Satanskuss (German Edition)
abwarten und die Regeln beschützen, so wie der Wächter es immer tat.
Andros überlegte einen Moment lang, ob er Ariels Aura freigeben sollte. Aber es war zu früh, es gab noch zuviel vorzubereiten. – Und es würde ihm den ganzen Spaß verderben, wenn Simon zu früh auftauchte. Einen Helden konnte er nicht gebrauchen.
Plötzlich war sich der feminine Dämon sicher, dass Simon tatsächlich als Retter auftauchen würde, weil er Ariel nicht opfern konnte und würde. Es würde an Andros hängen bleiben, eine Entscheidung zu treffen. – Und eine befriedigende Lösung war fast zu einfach.
Geräusche schreckten Ariel hoch, für einen Moment fragte sie sich verwirrt, bei welcher Minutenzahl sie angelangt war, und kam zu dem Schluss, dass sie trotz der Schmerzen in ihren Glieder kurz eingeschlafen sein musste. – Oder lang?
Durch die anhaltende Übelkeit fehlte der Novizin jegliches Zeitgefühl, ihre Zunge war mit einem ekeligen Belag belegt, der jedes Schlucken zu einer Qual werden ließ, zu einem Akt der Selbstbeherrschung.
Unglaublicher Durst lähmte Ariels Gedanken und ließ sie nur noch an Wasser denken. Das dreckige Tuch hatte ihre Zunge ausgetrocknet, ließ sie heiß und geschwollen anfühlen. Selbst die Luft in dem kleinen Raum schien heiß, drückend und stickig zu sein, jeder Atemzug wärmer, als der davor.
Grob wurde die junge Frau auf ihre tauben Beine gerissen, wieder von zu vielen Händen, wieder in völliger Sprachlosigkeit. Ariel wünschte sich, jemand würde etwas sagen, oder es ihr erlauben. Reden war immer gut. Durch Reden konnte sie sich in die Freiheit reden, die Menschen ablenken und sie manipulieren.
Plötzlich wurde Ariel bewusst, dass sie sterben würde. Einfach so. Niemand würde ihr erklären wieso oder warum, ihr Leben würde enden. Undramatisch und schicksalhaft, ohne dass sie selbst die Chance erhalten würde, etwas daran zu ändern.
Sie hatte immer gehofft, dass ihr Leben einen tieferen Sinn haben würde. Jetzt kam ihr Zweifel.
Ariel gab einen wütenden Laut von sich, als die nächste Erkenntnis kam: Es gab niemanden, der sie liebte, für den sie lebte – oder jemanden, der für sie lebte. Niemanden, dem sie fehlen würde – sie würde einfach weg sein. So als hättest du nie existiert!
Kräftige Hände packten die junge Frau und zerrten sie weiter. Ariel versuchte sich nicht zu wehren, den Händen keinen Grund zu geben, grob zu sein und ihr weh zu tun. Trotzdem ließ der Griff nicht nach, die Aufmerksamkeit der Handbesitzer schien sich weiterhin allein auf Ariel zu richten.
Die Novizin konnte spüren, wie sie aus der Haustür gebracht wurde, in die Kälte; die Stufen hinab, auf denen sie in einem anderen Leben Ruhe gesucht hatte.
Rüde wurde sie hochgehoben und vorwärts geschupst, so dass sie fiel. Unsanft und nahezu ungebremst schlug sie mit dem Kopf auf. Die Schmerzen implodierten hinter ihren Schläfen und hinter ihren Augen in einem weißen Geflecht, in dessen Mitte Blut zu pulsieren schien. Zusammen mit dem Blutgeschmack in ihrem Mund, weil sie sich beim Aufprall eine Wunde in die Innenseite ihrer Wange gebissen hatten, bildete das rhythmische Klopfen ein Kaleidoskop an Ekel und Schmerzen, welches sie benommen machte. Der metallische Geschmack breitete sich warm in ihr aus, stieg als Geruch in ihre Nase und nur mühsam unterdrückte Ariel ein Würgen des Ekels.
Wieder wurde in ihr Bewusstsein gedrängt, dass sie sterben würde, dass ihr Zustand, den Menschen in deren Gewalt sie sich befand, egal war.
Der Boden unter ihr geriet rumpelnd in Bewegung und Ariel begriff, dass sie sich in einer Kutsche befand. Verbissen versuchte sie ihre Benommenheit abzuschütteln, das Pochen und den Geschmack zu ignorieren und sich den Weg zu konzentrieren, jede Abbiegung und die ungefähre Länge jeder Strecke. Doch die Schwere hinter ihren Schläfen nahm zu, das Klopfen wurde stärker.
Ariel versuchte regelmäßig und bewusst zu atmen, sich auf den Ekel zu konzentrieren und auf die Schmerzen. Jeder Zentimeter ihres Körpers schmerzte von der Position, in die die schneidenden Fesseln sie zwangen, doch es reichte nicht.
Die Novizin wurde von Berührungen geweckt, Hände an ihren Beinen, Hände auf ihrer Haut und an den Fesseln. Für eine Sekunde war der Druck der Hanffessel an ihren Fußgelenken unerträglich, raubte ihr beinahe wieder die Luft zum Atmen und ließ die Schmerzen hinter ihren Augen erneut aufgleißen. Dann war der Druck verschwunden.
Plötzlich schoss das
Weitere Kostenlose Bücher