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Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition)

Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition)

Titel: Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacek Dehnel
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bevor er etwas sagen konnte. Ich ging ins Zimmer zurück und versuchte mich wieder an die Arbeit zu machen, aber ich merkte, solange ich den Sekretär nicht wieder verschließen und bedecken würde, ließe mich die Unordnung nicht malen. Auf der aufgeklappten Platte lagen nur noch die restlichen Dinge, die zuvor in dem Versteck verborgen gewesen waren: die schwarze Schleife und das leere, mehrmals gefaltete Papier. Ich faltete es auf – und heraus fiel eine dunkle Haarsträhne mit grauen Streifen; welch erbärmliche Sentimentalität eines alten Knackers … Ob er die Schleife wohl ebenfalls seinem Gespielen geklaut hatte, als ewiges Andenken? Nein, das war ja eines der Bänder der Herzogin von ihrem schwarzen Porträt!
    Da sah ich, dass auf dem Papier, in der Mitte, wie in einer offenen Hand, dort, wo die zusammengerollte Strähne gelegen hatte, zwei kurze Wörter standen, von Vaters Hand geschrieben: La Pepa .

Javier spricht
    Ich warf mich aufs Bett, wie ich war, in Kleidern. Und in Kleidern stand ich wieder auf, ich weiß nicht, nach wie vielen Stunden – jedenfalls war es schon dunkel; wie damals, vor Jahren, hatte ich dieses Bild vor Augen, den Koloss, in den kleinsten Einzelheiten. Ich spülte nicht einmal den Mund aus, sondern ging schnurstracks in den Saal im Parterre; vor einer dümmlichen Szene mit einem tanzenden Bauern blieb ich stehen. Ich zündete eine Kerze an, stellte die Leiter auf, mischte die Farben. Jeder weiße Fleck und jeder breite Streifen Schwarz legte sich genau an die Stellen, wo ich es wollte, und bedeckte die Berge, die erhobenen Beine und Arme, Himmel, Gras, die ganze blaugrüne, dämliche Idylle, in der ein Mann nicht zerstört, nicht verschlingt, nicht vergewaltigt, nicht unterdrückt, sondern hüpft, mit einem Lächeln auf der primitiven Fresse. Die Feinheiten des Halbschattens ließ ich für später, vorläufig schöpfte ich mit breiten Pinseln aus zwei Kübeln und warf dicke Schichten von Licht und Dunkelheit auf die Wand: uralte Finsternis, aus der, von einem grellen Lichtbündel hervorgeholt, ein hungriger Körper tritt.

XXXVIII
    Saturn
    Was gibt es Größeres auf der Welt als deinen Appetit? Sechs hast du schon gefressen, jetzt verschlingst du das siebte; von Zeit zu Zeit unterbrichst du das Kauen (in der unendlichen Finsternis hallt noch lange das Echo der knirschenden Knochen des Unterarms, die wie Stäbchen in der riesigen Höhle deines Rachens rasseln, des Speichels und des Blutes, die sich eimerweise über die bewegliche Zunge ergießen), du spuckst, rülpst und schimpfst auf den kopflosen Körper, den du mit den muskulösen Fingern so zerquetschst, dass deine Knöchel weiß werden und die Kinderhaut platzt und unter ihr dickes, helles Blut herausspritzt: »Du Tolpatsch, Trottel, Dreckspatz, Trantüte«, sagst du, »du Faulpelz, Arschkriecher, Schmarotzer, du impotenter Lahmarsch, du Schwächling, Mimose, Amöbe«, sagst du, »du Irrtum, du Weichling, du Versager.« Du röchelst und spuckst und beißt wieder zu, bis zum Ellbogen, zerrst mit den Zähnen an den Fleischresten, den Sehnen, Hautfetzen. »Schau, wie fett du geworden bist, wie ein Weib siehst du aus, schau dir deinen dicken Arsch an, ein Hintern wie bei einem Weibsbild, und zwar einem von der üppigeren Sorte, wehr dich doch, strampel! Nichts machst du, die Beine hängen herunter, Arme hast du nicht mehr, einen Kopf hast du nicht mehr, womit wirst du dich jetzt vollfressen, du Leckermaul? Sei ein Mann! Sei doch ein Mann!«

Und du bebst am ganzen Leib, sabberst, schüttelst mich, bis ich mit den Füßen an deinen riesigen, aufgerichteten Knüppel stoße. Je mehr du frisst, desto mehr steht er dir, gegen die ganze Welt, gegen die ganze Finsternis, die du unterdrücken und besitzen wirst, unterwerfen und verschlingen. Alle wirst du durchvögeln, Frauen, Männer, ohne Ausnahme, dein Samen ist wie ein Tropfen Säure zum Ätzen der Kupferplatten, wo er hinfällt, frisst er sich tief ein; danach haust du noch zwei Porträts hin, kaufst ein Stück Land, verschlingst ein viergängiges Mittagessen, erlegst ein paar Rebhühner und einen Hasen, machst eine elegante Radierung für die Caprichos , walkst das Zimmermädchen durch und gleich darauf die Schwarzhaarige vom Gasthaus, die dir als Heilige Jungfrau Modell gestanden hat – Moment, du verdeckst nur schnell das Bildchen der Gottesmutter von Saragossa mit einem Lappen, trinkst auf dem Weg noch ein Tässchen Schokolade und skizzierst den Kopf eines Perlhuhns für ein

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