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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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exotischen dunkelhäutigen Menschen mit den farbenfrohen Gewändern, der Staub, die Hitze, die Monsune – extreme Klimaschwankungen, auf die er keineswegs gefaßt war; von Sarum her war sein Auge an die üppige grüne Landschaft, die roten Ziegel und grauen Steingebäude der Stadt gewöhnt gewesen. Hier hatte sogar das Leben eine andere Farbe – Safran, Ocker und Zimt waren Farbe und Gerüche zugleich; sie stiegen ihm schwer zu Kopf, kaum daß er von Bord gegangen war.
    Zuerst war sein Leben sehr angenehm verlaufen. Das kleine Quartier des Regiments bestand zwar nur aus einigen bescheidenen Gebäuden, aber es gab dennoch viel zu sehen – vor allem wenn man nach der sengenden Hitze eines indischen Nachmittags in den warmen Abend hinausschlenderte. Es gab Vergnügungen wie Sauhatz oder die anmutigen Tänze der einheimischen Frauen.
    Adam wußte, daß es bald zum Krieg kommen würde: Seit einigen Jahren lagen französische Regierungsstreitkräfte und die East India Company – die zwar unabhängig war, jedoch von der britischen Armee gestützt wurde – wegen der Kontrolle des wichtigen indischen Handels mit Tee, Kaffee, Seide und Gewürzen im Streit. Bis zum Jahr 1756 beschränkten sich ihre Unternehmungen im allgemeinen auf Bündnisse zwischen mehreren indischen Fürsten und gelegentliche Scharmützel. Aber jetzt hatte sich die Lage auf einen offenen Krieg hin zugespitzt.
    Als Pitt in Madras eintraf, war dies für das Regiment das Zeichen, daß es nicht mehr lange bis zum Kampf dauern würde. Zunächst jedoch verhielt man sich abwartend. In ebendieser Zeit hatte Adam die Bekanntschaft Fiennes Wilsons gemacht. Sein Vater hatte ihm bei seiner Abreise das Empfehlungsschreiben mit zwanzig Pfund in Gold übergeben, aber Adam hatte den Wert des Briefes erst schätzengelernt, als ihm ein Leutnant, der viele Bekannte in Indien hatte, sagte: »Fiennes Wilson? Er ist mit Warren Hastings und anderen jungen Leuten aus vornehmer Familie in der East India Company befreundet.«
    Daraus schloß Adam, daß Wilson aus der wohlhabenden Familie aus Christchurch irgendwie mit der East India Company in Verbindung stand. Die Namen Hastings und andere, die der Leutnant erwähnte, sagten ihm wenig.
    »Das sind die Männer, die Indien groß machen und dabei reich werden.«
    Es war bekannt, welch enorme Vermögen die Kaufleute in Indien anhäufen konnten. Jemand, der mit wenig Geld von England nach Indien ging, konnte ein paar Jahre später, sofern er das Klima überlebte, mit Zehntausenden Pfund zurückkehren und sich in England Landsitze und sogar Titel davon kaufen. Nabobs nannte man diese Leute. Fiennes Wilson war fünfundzwanzig Jahre alt, groß, hatte ein klassisches Profil und sympathische Augen. Sein schwarzes Haar lichtete sich bereits. Er besaß den Charme und die guten Umgangsformen eines jungen Aristokraten. Er lachte gern und hatte eine Menge Geld. Nach einem kurzen prüfenden Blick auf Adam hieß er ihn wie einen alten Freund der Familie willkommen. »Das ist Mr. Adam Shockley«, erklärte er den anderen Gästen bei ihrem ersten Dinner, »ein Freund von Sir George Forest. Ihr gehört meines Wissens einer alten Familie aus Sarum an, Mr. Shockley.«
    Adam stellte bald fest, daß die anderen reichen jungen Männer in Wilsons Kreis Leute in Sarum kannten, die auch ihm ein Begriff waren – wie etwa die Wyndhams oder die Penruddocks, und schon nach dem ersten Abend fühlte er sich wie zu Hause.
    Wilson war erst seit kurzer Zeit in Madras. Er bewohnte das Haus eines Mitglieds der East lndia Company – der Mann war für einige Monate nach England zurückgekehrt und lebte auf großem Fuß. Bedeutende Männer waren bei ihm zu Gast. Dem Gerücht nach verkehrten auch schöne indische Frauen dort. Adam hatte sie noch nicht zu Gesicht bekommen, er hoffte jedoch darauf.
    Der Höhepunkt seines Aufenthaltes in Madras war die Einladung Wilsons zur Jagd. So etwas hatte Adam noch nicht erlebt – ein ausgesprochenes Vergnügen mit einheimischen Adligen und den jungen Engländern von Geblüt auf Elefanten; Geparden jagten die Beute. Die Jagd währte drei Tage, sie erlegten viele Tiere, darunter zahlreiche Bisons und drei Tiger.
    Obwohl Adam kein Verschwender war, waren die zwanzig Pfund, die sein Vater ihm mitgegeben hatte, gegen Ende der Jagd auf fünf geschrumpft – und Adam hätte sich Sorgen machen müssen, wenn nicht ein anderes Ereignis seine Gedanken ganz in Anspruch genommen hätte. Die Nachricht vom Schwarzen Loch in Kalkutta, dem

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