Satans Erbe (German Edition)
Fenster fast nicht mehr von den gepuderten Bergen und Wäldern zu unterscheiden, der Ort versank im Schnee.
»Was jetzt, Benni?«
»Magst du zum Abendessen bleiben? Immerhin hatte ich dir eine Festtafel versprochen.«
»Gern, aber nur, wenn es keinem was ausmacht.«
»Es ist ja niemand da außer Lisa und mir und den Hausangestellten. Wird wohl ein ›Dinner for two‹ werden.«
Selbst Benni hörte den Sarkasmus aus seinen Worten. Er konnte Ahrimans Blick nicht deuten.
»Sorry, du kannst nichts für die Katastrophe.« Er hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und Ahriman erwiderte die zärtliche Berührung.
21.
Psychiatrische Privatklinik
»Sanatorium Hardegg«
Interlaken, Schweiz
27. Oktober 2008
E igentlich war es nicht Sibylles Art, einen Gefallen einzufordern, doch diesmal tat sie es. Vielleicht gelang es ihr deshalb in kürzester Zeit, den ihrer Meinung nach besten Facharzt für Elisa zu engagieren. Er war eine anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet der Hypnotherapie und wurde allgemein der Bär genannt. Sein braun gebranntes Gesicht mit den buschigen Augenbrauen wurde von einem wilden Lockenkopf eingerahmt und wirkte stets freundlich und verständnisvoll. Er duckte sich beim Durchschreiten von Türen, und wenn er jemandem die Hand reichte, dachte man, er würde sie zerquetschen. Doch ganz im Gegenteil. Dieser Mensch war mit einer inneren und äußerlichen Ruhe ausgestattet, die ihresgleichen suchte. Stimme und Bewegung säuselten in sanftem Einklang und er erzielte meisterhafte Behandlungserfolge, was ihn vor Jahren zu einer Berühmtheit machte. Man kam schwer an den Bären heran, weil er sich bereits im Ruhestand befand und nur noch Fälle bearbeitete, die ihn persönlich interessierten. Da hatte Sibylle mit ihrem Sorgenkind Elisa Glück, mit einem bemerkenswerten Fall aufwarten zu können. Er informierte sich ausführlich über Elisa und ließ sich einige Unterlagen faxen. Am nächsten Tag sah Sibylle ihn, wie er mit seinem Van an einem der Seiteneingänge stoppte und mithilfe des Hausmeisters den Wagen entlud.
Der Bär hielt sich anderthalb Stunden in dem Ruheraum auf, der ihm für die Behandlung als Sprech- und Arbeitszimmer zugewiesen worden war, bis er endlich bei ihr durchklingelte. Sibylle machte sich auf den Weg, Elisa abzuholen. Sie hatte einigen hypnotischen Trancen beigewohnt, doch dieses Mal war es etwas Besonderes. Sie spürte ihre Nervosität und Ungeduld, ihre Neugierde, was hinter Elisas Fassade lag, aber auch eine gewisse Angst, dass Elisa sich zurückziehen könnte, stellte man ihr zu viele Fragen. Sie beruhigte sich mit dem Argument, dass Elisa in ausgezeichneten Händen war. Sibylle selbst hatte den Bären ausgesucht und wollte nur das Beste für Elisa. Mit einem aufgesetzten Lächeln klopfte sie an Elisas Tür. Hoffentlich färbte ihre Nervosität nicht ab. Sie führte Elisa, die sich bewundernswert gefasst verhielt, die Flure entlang zu dem Raum, in dem der Bär wartete und staunte über die Veränderung, die er bewirkt hatte.
Eine einladend wirkende Relaxliege mit Lederbezug nahm eine Ecke ein, flankiert von mit bewegtem Wasser gefüllten Säulen, die ein Säuseln verursachten und ein gedämpftes, freundliches Licht ausströmten. Schräg vor der Liege stand ein Drehsessel mit breiten Armlehnen. Die Sitzecke wurde von einem fast deckenhohen Wandschirm umrahmt, der einem blickdichten spanischen Paravent ähnelte.
Elisas Hände zitterten, als Sibylle sie in die warmen Pranken des Bärs legte, ihre Augen stierten geweitet an dem alten Mann empor.
»Elisa. Ich werde dich jetzt hypnotisieren. Bitte lehn dich zurück. Gut so. Du bist entspannt, du fühlst dich wohl. Du lässt dich sanft fallen, dein Atem geht ruhig, ruhig wie dein Herzschlag. Du fühlst dich wohl. Eins …«
Mit jeder weiteren Trancestufe schien Elisa tiefer in ihrem Liegesessel zu versinken. Sibylle wusste, dass der Bär ihrem Bewusstsein die herrschende Stellung nahm, um ihr Unterbewusstsein ansprechbar zu machen und ihre Kritikfähigkeit auszuschalten. Nur so konnte er vielleicht ihre Vergangenheit aufdecken.
»Du hörst nur auf mich. Wie alt bist du?«
Elisa streckte beide Arme nach vorn und spreizte erst vier und dann zwei Finger der anderen Hand.
»Du bist sechs Jahre. Gut, Elisa.«
Der Bär drehte sich zu Sibylle um. Sie verfolgte die Szene wie selbst hypnotisiert und nickte ihm zu.
»Elisa, wo bist du gerade?«
»Ich stehe auf einem großen Hof.«
»Wie fühlst du dich?«
»Ich bin
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