Satans Erbe (German Edition)
dass die Äderchen unter ihrer Haut sichtbar wurden. Ihre Augen waren geschlossen, flatterten aber von Zeit zu Zeit, als würde sie träumen. Ihr Brustkorb steckte in einem Verband, beide Beine waren geschient und hingen in einer komplizierten Vorrichtung in leicht erhöhter Position. Ihr zartes Gesichtchen hatte keinen Kratzer. Ein Schlauch führte in Lenas Rachen, ihre Brust hob und senkte sich im gleichmäßigen Takt des Beatmungsgeräts.
»Wir mussten sie intubieren, weil die Spontanatmung nach ihrem Herz-Kreislauf-Stillstand nicht wieder eingesetzt hat.«
Die leisen Worte des Arztes drangen verschwommen in Arnos Bewusstsein. Er umschlang Lenas Hand, soweit es die Kanüle zuließ, die von dem zarten Handgelenk hervorstand.
»Wir befürchten eine Rückenmarksläsion und eine Lähmung der Atemwege. Sie ist noch nicht wieder zu sich gekommen.«
»Wird sie durchkommen?« Arnos Stimme war nur ein Krächzen.
»Ihr Zustand ist kritisch. Wir müssen die Stabilisierung abwarten und weitere Untersuchungen vornehmen.« Der Ausdruck des Arztes versuchte zu ermutigen, aber seine Worte straften ihn Lügen.
Arno begann zu schluchzen. Unkontrolliert zuckten seine Schultern und er weinte noch, als nach zwei Stunden Benni die Intensivstation betrat.
»Arno, komm nach Hause. Du kannst morgen früh zu Lena zurückfahren. Lisa braucht dich jetzt.«
Er winkte ab. »Ich werde mich nicht einen Millimeter wegbewegen. Fahr du nach Hause und kümmere dich um sie.«
Benni ging.
Arno blieb auf dem Hocker neben Lenas Bett sitzen und saß noch am nächsten Morgen in unveränderter Position, während in der Nacht Ärzte und Pflegepersonal immer wieder Lenas Zustand kontrollierten.
Am Mittag verlor er erneut das Bewusstsein.
20.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
26. Dezember 1974
B enni saß mit Martha am Küchentisch und lauschte dem Ticken der Küchenuhr. Kathy hatte Lisa schlafen gelegt und war im Kinderzimmer geblieben, weil Lisa nicht allein sein sollte, wenn sie aufwachte. Sie verstand nicht, was passiert war. Zum Glück hatte sie von dem traurigen Geschehen wenig mitbekommen. Als Kathy mit ihr in den Schnee gestürzt war, hatte sich Lisas Mützchen über ihr Gesicht geschoben, sodass sie den Sturz ihrer Schwester nicht mit ansehen musste. Geistesgegenwärtig trug Kathy Lisa nach dem Unglück ins Haus und beruhigte das Mädchen so gut es ging, obwohl Lisa schrie und um sich schlug und trampelte. Heute stellte Lisa tausend Fragen und wollte zu ihrer Mummy, ihrem Papi und zu Lena. Benni und Kathy hatten ihr erklärt, dass die beiden einen Unfall hatten und im Krankenhaus von Ärzten umsorgt und gepflegt wurden. Dass Petra nicht zurückkommen würde, verschwiegen sie.
Benni hob den Kopf, als Martha ihm eine Tasse Hühnerbrühe hinstellte.
»Sie müssen etwas essen, Benni. Auch wenn es schwerfällt, glauben Sie mir.« Martha sah ihn bittend an.
»Ich kann nicht.« Er griff zum wiederholten Mal zu der Schachtel Papiertücher auf dem Tisch.
»Seien Sie vernünftig, Benni. Essen Sie die Suppe heiß. Es wird Ihnen guttun.« Martha schob die Tasse energisch näher heran und blieb neben ihm stehen.
Mechanisch tauchte er den Suppenlöffel hinein und starrte auf den aufsteigenden Dampf.
»Na los schon«, drängte Martha.
Er fing an zu löffeln. Martha gab sich geschäftig und werkelte in der blitzsauberen Küche herum, doch Benni sah, wie sie sich immer wieder verstohlen durch das Gesicht wischte.
»Ich gehe ein bisschen an die Luft.«
Ehe Martha etwas erwidern konnte, war er zur Tür hinaus. Er griff sich Parka und Schal von der Garderobe, öffnete die Haustür und blieb wie angewurzelt stehen. Vor ihm stand Ahriman, einen Strauß bunter Blumen in der rechten Hand, die Linke zuckte just in diesem Moment vom Klingelknopf zurück.
»Fröhliche Weihnachten, Benni.«
Benni konnte nichts erwidern. Er machte ein paar Schritte voran und blickte sich zu Ahriman um. »Komm bitte.«
Endlich bewegte sich Ahriman, legte den Blumenstrauß neben die Haustür und ging neben ihm die Einfahrt hinunter.
»Stress?«
»Hm.« Benni wusste nicht, wie er ein Gespräch führen sollte. Schweigend verließen sie das Grundstück durch das kleine Törchen neben der Pforte. Über einen Feldweg erreichten sie nach wenigen Metern den Waldrand. Sie schritten zügig voran. Benni umkrampfte seinen Schal mit den Fäusten und knetete ihn unablässig. Teilweise schleifte er ihn über die Erde.
»Bleib doch mal stehen.« Ahriman stoppte und Benni
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