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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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überzeugen.
    »Eines Tages wird mein Sohn das Oberhaupt sein«, versprach Krona seiner Frau, »aber noch nicht jetzt.«
    Die Wahl würde nicht leicht werden. Obwohl scheinbar Friede über dem Land lag, führten die Jäger doch ihr eigenes Leben, beteten die Mondgöttin an und machten keinerlei Anstalten, selbst Ackerbau und Viehzucht zu treiben. Krona mußte einen Mann wählen, der von den überlegenen Siedlern anerkannt wurde, dem jedoch die Jäger ebenfalls Sympathie entgegenbrachten.
    Die Lösung bot sich unerwartet an. Eines der beiden Mädchen, die der alte Magri in Kronas Lager gebracht hatte, gab dieser einem vielversprechenden jungen Bauern namens Gwilloc, weitläufig mit ihm verwandt. Der zweiundzwanzigjährige Gwilloc war groß und hatte ein schmales, intelligentes Gesicht; die anderen Bauern nannten ihn den dunklen Mann, denn sein Haar, sein dichter Bart und seine Augen waren pechschwarz. Seine dunkle Erscheinung wurde durch seine Größe noch auffallender. Er sprach wenig, aber wenn, dann wurden seine Worte mit Achtung gehört. Gwilloc nahm das Mädchen von Krona ohne Einwand zur Frau, und sie bekamen drei ungewöhnlich hübsche Kinder. Krona stellte befriedigt fest, daß diese Kinder sich bei den Siedlern anscheinend ebenso wohl fühlten wie bei den Jägern. In einigen Generationen, das sah er jetzt, würden die beiden Stämme trotz ihrer unterschiedlichen Lebensweise fest miteinander verschmelzen.
    Doch das brauchte seine Zeit, und inzwischen stellte der junge Gwilloc Krona vor eine neue, unvorhergesehene Entscheidung. Als Taku die große Fahrt übers Meer vorbereitete, erbat Gwilloc von Krona die Erlaubnis, sich einen neuen Hof abzugrenzen.
    »Mein Bruder will mit seiner Familie den Hof übernehmen, den wir bisher gemeinsam hatten«, erklärte er, »denn er hat jetzt drei Söhne. Es ist Zeit für mich, einen neuen aufzubauen.«
    Diese Bitte war einleuchtend, doch auf Kronas Frage, welche Stelle er vorgesehen hätte, nannte der junge Bauer einen Platz außerhalb des Tales.
    »Aber unsere Höfe liegen alle im Tal«, sagte Krona. »Hier ist gutes Land.«
    »Das Land auf der anderen Seite des Talzugangs, südwestlich von der Stelle, wo die Flüsse sich treffen, ist noch besser«, antwortete Gwilloc. »Und dort«, fügte er zur Überraschung des alten Mannes hinzu, »ist meine Frau näher bei ihren Leuten. Was ist, wenn ich die Jäger überzeugen kann, daß mein Hof dort stehen sollte?« fragte Gwilloc.
    Krona zuckte die Achseln. Wenn es so war, hatte er nichts dagegen. Zehn Tage später kamen Magri und ein zweiter Jäger zu ihm und schlugen vor, daß Gwillocs Hof genau an der von ihm bezeichneten Stelle stehen sollte.
    »Aber das ist Jagdgrund«, erwiderte Krona.
    Magri nickte. »Der Hof läge am Zugang zum Westtal, und die Jagd ist dort nicht so gut wie im Osten. Falls es noch mehr neue Höfe gibt, sollten sie im Westtal stehen«, antwortete er. Der andere Jäger nickte.
    »Gwillocs Kinder spielen schon mit unseren Kindern«, erklärte Magri. »Mit der Zeit werden sie unsere Jagdgründe mehr respektieren, wenn sie unter unseren Leuten leben. Es ist besser so.« Da wußte Krona, wer ihm als Oberhaupt nachfolgen sollte. In den folgenden fünf Jahren führte Krona ein beschauliches Leben. Im dritten Jahr starb der alte Magri in einem besonders langen und harten Winter, und da Taku der Nächstältere war, nahm er ganz selbstverständlich Magris Platz als Sprecher der verstreuten Jägerschar ein. Im Frühjahr darauf wurde der Medizinmann krank, und zur Erntezeit starb auch er. Sein Platz wurde von seinem Gehilfen eingenommen, einem jungen Mann mit klarem Verstand, der große Achtung vor Krona hatte und sehr darauf bedacht war, nichts zu unternehmen, was die Jäger gegen ihn aufbringen konnte.
    Als Gwilloc seinen neuen Hof errichtet hatte, beobachtete Krona ihn aufmerksam und gab ihm Gelegenheit, sich als würdiger Anführer zu erweisen. Bei jeder wichtigen Beratung oder Diskussion holte er ihn an seine Seite. Häufig gab er ihm Anweisungen und ließ sich in kleineren Angelegenheiten von ihm vertreten. Gwilloc erfaßte rasch, worum es ging, und da er mit beiden Gemeinden verbunden war, hatten seine Worte Gewicht. Er war ein guter Bauer, und das Land, das er bestellte, hatte er klug ausgewählt. Er und seine Familie hatten das Glück auf ihrer Seite.
    Die Bauern erkannten bald, wer in Kronas Gunst stand, und da Gwillocs Ruf untadelig war, erhob niemand das Wort gegen ihn, während er besonnen und stetig die

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