Sascha - Das Ende der Unschuld
der Frontmauer hoch. Nichts rührte sich.
Anstatt zu gehen, folgte Sascha seinem inneren Drang, um das Haus herumzugehen. Er überquerte die Terrasse und erreichte so die Küchentür. Dort legte er seine Hände wie einen Trichter zwischen das Glas und seine Augen und wollte auf diese Weise hinein sehen. Zu spät bemerkte er, dass die Tür nachgab, und er wäre beinahe der Länge nach in die Küche gefallen. Kurz überfiel ihn die Erinnerung an die Zeit hier. Er sah sich als wehrloses Opfer den Männern ausgeliefert, genau hier in der Küche hatten sie ihn das erste Mal vergewaltigt. Während die anderen Male in seinem Gedächtnis verschwammen, konnte er sich daran noch genauestens erinnern. Er sah den Riss in den Fußbodenkacheln wieder und beinahe spürte er dies alles noch einmal körperlich. Er drängte diese Gedanken mit Macht zur Seite, sie lähmten ihn und das konnte er jetzt am allerwenigsten gebrauchen. Die Welt hatte sich weitergedreht, Adrian würde ihn nie wieder so quälen können.
Einen Moment stand er still und hielt den Atem an. Immer noch war nichts zu hören und er beschloss, weiterzugehen. Im diffusen Licht der jetzt im Dezember früh hereinbrechenden Dunkelheit schlich er voran. Das Wohnzimmer war leer, kurz registrierte er den schief an der Wand hängenden Hundertwasserdruck und kam im Flur an. Von oben hörte er fließendes Wasser und glaubte jetzt zu wissen, wo Adrian sich befand.
Plötzlich erinnerte Sascha sich an die kleine 45ziger, die im Küchenschrank hinter den Tellern deponiert war. Sie sollte den Hausherrn aus der Misere holen, falls seine unsauberen Geschäfte sich in Form aggressiver Angreifer aus dem Milieu einmal gegen ihn wendeten. Schließlich mischten in dieser Szene mittlerweile viel zu viele Männer aus fremden Kulturkreisen mit, die nicht lange fackelten, um einen Konkurrenten endgültig aus dem Weg zu räumen. Sascha ging auf Zehenspitzen zurück und nahm die kleine Waffe an sich. Sie war wie immer geladen, Adrian änderte selten eine seiner Angewohnheiten.
Wenn Sascha seinen früheren Peiniger allein und wehrlos in der Badewanne antraf, konnte er ihn überwältigen und zwingen, Geld herauszugeben. Dass das, was er vorhatte, bewaffneter Raubüberfall war, dessen wurde er sich während dieser seiner Überlegungen nicht im Entferntesten bewusst. Niemand konnte nachvollziehen, wie die Verbindung zwischen ihm und Adrian war, für sie beide war alles erlaubt. Es war eine Art von rechtsfreier Zone, in der sich ihre Beziehung immer bewegt hatte und es kam allein darauf an, wer von ihnen diesmal der Stärkere war. Dann würde sich kein anderer einmischen können. So war es bisher gewesen und diese Erfahrung war bisher immer zu Saschas Ungunsten verlaufen. Nun, diesmal sah es so aus, als wäre Sascha dem anderen einen Schritt voraus. Diesmal sollte Adrian Federn lassen, Sascha fühlte sich stark mit der Waffe in der Hand.
Adrian konnte sich nicht leisten, wegen Sascha zur Polizei zu gehen. Und er würde es wie bei der Sache mit der zerstörten Wohnzimmereinrichtung auch nicht tun. Mit vorerst noch gesicherter Pistole schlich Sascha jetzt die Treppe hoch. Das Geräusch des plätschernden Wassers wurde lauter und er sah sich in seiner Annahme, Adrian würde duschen, noch einmal bestätigt. Vor der geschlossenen Tür blieb er stehen und lauschte. Es waren keine Stimmen oder andere Geräusche zu hören, die auf die Anwesenheit eines von Adrians Lovern schließen ließen, Adrian befand sich aller Wahrscheinlichkeit nach allein dort drinnen. Sascha grinste ein konfuses, sehr angespanntes Lächeln, dann drückte er sacht auf die Klinke und schob die Tür langsam auf. Sofort umfing ihn Dampf, er konnte kaum etwas sehen. Die feuchte Hitze schien ihm kurz den Atem nehmen zu wollen. Doch dann zogen die Schwaden teilweise in den Flur ab und lösten sich dort auf. Sascha machte einen Schritt nach vorn, dann noch einen. Die Duschkabine war geschlossen, durch die sonst durchsichtige Scheibe sah man, dass sich dort der Heißwassernebel konzentrierte, sonst nichts.
Sascha hob die Pistole leicht an und versuchte, sich innerlich auf die bevorstehende Konfrontation einzurichten. Er musste das Überraschungsmoment sinnvoll nutzen, ehe Adrian den Angriff nicht mehr ernst nahm. Sascha hatte sich vorgenommen, zu diesem Zweck wirklich zu schießen, Adrian allerdings gewollt zu verfehlen. Er entsicherte die Waffe. Ein paar Mal atmete Sascha tief ein und aus, dann riss er die Tür der großen Duschkabine
Weitere Kostenlose Bücher