Sascha - Das Ende der Unschuld
Ich kenne dich, du bist nicht so, wie du dich benimmst. Du liebst mich doch, warum kannst du das nicht sagen? Ich mag dich schließlich auch. Du musst dich deswegen nicht schämen. Und so was wie du für mich tust, tut niemand so einfach.“
„Oho. Man achte auf die Feinheiten. Klar magst du mich. Hör jetzt auf, mein Gesäß zu krabbeln, lass uns hochgehen, ehe ich mir hier unten den Tod hole. Er sitzt sowieso schon auf meiner Schulter, ich will nicht, dass er mir früher als nötig ins Ohr kriecht.“
Zurück im Zimmer begann die Diskussion über das gefundene Geld erneut. Sascha wollte sich einfach nicht damit abfinden, dass er aus guten Gründen wieder darauf verzichten sollte.
„Weißt du was? Es wird mir langsam zu doof. Mach was du denkst. Ich will jedenfalls nichts damit zu tun haben. Wenn du den Zaster behältst, hast du mich das letzte Mal gesehen. Dann renn doch gleich zum Schreiner und lass deine Maße nehmen.“
Es war nicht so, dass Marcs Vehemenz in dieser Sache Sascha nicht beeindruckte. Er wusste selbst, auf was er sich da unter Umständen einließ. Aber seine tief verwurzelte Vorstellung, dass man nur mit Geld jemand war, erlaubte es ihm nicht, nachzugeben. Er nahm zu seiner eigenen Beruhigung an, Marcs Worte seien lediglich eine leere Drohung und er würde ihn nicht noch einmal und diesmal freiwillig allein lassen. Fieberhaft suchte er nach einem für beide Seiten akzeptablen Ausweg.
„Weißt du was? Ich hole eine Zeitung. Da steht vielleicht etwas von dem Geld drin.“
„Aber sicher doch. Die Mafia hat den Kerl bei der Polizei wegen Unterschlagung von Drogengeld angezeigt. Denk doch mal logisch, auch wenn dir die Kohle noch so sehr den Verstand zuscheißt. Allerdings – warum eigentlich nicht, hol ruhig eine Zeitung, man kann ja nie wissen. Vielleicht steht was drin, das dich wieder vernünftig macht. Im Zweifelsfall kannst du dir schon mal die Todesanzeigen anschauen und dir eine aussuchen.“
Die Zeitung wurde trotzdem erst am folgenden Tag gekauft. Dann jedoch sollte sich herausstellen, dass beide Jungen auf ihre Weise recht hatten. Es stand dort zwar nichts vom Geld, dafür jedoch von dem vor Saschas Augen verprügelten Mann. Man hatte ihn in der Nähe des Klettenberger Containerbahnhofs tot aus der mit Wasser gefüllten Kiesgrube geborgen. Natürlich sollte das nicht so bald geschehen, ein mit Steinen gefüllter Müllsack, der die Leiche auf den Grund ziehen sollte, hatte sich gelöst. Kinder hatten den Toten gefunden. Noch stand nicht fest, wer der Ermordete war, aber das Bild ließ für Sascha keinen Zweifel zu. Es war der Mann, der ungewollt zwei Tage vorher den Schließfachschlüssel abgegeben hatte. Er wurde ziemlich still, während er den Bericht las. Dann entschied seine Angst für ihn.
„Okay, was sollen wir tun? Wohin mit dem Rucksack?“
„Zebedäus sei Dank, die Geldgier hat dein Hirn freigegeben. Wie schön, dass der kalte Typ nicht untergegangen ist. Wenn man ihn nicht gefunden hätte, würden wir ihn wahrscheinlich in ein paar Tagen da unten besuchen gehen.“
Sie kamen zu dem Schluss, dass sie das Geld schnellstens ins Schließfach zurücklegen würden. Noch am gleichen Nachmittag machten sie sich auf den Weg. Sascha hatte den Schlüssel noch. Das kam ihnen jetzt zugute, innerhalb von ein paar Minuten hatten sie den Sack abgelegt, zugeschlossen und waren mit dem Schlüssel auf dem Weg zur Information.
Sie taten, als hätten sie den Schlüssel gerade erst irgendwo gefunden und gaben ihn ab. Auf diese Weise waren sie die Verantwortung, die Angst, aber auch den Reichtum endgültig wieder los. Was jetzt weiter geschah, musste sie nichts mehr angehen.
Marc nahm an, jemand wurde beauftragt, das Schließfach zu öffnen und den Geldfund anschließend der Polizei melden. Diese für ihren Teil musste die Story an die Presse weitergeben. Und damit war der Verbleib des Geldes geklärt und keine kriminelle Organisation musste sich mehr auf die Suche nach demjenigen machen, der sich heimlich bereichert hatte. Tatsächlich geschah es genau so, Marc und Sascha waren aus dem Schneider.
✵
Mittlerweile wurde es April. Beide Jungs waren zur Tagesordnung übergegangen. Allerdings hatten auch beide ein Geheimnis dem anderen gegenüber, das dann plötzlich kein solches mehr bleiben sollte. Es war der Tag, als Marc und Sascha heimkamen und mehrere Polizeiwagen und ein Mannschaftsbus vor dem Haus standen. Natürlich verzogen sie sich gleich wieder und erfuhren erst später durch
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