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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Nachfolge des alten Mannes übernahm. Und als Krona im stattlichen Alter von vierundfünfzig Jahren starb, wurde Gwilloc unverzüglich von der Versammlung zum neuen Oberhaupt gewählt.
    Gwillocs erste Handlung als Anführer leitete einen fast viertausend Jahre währenden Prozeß ein, der die Landschaft um Sarum für alle Zukunft verändern sollte.
    »Wir müssen Krona ehren, der diese Siedlung gegründet und Frieden gehalten hat dort, wo die fünf Flüsse zusammentreffen«, verkündete er. »Seine Größe darf nicht vergessen werden.« Das fand allgemeine Zustimmung.
    »Wir bauen ihm ein Haus«, sagte Gwilloc, »in dem seine Seele für alle Zeiten in Frieden ruhen kann.«
    Also wählte er einen Platz auf der Anhöhe, ein paar Meilen nördlich vom Talzugang; von dieser einsamen Stelle hatte man einen herrlichen Blick über das Plateau und das darunter liegende Tal. Auf Gwillocs Befehl rodeten die Jäger und Siedler das Gelände, bevor sie mit dem Bau begannen. Zuerst errichteten sie ein kleines Haus aus Holz und legten Kronas Leichnam hinein. Neben ihn legten sie seine Keule und den Wollsack, auf dem er immer gesessen hatte.
    Als nächstes taten sie etwas, das niemand vorher je getan hatte: Zuerst versiegelten sie das hölzerne Grab; dann gruben sie zu beiden Seiten zwei parallellaufende Gräben von dreißig Metern Länge und drei Metern Breite und schichteten die Erde in der Mitte zu einem Hügel auf. Das machten sie viele Tage lang. Der Hügel wuchs. Bald bedeckte er Kronas hölzernes Grab völlig, das am südöstlichen Ende lag. Doch das Werk wurde fortgeführt, bis der dreißig Meter lange Hügel über die ganze Länge in etwa zwei Meter hoch war.
    Dieses Grabmal erforderte zwei Monate harter Arbeit. Dann ließ Gwilloc die Kreidewände und die Oberseite des Hügels festklopfen. Das Ergebnis war ein beeindruckendes Monument, das wie ein riesiges umgekehrtes Boot aus der Erde ragte. Tagsüber blendete es das Auge durch seinen harten weißen Glanz, und im Mondlicht hatte es einen blassen, geisterhaften Schimmer. In den folgenden Jahren kam Gwilloc oft allein hierher, wenn es um schwierige Entscheidungen ging, und er setzte sich still neben das lange weiße Grab.
    »Sage du mir, Krona, was ich tun soll«, fragte er dann. Es war ihm, als spreche der Geist des alten Mannes leise zu ihm und gebe ihm guten Rat. Dann ging Gwilloc gestärkt ins Tal.
    Jahre später, als er einen von Kronas Söhnen zu seinem Nachfolger gemacht hatte, bestimmte er für sich und seine Familie ein ähnliches, wenn auch bescheideneres Grab, eine halbe Meile entfernt, damit auch sein Geist dort beheimatet blieb, wo in der Nähe die Flüsse sich trafen. Damit wurde in Sarum das erste der bedeutenden Erdgräber, bekannt als Langhügelgräber, errichtet, die, charakteristisch für das neolithische Britannien, mehr als fünftausend Jahre überdauert haben.
    Von dieser Zeit an wuchsen durch Generationen im Gebiet um Sarum neue Gräber aus dem Boden, während die Bauern weiterhin das Land rodeten und besiedelten. Manchmal waren diese Hügelgräber Familien- oder Gruppengräber, andere wiederum wurden als Denkmal für einen einzelnen bedeutenden Mann errichtet. Sie breiteten sich auch über andere Teile Britanniens aus. Im Verlauf von Jahrtausenden hatten sie verschiedene Formen – auch runde oder ovale. Immerhin ist im welligen Flachland um Salisbury eine der größten Ansammlungen dieser Art zu sehen, wo einige hundert grasbewachsene Hügelgräber meilenweit die Landschaft betupfen.
    Wie Magri es vorausgesagt hatte, verließen die Siedler das nördliche Tal im rechten Augenblick und verteilten sich auf ehemalige Jagdgründe, doch es kamen nach und nach auch Siedler von jenseits des Meeres. Sie errichteten Gehöfte aus Holz, trieben Ackerbau oder Viehzucht oder, wie in Sarum, beides. Die mit Erdwällen umgebenen Einfriedungen dienten als Versammlungsorte, zum Tauschhandel mit Vieh oder zur Verteidigung. Auch diese Siedler erbauten Hügelgräber. Sie rodeten die Hügelketten für ihre kräftigen braunen Schafe. Aus dieser sporadischen Besiedlung erwuchs eine bedeutende Zivilisation, als britannisches Neolithikum bekannt.
    Der Ruhm der Insel, insbesondere Sarums, wurde im Laufe dieser vielen Jahrhunderte nicht durch die Bearbeitung von Metall, sondern von Stein begründet.
    Es waren die grandiosen kreisrunden Kultstätten aus Stein auf den Erhebungen, die sogenannten Henges. Selbst heute noch bieten sie einen ehrfurchtheischenden Anblick. Kolosse aus

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