Satans Erbe (German Edition)
zog ihn von der heulenden Lisa fort. »Arno, was machst du denn da? Hast du den Verstand verloren?«
»Sie war am Ertrinken.«
»Blödsinn. Sie hat gespielt.«
»Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen.«
Benni zog seinen Bademantel aus und legte ihn der zitternden Lisa um. Leise weinend kuschelte sie sich in seine Arme.
»Ich war überhaupt nicht am Ertrinken.«
Arno blickte ungläubig von Benni zu Lisa. »Du gibst mir Widerworte?« Seine Hand fuhr aus und landete mit einem lauten Knall auf Lisas Wange. Sofort färbte sich die Stelle feuerrot und vier Finger bildeten sich darauf ab.
Lisa riss sich von Benni los und rannte ins Haus.
»Das durftest du nicht tun.« Benni drehte sich um und spurtete Lisa hinterher, Arnos höhnisches Auflachen im Ohr.
39.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
13. August 1977, spätabends
» W ie konntest du sie bloß schlagen?« Benni ging aufgebracht im Zimmer auf und ab.
»Mir ist die Hand ausgerutscht. Tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen.«
Klang Arnos Stimme ehrlich? Benni wusste nicht mehr, was er von seinem Bruder halten sollte, er verwirrte ihn. »Willst du nicht zu Lisa raufgehen und dich entschuldigen?«
»Morgen.«
»Nein, jetzt. Das hat keine Zeit bis morgen.«
»Morgen, habe ich gesagt …«
»Wenn es dir ehrlich leidtut, dann mach es jetzt.« Benni erhielt einen wütenden Blick als Antwort, aber Arno stürmte hinaus. Ob er wirklich hinaufging? Er stellte sich an die Tür und lauschte. Die Schritte stiegen tatsächlich die Treppe hoch, hielten inne. Eine Tür öffnete und schloss sich. Könnte das Kinderzimmer gewesen sein. Oder das Schlafzimmer? Benni schlenderte in die Küche. Martha hatte ihm eine Tasse bereitgestellt, den Teebeutel daneben platziert sowie Milch und Zucker. Sie würde es wohl nie lernen, dass er seinen Tee lieber mit Zitrone trank, dachte er. Er schnupperte, hob den Deckel vom Milchkännchen und stellte fest, dass frisch gepresster Zitronensaft darin war. Er grinste. Wie konnte er ihr das unterstellen? Ein Lachen entrang sich seiner Kehle, aber ihm war nicht froh zumute. Arno hatte heute den Vogel abgeschossen. Dass er Lisa geschlagen hatte, überstieg Bennis Toleranzgrenze. Welche Konsequenz sollte er daraus ziehen? Er musste Lisa vor Arno beschützen. Wenn nötig so lange, bis Lisa auf eigenen Beinen stehen konnte.
Wie verständnisvoll sie ihn angeblickt hatte, als er sie zu Bett brachte. »Daddy hat es nicht böse gemeint.« Sie nahm Arno auch noch in Schutz. Dagegensprechen wollte er nicht. Es lag ihm nichts daran, Zwietracht zwischen Vater und Tochter zu säen. Nichts wäre ihm lieber als ein inniges Verhältnis der beiden. Doch davon war die Situation meilenweit entfernt. Es verletzte ihn fast mehr als Lisa, dieses einseitige, verzweifelte Bemühen um Liebe und Aufmerksamkeit zu verfolgen. Die Tragödien hatten Arno gebrochen. Er war zu einem harten und versteinerten Menschen geworden, einem Tyrannen.
Längst war der Tee nur noch lauwarm. Benni drehte die Tasse in den Händen und drehte und drehte, bis ihm bewusst wurde, dass er noch keinen einzigen Schluck genommen hatte. Er trank die Hälfte und goss den Rest in die Spüle. Benni ließ frisches Wasser hinterherlaufen, spülte den Becher aus und stellte ihn auf dem Kopf in die Abtropfschale. Als er durch die Flügeltür trat, kam Arno die Treppe herunter.
»Alles okay mit euch beiden?«
Arno nickte. »Komm mit – ich will dir etwas mitteilen.«
»Warum so förmlich?« Benni folgte Arno in sein Arbeitszimmer. »Was gibt es?«
»Ich werde morgen eine Baufirma beauftragen. Da ich nächste Woche nicht da bin, möchte ich, dass du die Arbeiten überwachst.«
»Welche Arbeiten?« Benni zog die Augenbrauen zusammen.
»Die am Pool. Er wird zugeschüttet und die Terrasse vergrößert.«
»Was?«
»Du hast schon richtig verstanden.«
»Sagtest du, der Pool wird zugeschüttet?«
»Genau das.«
»Ja, aber … aber warum denn?«
»Weil Lisa heute fast im Pool ertrunken wäre.«
»Ich bitte dich Arno, Lisa hat gespielt. Sie hat die Steine am Boden des Pools betrachtet und sie kann schwimmen.«
»Sie lag leblos auf dem Wasser und du schlafend daneben. Nennst du das Aufpassen?«
»Sie war keine einzige Minute unbeobachtet.«
»Eine Sekunde Unachtsamkeit kann schon zu viel sein.«
»Ich war aber nicht unachtsam.«
»Aber, aber, aber. Du klingst schon wie Lisa mit deinen Widerworten.«
»Das ist der größte Quatsch, der mir je untergekommen ist. Ich will
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