Satans-Krone
ich ihn auch nicht an, sondern fiel direkt neben ihm auf die Knie, so nahe bei ihm, dass ich ihn mit beiden Händen zu fassen bekam.
Genau im richtigen Augenblick, denn jetzt hatte der Rand nachgegeben. Die weiche Erde rutschte weg, Suko wäre in die Tiefe gefallen, aber meine Hände hielten ihn.
Ich hätte sie gern unter seine Achseln geschoben, aber die Zeit war mir nicht mehr geblieben, und so hatte ich nur seine Handgelenke umklammern können. Hundertprozentig war das auch nicht. Ich merkte, wie schwer mein Freund war. Zudem hatte die Angst einen Schweißfilm auf seiner Haut produziert, so dass sie glatt geworden war. Es bestand die Gefahr des Abrutschens. Suko war noch nicht gerettet. Er hatte den Kopf zurückgelegt, so dass er mich anschauen konnte. Mein Blick traf sein Gesicht, das sehr verzerrt war. Suko sah aus wie ein Mensch, der grinste, nur traf das bestimmt nicht zu.
Auf einmal war auch Isaak Lambert da. Bestimmt nur Sekunden später als ich, obwohl mir die Zeit bis zu seinem Eintreffen doppelt und dreifach so lange vorgekommen war. Er kniete neben mir, fasste zu.
Sprach kein Wort, half einfach, und das war auch wichtig. Gemeinsam schafften wir es, Suko aus dieser gefährlichen Lage zu ziehen. Er half schließlich selbst mit, als er sich abstützen konnte und schob sich bäuchlings, aber auch von uns gezogen über den Rand der Fallgrube hinweg in Sicherheit.
Keuchend blieb er liegen. Es fiel ihm schwer, sich zurechtzufinden. Suko wusste selbst, dass er zwischen Leben und Tod geschwebt hatte. Er lag mit dem Gesicht nach unten, hatte es aber zur Seite gedreht, schielte in die Höhe und an meinem Körper hoch. Ich nickte ihm zu.
Er lachte. Zumindest empfand ich das Geräusch als ein Lachen. Lambert stand neben uns und schüttelte den Kopf. Sein Blick glitt ständig zwischen der offenen Fallgrube und dem Haus hin und her. Dabei murmelte er: »Das habe ich nicht gewusst, verflixt. Das ist mir tatsächlich neu gewesen.«
Suko war hart im Nehmen. Er kam auch ohne meine Unterstützung auf die Beine. Neben mir blieb er stehen. Automatisch strich er den Schmutz von seiner Kleidung und schüttelte den Kopf. »Danke, ihr beiden Schutzengel. Ich hätte es nicht mehr geschafft und habe mich schon als Schaschlik da unten hängen gesehen.«
Keiner von uns gab ihm eine Antwort. Wir waren so nahe wie möglich an den Rand der Grube herangetreten und schauten auf die Eisenspitzen, die nicht so zahlreich waren und auch nicht unbedingt sehr dicht beisammen standen. Aber sie hätten Suko erwischt. Einer von ihnen immer. Er wäre aufgespießt worden. Vielleicht nicht getötet, wohl aber schwerverletzt. Und wer hätte in dieser einsamen Gegend schon sein Schreien gehört? Wohl keiner, da war ich mir sicher.
Ich drehte mich von der Grube weg. Isaak Lambert gehörte nicht zu den sonnenbraunen Typen, er besaß mehr die vornehme Blässe. In diesem Fall allerdings war er noch blasser geworden. Seine Haut sah dünner aus, und auf ihr malten sich zahlreiche Schweißperlen ab, die wie Kügelchen aussahen.
»Da will jemand, dass keiner die Hütte betritt«, flüsterte der Schotte. »Er hat eine Sicherung eingebaut. Aber wer?« Er schaute uns an, weil er eine Antwort haben wollte.
Wir hoben die Schultern.
»Crowley?«
»Der ist tot«, sagte ich.
Lambert schüttelte den Kopf. Dann gab er mir teilweise recht. »Ja und nein, Mr. Sinclair. Mag sein Körper auch vermodert sein, er selbst wird auch wohl nicht zurückkehren, aber sein Geist ist noch immer vorhanden.« Lambert schaute sich um, als könnte er ihn hier in der Nähe irgendwo entdecken.
»Einer wie er ist nie ganz tot. Er hat etwas hinterlassen, das weiß ich. Nicht nur die Satans-Krone.«
»Aber auch nicht die Fallgrube«, sagte Suko trocken.
Lambert nickte. »Ja, das stimmt, Suko. Da muss ich Ihnen recht geben. Er kann keine Fallgrube mehr anlegen. Das müssen andere für ihn getan haben. Helfer, die wir bisher nicht kennen. Ich glaube auch nicht, dass sie alt ist. Die beiden Männer, die den Film gedreht haben, sind auch nicht hineingefallen.«
»Sie kannten sich eben besser aus.«
»Das glaube ich nicht, Mr. Sinclair. Die Grube wurde später angelegt.« Er ließ uns stehen und umging sie wie ein Spürhund, den Kopf dabei gesenkt. Er suchte nach Spuren, blieb plötzlich stehen und nickte, bevor er den Kopf hob und uns anschaute. »Man sieht es!« meldete er. »Man sieht es ganz deutlich. Hier sind Spuren. Sie sehen frisch aus.« Er meinte damit nicht die Grube,
Weitere Kostenlose Bücher