Satans-Krone
weiterzukommen. Mit dem Rover war das leider nicht möglich. So stoppten wir und stiegen aus.
Es war wärmer geworden. Zumindest hatte sich an diesem schon recht späten Nachmittag die Sonne gezeigt und schickte das helle Gelb wie einen Vorhang zu Boden. Auch hinein in die Insektenschwärme, die sich in der Luft zusammenballten und dort ihre Tänze aufführten wie unzählige, schwarze Punkte, die nie zur Ruhe kamen.
Mochte der Boden vorhin an einigen Stellen sandig gewesen sein, hier hatte sich seine Beschaffenheit verändert. Er war feucht, wirkte schwer, und fettes Gras vermischt mit zahlreichen Unkrautpflanzen schauten daraus hervor. Wir sahen Schilf- und Lampengräser, die sich geschmeidig vom Wind streicheln ließen.
Wir nahmen Kurs auf die Hütte. Oder auf das Haus, wie auch immer. Im Film hatten wir nicht viel davon gesehen. Wir konnten schon froh sein, dass es diesen Bau überhaupt noch gab, und ich wollte vom Fachmann wissen, weshalb man es noch nicht abgerissen hatte.
Isaak Lambert hob die Schultern. »Das kann ich Ihnen auch nicht genau sagen. Möglich, dass man sie als Unterschlupf hat stehen lassen.«
»Für wen?«
»Spaziergänger zum Beispiel. Sie wissen doch selbst, wie oft hier an der Küste das Wetter wechselt. Da können Sie nie sicher sein, auch trocken anzukommen, wenn Sie bei Sonnenschein losgegangen sind. Da bietet die Hütte eben Schutz.«
»Eigentlich müsste sie auch instand gehalten werden«, sagte ich.
»Ich weiß nicht, ob sich darum jemand kümmert.«
Wir bewegten uns wirklich durch eine Wildnis, und ich dachte wieder an den Film. Dort war ja zu sehen gewesen, wie es draußen ausgesehen hatte, obwohl nicht in Farbe, sondern nur in Schwarzweiß. So kam mir die Gegend schon bekannt vor. Prägnante Stellen, die man sich hätte merken können, waren nicht vorhanden.
Suko ging voraus und hatte sich von uns schon einige Meter abgesetzt. Dadurch war sein Überblick besser. Als er stehen blieb, wussten wir, dass er etwas entdeckt hatte.
»Da ist die Mauer!« Sie war tatsächlich da. Wenn auch schlecht zu sehen, weil sie von einem dichten Gestrüpp umwachsen wurde. Ich ließ die beiden stehen und ging auf sie zu. Weshalb man sie hier mitten im Gelände fand, das wusste keiner von uns. Wahrscheinlich hatte sie mal zu einem Haus gehört, das längst abgerissen worden war.
Ich stellte mich vor sie und dachte an die Ausführungen des Lex Water. Er hatte von einer Höhe gesprochen, die er nicht überschauen konnte. Zumindest das stimmte. Auch ich schaffte es nicht, darüber hinwegzuschauen, selbst wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte, und ich war größer als Water. Wenn ich mich allerdings drehte, dann fiel mein Blick direkt auf die Frontseite des alten Hauses oder der Hütte. Ich sah die Eingangstür, die ich auch vom Film her kannte. Verändert hatte sie sich nicht. Sie hing noch immer schief in den Angeln. Mir kam es vor, als wäre der Film erst in der letzten Woche aufgenommen worden.
Das konnte durchaus sein. Auch ein Mann wie Lambert musste nicht immer die Wahrheit sagen.
Er stand neben Suko und schaute ebenfalls auf das Haus. Mein Freund und er sprachen nicht miteinander, sie waren in ihre Gedanken versunken.
Mir erging es ebenso. Ich dachte zum Beispiel an die Satans-Krone. Sie war aus dem Haus geholt worden, das heißt, sicher konnte ich auch nicht sein. Ich hatte nur gesehen, wie der Finder sie sich auf den Kopf gesetzt hatte und dann seinen Tribut zahlen musste, denn sein Kopf hatte sich durch die Kraft der Krone in einen Skelettschädel verwandelt.
Ich trat von er Mauer weg. Mit der rechten Hand schlug ich nach den Mücken, die mich umschwirrten.
Neben Suko und Lambert blieb ich stehen, den Mund zu einem schiefen Grinsen verzogen.
»Du siehst nicht eben happy aus«, sagte Suko.
»Das Jubeln fällt mir auch schwer.«
»War es nun die Mauer?« fragte Lambert.
»Möglich.«
Suko hatte nicht mehr zugehört und sich bereits auf den Weg zur Hütte gemacht. Wir hätten ihm eigentlich folgen müssen, und das hatte ich auch vor, aber Lambert erschien mir etwas zögerlich. Er schaute noch auf seine Füße und wartete.
»Probleme?« fragte ich.
Der Schotte hob nur die Schultern. »Das kann ich nicht so genau sagen, Mr. Sinclair. Komisch ist es mir schon.«
»Inwiefern?«
»Wenn man so nahe vor dem Ziel steht.«
»Da haben Sie recht. Stellt sich nur die Frage, ob wir das Ziel schon erreicht haben.«
Er wollte sicherlich eine Antwort geben. Das schaffte er nicht mehr,
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