Sascha - Das Ende der Unschuld
zerknittert, etwas das überhaupt nicht zu Claus sonstiger Akkuratesse passen wollte. Vorsichtig, als sei sie aus Glas, legte er die Heilige Schrift auf das Bett zurück.
Jetzt, als er genau daneben stand, sah er auch die dunklen Flecken auf dem Laken. Einen Moment überlegte er. Sollte er zuerst erkunden, wohin die Tür führte? Oder sollte er nachsehen, was das für Flecken waren? Er entschied sich für die Tür.
Vorsichtig schlich er weiter, immer bedacht darauf, keinen wie auch immer gearteten Lärm zu machen und so die Stille nicht zu durchbrechen. Trotzdem stieß er an das kleines Tischchen, auf dem eine protzig anmutende Vase stand. Er konnte nicht verhindern, dass diese ins Wanken geriet und herunterfiel, um dort wie aus blankem Hohn über Saschas Bemühungen klirrend zu zerbrechen. Er zögerte kurz, lauschte und ging erst weiter, als trotzdem alles ruhig blieb.
Dann war er an der Tür angekommen und lugte durch den Spalt. Auf diese Weise konnte er erkennen, dass ein Badezimmer dahinter lag. Sein Blick fiel auf einen Teil der Duschkabine. Er wollte die Tür weiter aufdrücken, als er einen Widerstand bemerkte. Sofort war die Erinnerung an Adrians Leiche wieder da. Er fuhr zurück und begann unkontrollierbar zu zittern.
Plötzlich fühlte er sich wieder von unsichtbaren Augen beobachtet und begann kopflos zu rennen. Er durchquerte das Zimmer und blieb erst am Treppenabsatz stehen. Dort zwang er sich zur Ruhe und versuchte sich einzureden, dass eine solch übertriebene Reaktion wirklich nicht nötig sei. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis er sich wieder auf den Weg zurück ins Schlafzimmer machen konnte.
Dann stand er erneut vor der Badezimmertür und schob sie so weit auf, dass er dahinter schauen konnte. Es war ein Handtuch, welches das Öffnen der Tür behinderte und nicht Claus’ lebloser Körper, wie Sascha unbewusst befürchtet hatte. Auch hier war er allein, keine Spur eines anderen Lebewesens. Nicht einmal eine Fliege konnte er in dem peinlich sauberen Bad entdecken. Um so mehr fielen ihm das fleckige Handtuch und die verwässerten, dunklen Spritzer am Boden der Duschkabine und im Waschbecken auf. Jetzt, in der Helligkeit des künstlichen Lichts wusste er auf einmal, mit was er es zu tun hatte. Es war unverkennbar Blut.
Dann geschah alles schneller, als Sascha begreifen, geschweige denn reagieren konnte. Die Tür hinter ihm wurde ins Schloss gezogen, ein Schlüssel drehte sich.
Einen Moment lang starrte er auf die Tür, dann drückte er immer wieder hektisch auf die Klinke. Er rief nach Claus, seine Bitten, herausgelassen zu werden, korrigierten sich in Drohungen und Verwünschungen, als er nach einer Stunde noch immer in dem kleinen Raum eingeschlossen war. Dann wusste er, so würde er nie herauskommen und versuchte, sich ein Bild von dem zu machen, was hier vorging. Er konnte es nicht.
Es waren mittlerweile mehr als drei Stunden vergangen. Sascha hatte aufgegeben, zu rufen und er rüttelte auch schon lange nicht mehr an der Tür. Zusammengesunken saß er auf der geschlossenen Toilette und grübelte angestrengt.
War es Claus, der ihn hier eingeschlossen hatte? Wenn ja, warum? Oder war sein Freund vielleicht selbst das Opfer eines Überfalls und wurde ebenfalls irgendwo in der riesigen Villa festgehalten? Vielleicht stammte das Blut ja auch von ihm und er kämpfte verzweifelt um sein Überleben, während Sascha hier zur Untätigkeit verurteilt war. Er war ratlos.
Immer wieder musste er sich klar machen, dass ihm wohl keine direkte Gefahr drohte. Es fiel ihm schwer, denn allein sein Festsitzen in diesem fensterlosen, relativ kleinen Raum verstörte ihn völlig. Seine Gedanken wanderten zum zweiten Mal zurück zu seinen Erlebnissen bei Adrian. Er dachte an das Zimmer, in dem er gefangen gehalten wurde, während er immer in der Furcht lebte, die drei Männer würden wieder auftauchen und ihm Schmerzen bereiten. Die altbekannte Klaustrophobie stieg in ihm auf und schien ihm den Atem nehmen zu wollen. Dann plötzlich, zuerst glaubte er sich geirrt zu haben, vernahm er von jenseits der Türe eine ihm bekannte, einförmige Stimme, die einen endlosen Satz zu sprechen schien. Sascha legte sein Ohr an das Holz der Tür und wusste nun definitiv, dass es Claus’ Stimme war, auch wenn sie ihm seltsam verfälscht und monoton vorkam.
Er begann wieder zu rufen und langsam wurde der Ton von jenseits der Tür lauter. Er konnte den Vortrag jetzt teilweise verstehen. Angestrengt lauschte er den rätselhaften
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