Satans Erbe (German Edition)
Ärztekollegen. Dietmar kam ihr in den Sinn. Dr. Dietmar Ebeling hatte schon bei Elisas Aufnahme im Sanatorium versucht, den Fall an sich zu reißen. Diesem Oberschlaumeier würde sie es glatt zutrauen. Der wollte ihr ständig an die Karre pissen. Sibylle würde sich vorrangig eine Liste zusammenstellen lassen von den Personen, die gestern Abend Dienst hatten. Jeder Besucher musste sich anmelden und sich beim Betreten des Hauses eintragen. Sie wusste, dass das Buch am Eingang ordentlich geführt wurde. Das war die Klinikleitung ihren vermögenden Patienten schuldig.
Nach dem Frühstück ging Elisa zurück in ihr Zimmer und schloss die Tür. Sibylle eilte weiter zum Schwesternzimmer.
»Ulrike, schalten Sie bitte die Kameras in Elisas Zimmer ein und sorgen Sie dafür, dass sie rund um die Uhr beobachtet wird.«
Die Pflegerin nickte.
»Und lassen Sie mich sofort rufen, wenn etwas ist.«
Wieder bestätigte Ulrike per Kopfnicken.
»Und machen Sie mir eine Liste von den Leuten, die gestern Dienst hatten und im Laufe des Tages zu Besuch waren.«
»Unser Mädchen wird schon wieder. Sie schaffen das.«
Sibylle verließ die Station tief in Gedanken versunken. Auf Ulrike konnte sie sich verlassen. Sie verlor nie die Ruhe, egal wie misslich die Situation war. Ulrike ging ihr seit Jahren zur Hand, sie waren ein gutes Team. Dennoch war ihr bewusst, dass sie nur an Ulrikes Oberfläche kratzte. Das Privatleben der Schwester lag ebenso im Dunkeln wie das Leben von Elisa. Sibylle nahm sich vor, das bei beiden demnächst zu ändern.
Sie betrat ihr Büro und lehnte sich an die Tür. Sie war müde und strich sich über die Augen. Das Beste wäre, sofort zur Sanatoriumsleitung zu gehen, um im Flur eine weitere Kamera installieren zu lassen, damit man sehen könnte, ob jemand ein weiteres Blatt unter der Tür hindurchschieben würde. Falls derjenige zusätzliche Zettel schrieb, falls er sich nochmals traute, sich Elisas Zimmer zu nähern … falls, falls, falls.
Sibylle drückte sich von der Tür ab, ging die paar Schritte zu ihrem Schreibtisch und ließ sich auf den Stuhl fallen.
Aber wäre Elisa damit geholfen? Was, wenn derjenige erwischt würde und keine weiteren Informationen preisgab? Könnte nicht Elisas Geschichte eher an den Tag kommen und zur Heilung beitragen, wenn sie den Dingen freien Lauf ließ? Es widerstrebte ihr genauso, die Kriminalpolizei wieder hinzuzuziehen, obwohl sie wusste, dass es verkehrt war, es nicht zu tun.
16.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
25. Dezember 1974
A rno wurde von Petra und Benni bereits an der Haustür erwartet, als er mit John zurückkehrte. »Wir haben Reifenspuren auf der Seestraße entdeckt, ziemlich frisch. Sonst nicht das Geringste.« Er ließ sich mit den Schultern von innen gegen die Tür sacken.
Nachdem Petra ihm von dem Gespräch auf der Polizeiwache erzählt hatte, setzten sie sich ins Wohnzimmer.
»Was glaubst du, was geschehen ist?« Sie sah ihn an, als hätte er just die Aufklärung parat.
»Ich weiß nicht, was los sein könnte, ohne dass etwas Grauenhaftes passiert ist.«
»Hast du daran gedacht, dass man Mom und Dad entführt haben könnte?«, fragte Benni.
»Ja, aber warum hat sich bislang noch niemand gemeldet?« Arno las die gleiche Ratlosigkeit in Petras und Bennis Gesichtern, die ihn erfüllte.
Bis zum Mittag verlief das Gespräch einsilbig, die meiste Zeit war er in Gedanken versunken. Auch das Essen verbrachten sie schweigend. Nur die Zwillinge plapperten fröhlich vor sich hin und erzählten ohne Unterlass.
»Mummy, Mummy, dürfen wir nach dem Essen wieder raus? Kein Mittagsschlaf heute. Bitte, bitte.«
»Wir wollen einen dicken Schneemann bauen. Der soll aussehen wie der Weihnachtsmann.«
»Ja. Einen roten Mantel soll er auch bekommen. Kathy hat von Martha Stoff bekommen, den hängen wir ihm um.«
»Genau. Damit er außen draußen auch nicht friert.«
»Bitte Mummy, dürfen wir? Dürfen wir?«
Petra nickte und rieb sich die Schläfen. Die Mädchen verließen mit Kathy den Raum.
Eine gute Stunde später klingelte es an der Haustür. Arno eilte durch die Halle und öffnete. Zwei Männer in Zivilkleidung blickten ihn an, ein Polizeiwagen parkte in der verschneiten Einfahrt.
»Herr von Felthen? Kriminalpolizei Bern, dürfen wir hereinkommen?«
Er trat zurück, bat die Polizisten mit einer Handbewegung ins Haus und führte sie ins Wohnzimmer. »Nehmen Sie Platz.«
Arno war froh, dass nur noch Benni anwesend war. Petra hatte sich, kurz
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