Sascha - Das Ende der Unschuld
Schrank voll Klamotten, nach denen du dir die Finger lecken würdest.“
„Ach ja? Wo sind sie denn, die Sachen? Gar nichts hast du, genau wie damals. Ein ganz armes Kotelett bist du – und ein bescheuertes dazu.“
„Bin ich nicht. Adrian und ich – wir haben uns geliebt. Er hat nicht gewusst, wie sehr die Männer mir weh tun, sie sollten mich nur ein bisschen bestrafen, weil ich aufsässig war. Aber sie haben das ausgenutzt. Die waren die Sadisten, nicht Adrian. Hätte er das gewusst, hätte er es nicht zugelassen. Ich konnte es ihm nicht sagen, dann hätten die mich beim nächsten Mal totgeschlagen. Und er hat mich auch nur weggeschickt, weil ich ihn enttäuscht habe. Ich hätte seine Tochter niemals anfassen dürfen. Das war ein Fehler. Aber der Entzug hat mich verrückt gemacht. Ich wusste nicht, was ich tue.“
Sascha bemerkte den Widersinn seiner Worte nicht, zu lange hatte er sich an ihnen aufrecht gehalten. Dafür meinte Marc:
„Adrian muss ein wirklich intelligenter Lude sein. Aber auch ein schlauer Zuhälter ist ein Schwein. Natürlich hat er gewusst, was die Typen machen. Er hat sie dafür bezahlt. Du spinnst wirklich, vielleicht würde die Klapse dir auch mal gut tun.“
Sascha schwieg verbissen. Er war sauer und wollte, dass Marc aufhörte, in dieser Weise über Adrian zu reden. Dass er all die Erniedrigungen ausgehalten hatte, fand seine Rechtfertigung allein darin, dass er Adrian liebte und seine Person abseits jeder Wahrscheinlichkeit idealisierte. Das konnte er sich nicht kaputt machen lassen, ohne vollkommen die Achtung vor sich zu verlieren. Marc schien das jetzt zu fühlen und beschloss, nicht weiter in den emotionalen Wunden seines Freundes zu bohren und sich vorläufig erst einmal ausschließlich um dessen körperliche Blessuren zu kümmern.
„Na gut, lassen wir das. Was hast du denn jetzt vor?“
Dankbar über den Themenwechsel antwortete Sascha:
„Keine Ahnung. Ich weiß es nicht.“
„Jedenfalls sind wir jetzt wieder da, wo wir vor über zwei Jahren aufgehört haben. Es wird schon weitergehen. Jetzt bin ich ja zurück, um auf dich aufzupassen. Hey, Prinzessin – make a big smile.“
Aber Sascha war nicht zum Lächeln zumute. Sein Leben hatte in dem Moment alle Perspektiven verloren, als er fern von Adrian aufwachte.
„Auf mich muss keiner aufpassen. Ich komm schon klar. Ich habe viel gelernt. Mir ist schlecht.“
Sascha war plötzlich ganz grün im Gesicht, kalter Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Der Entzug war immer noch nicht geschafft.
„Tu es dem Teppich gleich und bleib liegen. Ich hab das mit meiner Vermieterin geklärt. Die ist zwar ‘ne lästige Schrulle, aber ganz sympathisch. Du kannst erst mal hier bleiben. Ich muss noch mal weg. Schlaf jetzt oder brauchst du noch was?“
✵
Es vergingen drei Wochen. Marc ging augenscheinlich anschaffen, auch wenn er mit Sascha nicht darüber sprach. Er bezahlte die Miete, es waren 80 Mark pro Tag, und das Essen. Und er war für Sascha da, der die Entwöhnung von den Tabletten jetzt beinahe geschafft hatte. Ohne es zu wollen, hatte Adrian durch seine Autorität, die Sascha daran hinderte, die Quellen selbst zu erschließen, mit dafür gesorgt, dass der Entzug in relativ kurzer, dafür allerdings um so quälenderer Zeit über die Bühne ging.
Marc sprach in seiner reifen und trotzdem albernen Art oft stundenlang mit Sascha und für diesen war das fast eine Therapie. Schrittweise gewöhnte er sich an den Gedanken, nur ausgenutzt worden zu sein. Und er sah ein, dass er die Torturen keinesfalls verdient hatte. Langsam, aber stetig wechselte das Licht, in dem er Adrian sah. Und ebenso zögernd baute sein Selbstbewusstsein sich wieder auf. Marc verstand es, seinem Freund dabei zu helfen, ohne es wie Mildtätigkeit aussehen zu lassen. So kam dieser Morgen im November. Es war der dreiundzwanzigste, also ein Tag vor Saschas Geburtstag.
Die beiden Jungs saßen beisammen und redeten. Marc hatte während der letzten Woche nicht viel verdient, die Wochenmiete von siebenhundertfünfzig Mark war fällig und er hatte sie noch nicht zusammen. Irgendwann meinte er dazu eher beiläufig:
„Hast du eine Idee, wie wir Geld zusammenkratzen können? Mir fehlen dreihundert und irgendwie sind die Freier alle auf Urlaub. Morgen muss ich zahlen. Nett kann die Alte ja sein, manchmal sogar richtig mütterlich. Aber wenn die Kasse nicht stimmt, ist Schluss mit lustig, da kennt sie keine Gnade.“ Sascha überlegte nicht lange.
„Dann
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