Sarum
je in Angriff genommen hatte.
Er machte sich an die Arbeit, weder siegesgewiß noch kleinlaut, was ihr finanzielles Abkommen anlangte, und die Verbesserungen am Hof nahm er offenbar als notwendiges Übel hin. Zunächst schaffte sie neues Vieh an. Sie holte sich Rat bei ihr bekannten Bauern und Landbesitzern. Jede Woche ritt sie nach Winterbourne, um die Fortschritte zu begutachten.
Die Kinder blieben bei der Familie des Methodistenbauern. Wenn die Veränderungen auch durch die Initiative Jane Shockleys geschahen, so stellte sie bald fest, wieviel sie selbst dabei lernen konnte. Kaum jemand wußte, wohin sie über die Ebene ritt; die Leute hätten gestaunt darüber, wie sie mit dem großen Bauern über das Hochland ging und ihm aufmerksam zuhörte, wenn er ihr alles Wissenswerte über die zarten Lebensformen auf diesen weiten, fast kahlen Flächen erzählte. Jethro sah gut aus; längst war seine frühere Stärke zurückgekehrt, und jedesmal, wenn sie den Hof besuchte, fiel ihr auf, wie gut seine sehnige Gestalt in diese windgepeitschte, herbe Landschaft paßte. Er ging nie in die Kirche, und sie versuchte auch nicht, ihn dazu zu bewegen. Man könnte ihn reformieren, dachte sie, aber niemals so, wie Mason das machte.
Er trank noch immer, allerdings mäßig. Die Sauftouren in Salisbury gehörten anscheinend der Vergangenheit an. Sein Haar war gepflegt, seine schwarzen Augen blickten klar.
Wenn sie ihn so sah, konnte sie sich nicht vorstellen, daß er keine Frauen hatte, aber sie sah nie eine und fragte auch nicht danach. Sie fühlte sich wohl in seiner Gegenwart. An Stellen, wo sie nur einen einsamen Stechginster sah, auf einem Stück Brachland, das in einer bestimmten Beleuchtung fast wie die Tundra aussah, fand Jethro winzige farbenprächtige Blumen; dann wieder entdeckte er einen Hasen oder ein Kaninchen, deutete in der wie tot wirkenden Landschaft plötzlich auf einen Pieper, einen Steinschmätzer oder einen anderen kleinen Vogel, der auf der Ebene beheimatet war. Als sie einmal an einem Feld vorbeikamen, erhob sich eine riesenhafte Wolke hellblauer Schmetterlinge unmittelbar vor ihnen, so daß die Luft plötzlich von einem wallenden blauen Schleier erfüllt war. Jane war so überrascht, daß sie unbewußt seinen starken Arm ergriff und über diesem bezaubernden Schauspiel in fröhliches Lachen ausbrach.
Sie sprach mit niemandem über diese Erlebnisse. Sie waren ihre geheimen Freuden. Oft verbrachte sie viele Stunden des Tages mit Jethro draußen und aß das gleiche wie er und die Arbeiter: ein Stück Brot und im Glücksfall ein Stück Käse zu Mittag, dann, auf dem Hof, zum Tee ein paar Kartoffeln und etwas Speck, was die alte Frau zubereitete, die Jane weiterhin mit trotzigem Schweigen musterte. Sie genoß diese Tage. Ein Gefühl riet ihr, die Angelegenheit vor der Umwelt lieber geheimzuhalten, außer daß sie Daniel Mason von dem Darlehen für Jethro Wilsons Hof und für den Unterhalt der Kinder berichtete. Einmal im Monat kam Jethro nach Sarum, besuchte Mason und seine Kinder. »Eines Tages werden sie Mitglieder unserer Kirche«, versicherte ihr Mason voller Optimismus.
Ein einziges Mal, nach dem Essen auf Jethros Hof, als die Männer aus der Küche waren, richtete die alte Frau das Wort an Jane: »Ihr seid wirklich dumm. Er taugt nichts – nichts, was die Frauen angeht.« Doch Jane tat diesen rätselhaften Ausspruch als Gehässigkeit ab und vergaß ihn rasch.
Im April wurde der Frühjahrsmarkt abgehalten. Es war eine bescheidene Unternehmung, hauptsächlich wurde Tuch verkauft, und die Besucher wurden immer weniger, doch Jane bestand darauf, daß Jethro für den Hof Haushaltswäsche kaufte, und sie gab ihm dafür Geld. Eines Nachmittags während des Marktes, als Janes Onkel Stephen bei einem benachbarten Stiftsherrn zum Tee war, fand Jethro Wilson sich auf ihre Anweisung hin am Hintereingang ihres Hauses ein und wurde in die Bibliothek geführt.
Er sah sich mit versteckter Neugier um, während sie an dem Schreibtisch saß, wo sie gearbeitet hatte. Obwohl sie ihn niemals hatte schreiben sehen, wußte sie, daß er lesen konnte, und entdeckte während der Abrechnungen, daß er geschickt mit Zahlen umgehen konnte. »Ich habe die Bilanz vorbereitet«, sagte sie, »und möchte, daß Ihr sie durchseht.« Sie wies ihn auf die Ausgaben für Vieh und andere Verbesserungen sowie auf die vermutlichen Gewinne hin. »Im Juli können wir Schafe und Lämmer verkaufen. Das Vieh sollten wir, glaube ich, bis Dezember
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