seil abzog, rief sie ihn zurück und küßte ihn zu seiner Überraschung. Dann lief sie weg und ließ ihn freudig errötet mitten auf der Straße stehen.
    Abgesehen von der willkommenen Unterbrechung durch Benedict Mason hatte Godfrey zwei ärgerliche Stunden verbracht. Als er zu Wilsons Haus kam, hieß es, der Kaufmann sei gerade ausgegangen. Dreimal noch fragte er vergeblich nach ihm, und seine anfängliche gute Laune schwand dahin.
    Die Straßen waren jetzt fast menschenleer. Die Begegnung mit Michael Shockley hatte Godfrey verstimmt, um so mehr, als der Kaufmann, den er vor zehn Jahren beleidigt hatte, jetzt sicher reicher war als er selbst. Vom Glockenturm schlug es acht Uhr, als er zum viertenmal vorsprach und erfuhr, daß Wilson jetzt zu Hause war.
    John Wilson bewohnte ein Eckhaus, so daß es eigentlich zwei Häuser waren. Ein schöner Steinbogen bildete den Eingang, dahinter lag eine Veranda, die in einen ummauerten Hof und anschließend in einen hübschen Garten überleitete. Alles bestätigte den Eindruck, daß Wilson ein reicher Mann war.
    Kurz darauf wurde Godfrey in die Halle gebeten. John Wilson saß an einem großen Eichentisch. Er bot Eustace einen Stuhl gegenüber an. Zu seiner Überraschung war der Kaufmann nicht allein: In der Ecke erkannte er dessen Sohn Robert. Wilson schob Eustace eine Schale mit Rosinen hin, aber weder er noch sein Sohn sagten ein Wort. »Es geht um etwas Persönliches«, bemerkte Eustace. »Ich habe eine Tochter, Isabella.« Er ging nicht näher auf ihre Schönheit ein, da weder Vater noch Sohn ein Wort sprachen. Er erklärte jedoch ausführlich ihre Herkunft und legte die derzeitige Position der Familie Godfrey aus seiner Sicht dar; dabei unterbrach ihn Wilson verschiedentlich. »Ihr habt Handel mit der Gascogne getrieben?«
    »Ja. Ich hoffe ihn wiederaufzunehmen.«
    Wilson schüttelte den Kopf. »Hat keinen Sinn. Die Gascogne ist uninteressant.«
    Als Godfrey seine Verbindungen zu Bischöfen und zum Königshaus erwähnte und daß sein Sohn fürs Parlament kandidieren sollte, lehnte sich Wilson in seinem Stuhl zurück.
    »Ihr braucht für solche wertvollen Beziehungen Geld«, sagte er

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