Sascha - Das Ende der Unschuld
wollte, dass er dies sah. Er begann, auch diese Verletzungen zu versorgen. Dabei kam es ihm ganz recht, dass Marc immer noch nicht erwacht war. Er konnte natürlich nicht wissen, dass sein Freund schon vor einer Weile zu sich gekommen war. Als Marc bemerkte, dass Sascha sich um ihn kümmerte, war es ihm peinlich, dass dieser seinen geschundenen Körper nun doch sah und er floh aus besagter Verlegenheit, indem er tat, als sei er noch immer bewusstlos. Sascha behandelte alle Wunden und erst ganz zum Schluss entfernte er
auch Marcs Unterhose, die teilweise mit Blut befleckt war. Ihm wurde beinahe übel, als er die Hautabschürfungen, Quetschungen sowie Brandmale im Genital-und Afterbereich erkannte. Teilweise waren sie schon vernarbt, andere schienen ganz frisch zu sein. Was musste Marc ausgestanden haben und wieso war er immer wieder dorthin gegangen? Hastig schüttelte Sascha die Erinnerungen an die Zeit bei Adrian ab.
Vorsichtig verteilte Sascha nach der Säuberung auch hier die Salbe. Dann deckte er Marc zu und setzte sich neben ihn.
Er wollte warten, bis sein Freund erwachte. Dabei war er sich noch nicht ganz im Klaren, ob er ihn auf die Verwundungen ansprechen sollte oder nicht.
Marc nahm ihm die Entscheidung ab. Er hatte Sascha bereits eine ganze Weile beobachtet, als dieser neben ihm saß. Dabei war sein Gesichtsausdruck melancholisch. Seine schwarzen, wissenden Augen sprachen von unbegrenzter Hoffnungslosigkeit und Schwermut. Auch die kindlich weichen, langen Locken, auf deren Pflege Sascha sehr großen Wert legte, konnten die Tragik seines jungen Lebens nicht bemänteln, die der bittere Zug um seinen Mund zum Ausdruck brachte. Sascha fuhr zusammen, als Marc ihn schließlich ansprach:
„Danke, Prinzessin. War sicher kein Vergnügen, sich mit einem Müllhaufen wie mir zu beschäftigen.“
„Warum sagst du so was? Wer hat dir das angetan, Marc? Warum lässt du das mit dir machen? Es ist dir doch heute nicht zum ersten Mal passiert.“
„Das ist es wohl nicht, stimmt auffallend. Weißt du, ich habe nun einmal nicht so eine zum Kotzen schöne Larve wie du. Ich muss schon andere Sachen bieten, damit ich etwas verdienen kann.“
„Aber du hast doch gar nicht so viel verdient.“
„Danke für die Aufmunterung. Du meinst wohl, ich habe trotzdem nicht so viel verdient wie du. Das ist aber nicht ganz richtig.“
Marc richtete sich auf. Jede Bewegung bereitete ihm Schmerzen und Sascha musste wieder an seine Zeit bei Adrian zurückdenken. Er wusste zu genau, wie es seinem Freund jetzt ging. Marc stieg in seine Jeans und zog den Pullover über.
„Komm mit.“
Sascha folgte ihm hinunter in den Keller. Es stank nach Moder und Unrat, die grob behauenen Wände waren feucht und überall lag Abfall und Gerümpel herum.
Marc zog sein Feuerzeug heraus und leuchtete in den nächsten Raum hinein. Hier gab es kein Licht und es graute Sascha eigentlich davor, weiter ins Ungewisse zu gehen. In der hintersten Ecke stand ein alter Kanonenofen, Grünspan und Rost hatten ihn zerfressen, der feuchte Schmutz überlagerte ihn fingerdick. Marc öffnete eine kleine Luftklappe an der Seite und holte eine sauber gefaltete Plastiktüte heraus.
„Halt mal.“
Er drückte Sascha das Feuerzeug in die Hand und öffnete die Tüte. Im nächsten Moment hielt er ein Bündel der verschiedensten Geldscheine in der Hand. Die Palette reichte von Zehnern bis zu Hundertmarkscheinen.
„Das habe ich beiseite gelegt. Es sind genau tausendvierhundertzehn Mark bis jetzt. Ich wollte die Kaution von zweitausendfünfhundert für eine Wohnung zusammenbekommen. Es sollte eine Überraschung sein. Ich kann einfach nicht mit ansehen, wie du langsam vor die Hunde gehst.“
Saschas schluckte und seine Mimik war im flackernden Licht des Feuerzeugs nicht zu deuten. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Marc bemerkte es und fand scheinbar sehr schnell zu seiner coolen Art zurück.
„Hey, übertreibe es nicht mit den Danksagungen. Ich weiß, du brauchst die Kohle jetzt sowieso nicht mehr. Das sind Peanuts, mit denen du dir nach dem Kacken die Kiste abwischen kannst. Schließlich hast du oben eine Tasche voll Geld stehen, die du nicht mehr rausrücken willst. Was bedeutet es da, wie oft ich eine auf die Schnauze gekriegt habe für die paar Kröten hier?“
Seine Bitterkeit konnte Marc trotz der Schnoddrigkeit nicht ganz verleugnen.
„Red’ nicht immer so eine verdammte Scheiße und tu gefälligst nicht, als ob dir einfach alles am Arsch vorbei geht.
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