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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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nicht von der Kälte.

13.
     

Region Paphos, Zypern
3. August 1332
     
     
    S ie hatten ihre Burg eingebüßt. Jetzt mussten sie sich in einer Grotte verbergen, aber der Standort war gut. Bei Tag konnten sie in den weiten Tälern ungehindert auf die Jagd und die Suche nach Früchten und Pflanzen gehen, bei Nacht sah niemand die schmale Rauchsäule, die aus dem natürlichen Abzug in ihrer Höhle in den Himmel emporstieg. Boote lagen unter Felsvorsprüngen versteckt, die sie rasch hätten erreichen können, wären sie wieder zur Flucht gezwungen worden. Sie hatten sie seit Jahren nicht mehr benutzen müssen und monatelang nicht danach geschaut – vielleicht waren sie bereits untergegangen. Sie brauchten sie nicht mehr. Sie fühlten sich sicher nach der langen Zeit.
    In ganz Europa waren ihre Besitztümer an die Kirche gefallen. Nach über 100 Jahren hatten die Tempelritter auf Zypern ihren Hauptsitz in Kalecik nahe Famagusta verlassen müssen. Die Johanniter übernahmen Gastria vor etwa 20 Jahren, nachdem der Templerorden von Papst Clemens V. aufgelöst worden war.
    Ihr letzter Großmeister – Jacques de Molay – war einen Heldentod gestorben. Er war wirklich ein Held. Sein Held. Er hatte alle unter Folter zugegebenen Beschuldigungen widerrufen und wurde daraufhin kurzerhand als Ketzer in Paris auf den Scheiterhaufen gebracht.
    Damit war der Orden geschlagen, aber nicht besiegt. Tausende waren verfolgt, gequält, gemeuchelt und ermordet worden, doch es gab Überlebende. Er hatte ein paar davon rufen lassen.
    Nach und nach waren die Eingeweihten auf Zypern eingetroffen. Unter tiefster Geheimhaltung hatten sie sich zusammengeschlossen. Sie sammelten neue Kraft. Sie, die sich vom eigentlichen Ziel der Templer abgewandt hatten, die von Hass und Wut auf die Ungerechten, die den Orden zerstört hatten, zerfressen waren.
    Es hatte ihnen keine Genugtuung gebracht, dass der von ihrem Großmeister auf dem Scheiterhaufen ausgestoßene Fluch sich bewahrheitet hatte. Binnen eines Jahres seit Molays Hinrichtung waren König Philipp der Schöne und der amtierende Papst Clemens V. gestorben.
    Es war nicht genug. Es gab nur ein Ziel: Rache. Sein Ziel war gleichzeitig ein anderes, aber das wusste nur er.
    Er nannte sich Jakob Traves und war nicht von adeliger Geburt. Er war nie Ritter, nicht einmal Knappe. Aber er hatte Macht   – die Macht des geheimen Wissens.
    Den Namen, den ihm seine Mutter gegeben hatte, hatte er vergessen. Seit seiner frühesten Kindheit malte er sich aus, dass Jacques de Molay sein Vater war.
    Genefe hatte bis zu ihrem Tod ein Geheimnis um seinen Vater gemacht. Selbst auf dem Sterbebett gab sie keine neuen Erkenntnisse preis und so musste Jakob aus dem Wenigen, das er wusste, seine eigenen Schlüsse ziehen. Aber er behielt recht. Neben dem wahren Schatz hütete er einen Brief an seine Mutter, den er nach ihrem Tod in ihrem Rock fand. Zerknittert und voller Dreck und Fettflecken war die blasse Tinte kaum noch zu entziffern. Der Verfasser schwor seiner Mutter ewige Liebe und Treue. Er bedrängte sie, nicht zu der alten Hebamme zu gehen und ihr giftiges Gebräu zu schlucken. Der Schrieb war mit einem großen, schwungvollen »Dein Dich ewiglich liebender J.« unterzeichnet. Jakob lächelte in sich hinein.
    Genefe war das einzige Kind des Färbers im Hause von Gérard de Molay, einem Vasallen des Seigneurs von La Rochelle. Sie genoss aus unerfindlichem Grund das Privileg, gemeinsam mit Molays Kindern Lesen und Schreiben zu lernen. Dieses Wissen hatte sie später an ihn weitergegeben. Aber das war auch das Einzige, womit sie ihm dienlich gewesen war. Mit gerade 15 Jahren gebar sie ihn und wurde als ledige Mutter, und weil sie um nichts in der Welt den Namen des Vaters verraten wollte, vom Hof verbannt. Genefes Mutter, die bei Gérard einen Stein im Brett hatte, konnte diesen mit all ihren Tränen nicht davon abbringen. Genefes Vater starb vor Gram kurz vor ihrer Niederkunft. Etwa zur gleichen Zeit war Jacques, der 17-jährige Sohn Gérards, verschwunden.
    Jakob wuchs in bitterer Armut auf. Genefe brachte sich als Wanderhure durch. Er schüttelte sich bei dem Gedanken an all die Ekel und Lust erregenden Szenen, in denen er seine Mutter mit den Scharen von Männern beobachtet hatte, während er hinter einem dünnen Tuch verborgen in einer Ecke ihres winzigen Zeltes kauerte. Als er zwölf Jahre alt war, starb Genefe an Herpes. Er verdingte sich als Stalljunge bei verschiedenen Rittern und landete 1293 endlich im

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