Sascha - Das Ende der Unschuld
lassen, deshalb konnte er noch am gleichen Tag zum Einwohnermeldeamt gehen. Nun hatte er einen festen Wohnsitz und würde sich etwas später auch seinen ersten Personalausweis abholen können. Jetzt fühlte er sich zum ersten Mal sicher, niemand suchte ihn mehr allein aufgrund seiner Minderjährigkeit. Trotzdem begann sein Herz auch weiterhin jedes Mal wie wild zu schlagen, wenn er einem Polizisten begegnete, und er hatte diesen kaum zu unterdrückenden Instinkt, einfach nur losrennen zu wollen. Marc hatte vor, für Sascha am Samstagabend im PASSION eine Überraschungsparty zu organisieren. Nachdem sie die Spuren des Freitags erst gegen Mittag beseitigt und wie immer alles geputzt hatten, schickte Marc seinen Freund mit dem Argument, er solle sich noch etwas hinlegen, in die Wohnung zurück. Da dieser in der Nacht vorher nur vier Stunden geschlafen hatte, nahm er das Angebot gern an. Und so war es eine echte Überraschung, als er gegen halb acht ins fröhlich geschmückte Lokal kam. Marc und Jimmy gratulierten ihm und waren dieses Mal sogar untereinander ungewöhnlich verträglich. Sie tranken Sekt und Saschas Laune stieg. Er glaubte so etwas wie Glück zu empfinden. Auch wenn er dieses Gefühl in den letzten Jahren niemals erfahren hatte, identifizierte er es.
Konnte es sein, dass er es geschafft hatte? Er war achtzehn, hatte sein Auskommen und musste seinen Körper nicht mehr verkaufen. Dazu hegte er ein starkes Gefühl für Jimmy, der dies erwiderte. Eigentlich stimmte alles.
Es wurde ein Abend, in dessen Verlauf die Gäste einen lockeren, sehr fröhlichen Sascha erlebten. Seine Heiterkeit wirkte ansteckend und die Zeit verflog. Es wurde schnell dreiundzwanzig Uhr. Sascha tobte mit Jimmy über die Tanzfläche, während Marc hinter der Theke stand. Deshalb war es auch Marc, dessen Blick als Erstes auf die neu angekommenen Gäste fiel.
„Oh, oh.“
Sein Blick wurde starr und er schluckte hart. Er wollte Sascha ein Zeichen geben, aber dieser bemerkte nichts. Deshalb beobachtete nur Marc die Ankömmlinge, die sich genau vor ihn an die Theke gesetzt hatten.
„Drei John Collins.“
Marc verschwand vor Schreck schneller denn je unter der Theke, nahm anstatt des Soda beinahe die Fanta aus der Kühlung und wäre am liebsten hocken geblieben. Da dies jedoch nicht zu verwirklichen war, tauchte er wohl oder übel wieder auf.
Er goss Brandy in die drei Gläser und warf einen verstohlenen Blick auf die Tanzfläche. Sascha schaute gerade zu ihm herüber und Marc deutete kaum merklich mit Kopf und Augenzwinkern auf die eben angekommenen Besucher. Aber sein Freund zuckte nur mit den Schultern und tanzte weiter.
„Drei John Collins, wenn es geht, heute noch.“
Er stellte die Getränke auf die Theke und wollte sich gerade wieder umdrehen, als einer der Neuankömmlinge sagte:
„Moment. Bist du nicht ein Freund von Sascha?“
Obwohl voraussehbar fuhr Marc beim Klang von Adrians Stimme zusammen. Zu genau hatte er noch das zerstörte Wohnzimmer vor Augen. Trotzdem gab er sich natürlich cool.
„Bin ich. Und gehe ich recht in der Annahme, dass du sein ärgster Feind bist?“
„Da könnte was dran sein. Und wo ist Sascha?“
„Keine Ahnung. Wir haben uns aus den Augen verloren.“
Marc hoffte, Sascha bliebe auf der Tanzfläche, bis er ihm zu verstehen geben konnte, dass er für eine Weile verschwinden solle. Dem war natürlich nicht so, genau in diesem Moment verspürte sein Freund Durst und kam, um sich ein Kölsch-Cola zu genehmigen. Sascha erkannte die Gefahr nicht sofort.
„Ich fühle mich so gut, ich könnte immer weiter tanzen. Kommst du hier noch eine Weile allein klar?“
Jetzt erst sah er Marcs eindringlichen Blick und folgte diesem.
„Was hast du denn? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
Adrian und Sascha sahen sich in die Augen und letzterem verschlug es umgehend die Sprache.
„Ich freue mich wirklich sehr, dass es dir so gut geht.“
Adrians Stimme troff vor Ironie, während Sascha innerlich händeringend nach Worten suchte.
„Was ist? Hast du die Sprache verloren? Oder denkst du gerade daran, dass du mir seit unserem letzten Treffen noch etwas schuldig geblieben bist?“
„Was willst du hier? Geh“, war alles, was Sascha herausbekam.
„Ich bin zufällig hier. Aber ich weiß nicht recht, ob es deinem Chef gefallen würde, dass du Gäste hinauswirfst.“
Eine Sekunde lang überwogen Stolz und Trotz in Sascha, er übersah Marcs Versuche, ihn vorsorglich zum Schweigen zu
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