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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Wilton.
    Dieses Areal um die Kathedrale! Man brauchte nicht einmal seine Bewohner zu kennen, um den Ort zu verstehen. Ein Blick auf die Gebäude zeigte, daß das Zeitalter der Eleganz angebrochen war. Nicht daß das Kathedralgelände vollkommen gewesen wäre. Auf dem Friedhof um die Kathedrale waren die weiten Rasenflächen ungepflegt. Nach schweren Regenfällen sahen sie aus, als wäre eine Kuhherde darüber hin getrampelt; die Gräben um den alten Glockenturm stanken – es war bedauerlich, daß Mr. Brown, der Küster, im Glockenturm einen Bierverkauf betrieb. Und als kurz zuvor der Schriftsteller Henry Fielding in dem kleinen Haus neben Mr. Harris’ Haus wohnte, war der Lärm feuchtfröhlicher Parties rund um die Uhr zu hören – Adam Shockley erinnerte sich daran, daß sein Vater darüber sehr belustigt war, während seine Mutter und die anderen Damen aus dem Umkreis sich in höchstem Maß schockiert zeigten. Sarum war unverändert. Die große Kathedrale mit ihrem alles überragenden Turm symbolisierte die Stabilität der Kirche von England. Die Ordnung, die die Hannoveraner nach England gebracht hatten, garantierte ihre unangefochtene Macht. Die Test-Akte stellte sicher, daß jeder Mann, der sich um ein öffentliches Amt bewarb, der englischen Kirche den Loyalitätseid schwören mußte; protestantische Dissidenten wurden zwar jedes Jahr durch einen Sondererlaß von dieser Pflicht entbunden, aber das Prinzip blieb bestehen, und die aufsässigen Katholiken durften niemals ein Amt bekleiden.
    Es gab zwar andere religiöse Richtungen in Sarum: eine Quäkergemeinschaft in Wilton, Wesley-Anhänger, die den großen John Wesley noch auf der Ebene von Salisbury hatten predigen hören, Deisten, die glaubten, daß Gott das Leben eines guten Menschen unabhängig von seiner Kirchenzugehörigkeit belohnen werde, und sogar einige Juden. Das alles war ohne Bedeutung. Welcher Art auch die privaten Ansichten der Menschen sein mochten, welche Sekten auch immer toleriert wurden – die Kirche von England herrschte unerschütterlich. Sarum war unabhängig. Englands Regierung mochte in den Händen der großen Whig-Oligarchen liegen, die dem König nahestanden, Männern wie Walpole und, nach ihm, dem Herzog von Newcastle und dessen Bruder; das halbe House of Commons bestand immer noch aus konservativen Mitgliedern vom Lande, die sich meist als Tories bezeichneten und sich keinen Deut darum scherten, was der König und seine Minister über sie dachten. Solche Männer schickte Sarum ins Parlament. Dann war da noch Alt-Sarum: nach wie vor verlassen, ein leerer, windumwehter grasiger Hügel, der auf das kleine Dorf Stratford-sub-Castle im Avon-Tal herunterblickte. Der winzige Wahlbezirk hatte nominell immer noch acht Wähler mit dem Recht, Mitglieder ins Parlament zu senden, und nach altem Brauch trafen sie sich an einem Baum unterhalb der alten Hügelfestung, um ihre Wahl zu treffen. Tatsächlich entschied der Grundbesitzer des Ortes darüber.
    Alt-Sarum gehörte den Pitts. Denn um die Jahrhundertwende wurden sowohl die Ruine als auch ein Großteil des unterhalb liegenden Dorfes von einem gewissen Thomas Pitt erworben. Er hatte einen riesigen Diamanten gefunden, was ihm den Spitznamen Diamanten-Pitt eintrug. Der Besitz des Wahlbezirks war gewinnbringender als je zuvor. Jene, die einen Sitz im Parlament anstrebten, zahlten gut dafür. Dies war die vertraute Welt des jungen Adam Shockley. Im Grunde war sie typisch für das England in der großen Ruhe des achtzehnten Jahrhunderts.
    Prinz Charles rückte rasch vor. Seine Armee aus dem schottischen Hochland nahm Preston. Dann marschierte die große, schlecht organisierte Streitmacht weiter nach Derby. Georg II. hielt sich im Ausland auf; England mangelte es an Truppen, doch der Sohn des Königs, der Herzog von Cumberland, sammelte eine Streitmacht zum Gegenschlag. Die Franzosen, die versprochen hatten, den Stuart-Erben zu unterstützen, taten nichts dergleichen.
    Prinz »Bonnie Charles« hatte zu den Waffen gerufen, und nichts geschah – Adam konnte dies nicht begreifen. Während er jeden Tag aufgeregter wurde, tat sein Vater mißgelaunt weiterhin seine Arbeit auf dem Anwesen der Forests. Auch die Freunde, die nach dem Abendessen oft bei ihm saßen, waren in keiner Weise für den Kampf gerüstet. In der ersten Dezemberwoche hielt er es nicht mehr aus und sprach eines Morgens seinen Vater an: »Wann reiten wir endlich los, um für den Prinzen zu kämpfen?«
    Jonathan Shockley sah ihn

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