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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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dazu.«
    Den Jungen! Ich atmete erleichtert auf. Jetzt kam der Macher, jetzt ging’s weiter. Eine knappe halbe Stunde noch, und meine Füße würden sich daran erinnern, daß sie einmal zu mir gehört hatten. Der Alte schlurfte jetzt zum Schweinestall hinüber, was allein schon eine Ewigkeit in Anspruch nahm. Dann dauerte es noch dreimal so lange, bis sich dort etwas tat. Jemand kam aus dem Stall heraus, stracks auf uns zu.
    Das war der Junge. Der Junge mußte schlappe fünfundsechzig sein.
    »Festgefahr’n« sagte er zur Begrüßung. Offensichtlich war das eine Art Stichwort Parole Festgefahr’n.
    »Drüben am Hittenkamp«, bestätigte mein Schwiegervater. »Schitt Untergrund derzeit. Wir haben schon alles versucht. Kannst du uns mal eben mit dem Trecker rausziehen?«
    »Mal eben«, grunzte der Junior-Bauer. »Mensch, ich bin im Schweinestall zugange.« Der Mann zeigte auf seine Arbeitskleidung, die wahrlich nicht auf einen Sonntag hindeutete. »Eine Sau hat geferkelt vorhin. Gut, die Jungen sind raus, aber ob ich die jetzt schon alleine lassen kann? Du weißt ja, wie’s ist. Wenn die Alte an die Kleinen geht dann kann das böse enden.«
    »Jau, jau«, sagte mein Schwiegervater aus einer Mischung aus Volksnähe und Verständnis heraus. »Ist der Junior nicht zu Hause? Dauert ja nicht lange.«
    Aha, es gab also noch einen Junior. Das war ja wie bei den russischen Babuschka-Puppen hier auf dem Hof. Schon dachte man, man sei am Ende der Generationenfolge angelangt kletterte auch schon ein jüngeres Exemplar aus dem Schweinestall. Und ich hätte einen Hunderter darauf gewettet daß alle gleich hießen, nämlich Hubbert. »Der ist ja mit dabei, der Hubbert«, erklärte unser Gegenüber folgerichtig. »Der steht noch drüben im Stall.« Dann erbarmte er sich. »Gut, ich will mal gucken, ob er alleine klarkommt. Aber nur, weil du es bist, Hans.« Der Bauer sah meinem Schwiegervater fest in die Augen.
    Der Angesprochene hob dankend die Hände in die Höhe. »Ich weiß es zu schätzen«, sagte er, »soll auch so schnell nicht wieder vorkommen.«
    Kurz drauf erschien die nächste Generation in der Stalltür. Hubbert, der Dritte, war um die Vierzig, trug einen beigefarbenen Cordhut und nickte unfreundlich zu uns herüber. Wie auch immer. Zehn Minuten später saß ich in zwei Metern Höhe auf dem Traktorbeifahrersitz, neben meinen Schwiegervater gequetscht, der sich bei dem Lärm ernsthaft mit Bauer Vedder-Maas, dem vorläufig Mittleren, zu unterhalten versuchte.
    »Verdammte Kiste, die hier gestern passiert ist, woll?« brüllte er dem Bauern ins Ohr. »Ich meine, mit dem Waltermann das.«
    »Ich sag’s ja immer«, brüllte Vedder zurück, »diese Tierfanatiker, die bringen uns noch alle ins Grab.«
    »Meinst du wirklich, die waren das?«
    »Ja, wer denn sonst?« Vedder gab sich überrascht. »Die haben doch da am Hochsitz rumgemacht. Der Waltermann hat die erwischt. Ist doch ein ganz klarer Fall.«
    »Nu ja«, warf mein Schwiegervater vorsichtig ein, »Waltermann hat ja wahrlich noch andere Feinde gehabt. Du kennst ihn doch selbst. Wenn mich nicht alles täuscht, hattet ihr selber mal Ärger mit ihm.«
    »Der Junge eher«, sagte Vedder-Maas klassischerweise. Er mußte seinen Sohn meinen, den mit dem Cordhut, der noch im Stall herumwuselte. »Wegen des Wildschadens – du weißt ja davon.«
    »Ich hab’ mitgekriegt, wie sich die beiden deshalb im Agro-Markt gestritten haben. Der Hubbert war ganz schön in Rage.«
    »So ist er halt, der Junge, etwas aufbrausend manchmal. Und ich sag’ dir, der wird auch heute noch fuchsig, wenn er nur an Waltermann denkt. Ich hab’ damals gesagt: Laß gut sein, Junge! 1800 Euro hat Waltermann bezahlt. Viel mehr hätte uns der Gutachter auch nicht zugebilligt. War auch nicht ganz geschickt, da oben Weizen einzusäen. Bei dem Wildschweinbestand, den wir derzeit haben. Aber manchmal will der Junge eben mit dem Kopf durch die Wand. Zwei Hektar Schaden sind zwei Hektar Schaden, hat er gemein. Und überhaupt – die Art und Weise, wie der Waltermann aufträte, das war’ das letzte unter Jägern.«
    »Hat er ihn angezeigt?«
    Wir fuhren über einen Huckel, was die an sich schon holprige Treckerfahrt noch ein bißchen kirmesartiger gestaltete. Selbst Vedder-Maas wartete einen Augenblick, bevor er antwortete.
    »Du weißt doch selber, wie das ist Hans. Wenn man das nicht rechtzeitig meldet, dann hat man nachher keinen Anspruch. Insofern war das schon eine Sauerei mit dem Waltermann. Erst sagen,

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