Sascha - Das Ende der Unschuld
Dann wurde es schlagartig ruhig, Sascha hörte lediglich überlaut sein eigenes Herz klopfen. Die Finsternis lag wie ein drohender Schatten auf ihm, es roch muffig und das schien ihm den Atem nehmen zu wollen. Was ging da draußen vor? Würde man den Schrank öffnen oder ließen die Polizisten sich täuschen? Er schloss die Augen und versuchte, sein Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen und er sah in die Mündung einer Waffe.
„Komm raus.“
Er wurde durchsucht, erst dann verschwand das Schießeisen wieder im Futteral. Zusammen mit Marc brachte man Sascha ins Erdgeschoss. Dort fanden sie einen völlig aufgelösten de Jong vor, der scheinbar kurz vor dem Herzinfarkt stand. Um ihn herum stand verschüchtert die schon oder noch anwesende Film-Crew. Wie Sascha befürchtet hatte, wurden die Personalien aufgenommen. Man sammelte alle, die mangels Ausweis nicht überprüft werden konnten, ein. Dazu gehörte auch er selbst, während Marc, mittlerweile achtzehn und nicht straffällig geworden, nicht weiter behelligt wurde.
✵
Einen Tag später brachte man Sascha ein weiteres Mal nach Hause. Er wurde von seinem Vater in Empfang genommen, der ihn übergangslos ins Wohnzimmer schubste, nachdem die Beamten wieder gegangen waren.
„Pornos hast du also gedreht. Über unsere anständige Familie bringst du Schande, indem du perverse Filme machst, obwohl du hier zu Hause alles haben kannst, was du brauchst? Jetzt ist Schluss damit.“
Wie Sascha erwartet hatte, redete sich Manfred in Rage, seine Stimme wurde während seine Vortrages immer lauter. Dann holte er aus und schlug ohne Vorwarnung zu. Er traf Sascha mit der Faust an der Schulter, dann mit der flachen Hand im Gesicht. Aber etwas hatte sich verändert, sein Sohn brach weder zusammen, noch wich er aus. Er griff nach Manfreds Hand und hielt sie fest. Mit schmalen Augen sah er seinen Vater an.
„Schlag mich nie wieder. Ich warne dich.“
Manfred riss sich los.
„Du wagst es? Du verfluchter Bastard.“
Er wollte erneut zuschlagen, aber Sascha tauchte unter dem Schlag weg und griff nun seinerseits an. Er stieß seinen Vater auf den Sessel und sprang hinterher. Er landete auf ihm, griff nach seiner Kehle und drückte zu.
„Du wirst mich nie wieder schlagen. Du nicht – und auch kein anderer.“
Sascha hatte vollkommen abgeschaltet, er sah nur noch rot. Durch seine beispiellose Verblüffung und wegen der zornigen Kräfte, die der Siebzehnjährige bei seinem Angriff entwickelte, war der von Natur aus eher bullige Manfred unfähig, sich zu wehren. Hilflos hing er im Griff seines Sohnes und lief langsam bläulichrot an. Mit großen Augen sah er in das wutverzerrte Gesicht über sich und konnte die Welt nicht mehr verstehen.
„Alexander, lass ihn los, bitte.“
Nur ganz langsam drang die Stimme seiner Mutter durch den Schleier der Raserei. Sascha spürte ihre Hand auf seine Schulter und sah in ihr Gesicht. In ihren Augen standen Tränen, flehend schaute sie ihn an. Das erst ließ den Pegel seiner Wut jäh absinken. Es war, als begreife er eben erst, was er da tat und ließ seinen Vater los, als habe er sich an dessen Haut verbrannt. Dann stand er auf.
„Ich habe dich gewarnt. Schlag mich nie wieder“, wiederholte er noch einmal wie zur Rechtfertigung. Dann ging er auf seine Mutter zu, nahm ihre Hand und legte seine Wange kurz auf ihren Handrücken.
„Es tut mir Leid, ich wollte dir nicht weh tun. Der da hat sich nicht geändert, aber ich.“
Manfred hatte sich so weit erholt, dass er aufstehen konnte.
„Raus – mach dass du raus kommst. Ich will dich nie wieder hier sehen. Du gehörst nicht mehr zu uns“, brüllte er.
„Ich habe nie zu dir gehört. Nie, hörst du? Es war immer Mama, die versucht hat, uns zusammenzuhalten. Ich werde gehen, aber weil ich es will. So wie immer“, sagte Sascha leise und schaute noch einmal seine Mutter an, deren Hand er noch immer hielt.
„Ich melde mich bei dir. Noch ein knappes Jahr und sie können mich nicht mehr wie einen Kriminellen behandeln, dann bin ich erwachsen und kann mich aufhalten, wo ich will.“
Mit diesen Worten verließ Sascha ungehindert die Wohnung.
✵
Es war zu spät, Marc vor der ehemaligen Wohnung zu treffen, Sascha kam erst gegen neunzehn Uhr dort an. Trotzdem saß Marc mittlerweile durchgefroren immer noch im Hauseingang.
„Ich hab gehofft, dass du noch kommst. Wie ist es denn gelaufen? Haben sie dich wieder heimgebracht?“
Gemeinsam gingen sie
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