Satanskuss (German Edition)
tröstliche Umarmung genossen.
Als er auf sie zutrat und ihr mit hilfsbereit ausgestreckten Armen abermals Trost anbot, schüttelte Ariel den Kopf.
„Nicht!“
Simon konnte nicht fassen, dass sie vor ihm zurückwich. Konnte aber auch nicht wütend werden, obwohl er es gerne wollte. Zu verletzlich wirkte das Mädchen, das war ihm stand.
„Warum?“ Er ließ seine Frage sanft schwingen und konnte sehen, dass seine Sanftheit sie noch mehr verwirrte.
Sie schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder aufhören könnte zu weinen!“, gestand sie mit herzerweichender Offenheit.
Simon verharrte wie angewurzelt. Die Unschuld, die sie ausstrahlte, war fast greifbar. Für einen Moment badete er in ihrem Glanze, genoss das Gefühl der Geborgenheit, welches er mit Unschuld verband, die Lebensbejahung und das Strahlen der Schöpfung.
Er benötigte keinen Blick in ihre Seele. Sie war unschuldig.
In diesem Moment änderte er seinen Plan.
„Dann geh zurück in dein Kloster!“, hauchte er. „Geh dorthin, wo du Freunde hast, ein Leben!“
Ariel schüttelte den Kopf. Betrübt.
„Dort bist du in Sicherheit!“, meinte er.
„In Sicherheit wovor?“, fragte Ariel, obwohl sie glaubte, die Antwort bereits zu kennen.
Simon sah Ariel mit einem Gefühl des Bedauerns an. Einerseits hoffte er, dass sich die Novizin für das Kloster entschied. Dafür, ihr Leben lang rein und unschuldig zu bleiben. Ein anderer – nicht halb so nobler Teil von ihm – grollte und wollte derjenige sein, der ihr genau diese Unschuld raubte. Und ein noch viel weniger edler Teil wusste, dass er sie brauchte, ihre Reinheit, ihre Erfahrungen und ihre Hilfe, um zu seinem Ziel zu gelangen: Den Magier zu vernichten und frei zu kommen – auf der Erde.
„Ich kann nicht Simon!“ Ariel flüsterte fast. „Dort ist nichts, was mich hält.“
“Und Gott?“, erinnerte er sie mit einem schwachen Lächeln.
„Gott ist überall. Ich kann überall Nonne sein!“
Simon nickte, machte aber nicht den Fehler, ihren lauten Gedankengang zu unterbrechen.
„Jemand hat mir alles genommen, was mir je etwas bedeutet hat!“
Simon war schockiert. Nicht nur wegen ihres Geständnisses, sondern auch über das, was er hineininterpretierte. „Und jetzt willst du Rache?“, fragte er tonlos.
Ariel schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will wissen wieso.“
„Es ist sicher nicht persönlich gewesen!“, flüsterte Simon so leise, dass sie es nicht hörte.
„Und ich will Gerechtigkeit! Das ist etwas anderes!“
Simon nickte zustimmend.
Er war immer noch schockiert darüber, dass das schöne unschuldige junge Mädchen vor ihm nicht nur Bella Leone sein sollte, berühmte Ermittlerin, sondern auch noch einen Mann verehrte, der Trinker, Spieler und berüchtigter Frauenheld war. Raffaels mehr als fragwürdige Vergangenheit war kein gehütetes Geheimnis und mehr als einmal hatte der bekannte Detektiv früher selbst im Gefängnis gesessen.
Als sich dieses Mal ihre Blicke begegneten, begriff Simon das Offensichtliche.
XI.
Doch unter Ariels prüfenden Blick, der zwischen ihm, Ceres und der angelehnten Tür hin und her glitt, schwieg er.
Die ermittelnde Novizin musterte Simon von oben bis unten, bis sich der Dämon innerlich unter ihren intensiven Blicken wandte. Konnte sie seine Schuld erkennen?
Die blutigen Abdrücke auf Simons Mantel irritierten Ariel, dann sah sie an sich herab und verzog das Gesicht. Ihre Hände und Unterarme waren blutbefleckt, Stellenweise war das Rot schon angetrocknet und bröckelte, doch ihre Bluse war noch feucht.
Es war klar, dass die Abdrücke auf Simons Mantel von ihr stammten. Ausschließlich von ihr.
Ariel sah zur Couch, schien einige Sekunden zu überlegen, bevor sie sich entschloss zu Ceres zu gehen.
„Was hast du vor?“
„Du hast gesagt, er hat das Dokument?!“ Ariel klang ruhig, sie habe sich wieder gefangen; so als hätte es ihren kurzen Zusammenbruch nie gegeben.
Belustigt stellte Simon fest, dass der Zauber trotzdem geblieben war. Unter der obersten, autoritären Schicht versteckte sich das junge, unschuldige Mädchen. Ariel, nicht Bella Leone.
Er beobachtete wie Ariel Ceres Taschen leerte und sich schließlich mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck zu ihm umdrehte. „Nichts!“
Simon trat näher, obwohl er wusste, dass er dort nichts finden würde, nichts finden konnte. Scheinbar angespannt durchblätterte er alle Zettel, die Ceres in der Tasche
Weitere Kostenlose Bücher