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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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mörderischen Arrest, traf ein. Es war eine seltsame Sache: Dem früheren Minister eines indischen Fürsten, der von den Franzosen unterstützt wurde, hatten die Engländer in Kalkutta Asyl gewährt. Daraufhin hatte der Fürst, Siraj ad-Daulah, Kalkutta angegriffen; nachdem Frauen und Kinder geflohen waren, waren die einhundertsechsundvierzig Engländer in eine einzige Gefängniszelle gesperrt worden; in der entsetzlichen Augusthitze hatten nur dreiundzwanzig überlebt.
    Das Schwarze Loch mußte zweifellos gerächt werden. Ein brillanter junger Beamter der East India Company, Robert Clive, erhielt das Kommando. 1756 segelte Clive mit einem Teil des Regiments nach Kalkutta.
    Die folgende Kampagne war kurz und für die Engländer ruhmreich. Clive befehligte elfhundert englische und zweitausendeinhundert eingeborene Soldaten und verfügte über zehn Feldgeschütze. Im Juni traf diese Streitmacht auf die riesige Armee von Siraj ad-Daulah – achtzehntausend Berittene, fünfzigtausend Infanteristen und dreiundfünfzig schwere Geschütze, die von französischen Artilleristen bedient wurden.
    Welch ein glorreicher Tag, welch ein Triumph! Adam fühlte sich als Held.
    Nach den damaligen Gepflogenheiten gehörten die Schätze des indischen Fürsten den Siegern. Clive nahm für sich die unerhörte Summe von einhundertsechzigtausend Pfund, was die Inder noch als Geste der Bescheidenheit betrachteten. Eine weitere halbe Million wurde an die Armee und die Marine verteilt. Der junge Fähnrich Shockley, vor kurzem angekommen, erhielt fünfhundert Pfund. Nun waren die Briten in Indien an der Macht, und Adam hatte ein Vermögen. Es war ein schönes Gefühl, nicht arm zu sein. Grundsätzlich hielt Adam das Geld zusammen, dennoch leistete er sich dieses und jenes. Denn es würde sicher noch weitere Feldzüge geben, und so könnte ihm immer wieder etwas zufallen. Fürs erste jedoch war er wieder in Madras und genoß die Muße. An diesem Abend war die Gesellschaft zahlreich – etwa zwanzig junge Männer versammelten sich um die Abendtafel. Es schmeichelte Adam, als junges Mitglied einer solchen Runde akzeptiert zu werden.
    An diesem Abend jedoch war die Unterhaltung voller Anspielungen, deren Sinn er zwar ahnte, aber doch nicht ganz verstand. Es gab Kopfnicken und Augenzwinkern, was sich auf ihn zu beziehen schien. Das Gespräch einer Gruppe, die er nicht kannte, drehte sich nur um Pferderennen, Wetten und Glücksspiel. Pferderennen waren ihm aus Salisbury durchaus vertraut, und er war immer stolz gewesen auf sein Können in verschiedenen Kartenspielen. Aber diese Männer sprachen über Spiele, von denen er noch nie gehört hatte.
    Bildete er es sich nur ein, oder hatte Fiennes Wilson sein Verhalten ihm gegenüber wirklich geändert? Bei kleineren Abendeinladungen und auf der Jagd war Wilson immer freundlich zu ihm gewesen. Jetzt gab er sich ziemlich distanziert. Seine Augen blickten fast so hart wie die der Glücksspieler. Adam fühlte sich enttäuscht. Er trank mehr Wein als sonst.
    Am späten Abend kamen zehn Mädchen. »Das reicht für die ganze Runde«, rief einer.
    »Ich teile eine mit Shockley, er ist ja viel zu betrunken für eine allein.« Die Bemerkung seines Gegenübers sollte witzig sein, hatte aber einen unfreundlichen Unterton.
    Dann kam eine Kapelle, und die Mädchen tanzten. Noch nie hatte er einen so schönen, erotischen Tanz gesehen. Adam, der einen Monat zuvor in der Stadt zum erstenmal mit einer Frau zusammengewesen war, verspürte ein starkes Verlangen. Die Mädchen zogen sich nach einer halben Stunde zurück, und die jungen Männer tranken weiter. Adam lehnte sich zurück und schloß einen Moment die Augen. Da hörte er ein Gespräch zwischen einem ihm Unbekannten und einem anderen, der mit auf der Jagd gewesen war und den er für seinen Freund hielt.
    »Wer ist der junge Mann?«
    »Shockley.«
    »Hab’ ich noch nie gehört. Was ist er?«
    »Nichts Besonderes. Irgendein Vasall von Wilson.«
    »Oh!«
    Sie gingen zu anderen Themen über.
    Adam hielt seine Augen geschlossen. Es durchströmte ihn kalt, dann errötete er. Ein Vasall! Es war ihm noch nicht in den Sinn gekommen, daß sie ihn nicht als einen der Ihren akzeptieren könnten. Natürlich war er jünger, aber er hatte sich für einen Gentleman gehalten. Ein Vasall – sonst nichts?
    Ein paar Mädchen kamen zurück und setzten sich zu den Männern. Eine saß auf Wilsons Schoß.
    Die Tischrunde löste sich auf. Mehrere Männer verschwanden, vermutlich mit

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