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Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Blum
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darauf. Er ließ wieder seine Taschenlampe aufblitzen, und als nun das erste Sonnenlicht durch die Blätter drang, begriff Kim, wohin er wollte. Er ging zu Haderers Haus auf Rädern, zu dem Feld mit den bitteren Pflanzen, wo sie Emma und die anderen wilden Schwarzen gesehen hatte.
    Die Vögel sangen um die Wette – so hell und klar hatte Kim sie noch nie gehört. Für einen Moment genoss sie die Morgenmusik und vergaß beinahe, dass ein Strick um ihren Hals hing und Kroll sie vermutlich irgendwo im Wald umbringen wollte. Sangen die Vögel immer so schön, oder taten sie das ihr zu Ehren, weil sie wussten, was Kroll mit ihr vorhatte?
    Als sie auf die Lichtung in der Nähe von Haderers Hütte gelangten, war es bereits so hell, dass man einzelne Bäume und Büsche ausmachen konnte. Kim hob ihren Rüssel in den Wind; zuerst roch sie es, dann sah sie es. Die bitteren Pflanzen waren nicht mehr da, alles war abgemäht worden. Etwa hundert Schritte entfernt, neben Haderers Hütte stand ein Wagen, nicht der weiße mit den eingeschalteten Scheinwerfern, mit dem Kroll sonst herumfuhr. Aber anscheinend gehörte dieses silberfarbene Auto mit einem schwarzen Dach auch ihm. Jedenfalls warf er einen stolzen Blick hinüber.
    »Ja, mein Schweinchen Schlau«, sagte Kroll und lächelte Kim höhnisch an. »Hier ist für dich Endstation.« Er wirkte nun deutlich zufriedener, während er ihren Strick an einer strammen Buche festband.
    Ratlos stand Kim da und beobachtete, wie er sich ein Stück entfernte, allerdings nicht auf Haderers Hütte zu. Über ihr sang ein einzelner Vogel – oder war das ein Alarmruf, weil auch er Angst hatte?
    Als Kroll ihr den Rücken zukehrte, bemerkte Kim, dass sie sich die ganze Zeit getäuscht hatte. Er trug keinen Stock auf dem Rücken. Nein, wenn sie sich nicht völlig täuschte, war es ein Gewehr, das da baumelte. Mit genau so einer schrecklichen Waffe hatte Kaltmann auf sie und Lunke gezielt und geschossen.
    Kim spürte, wie ihr Herz noch heftiger schlug. Sie stand da und zerrte an ihrem Strick, aber um sich zu befreien, hätte sie schon den riesigen Baum ausreißen müssen.
    Nach etwa zwanzig Schritten drehte Kroll sich um. Er schaute sie forschend an, und sein Schnauzbart tanzte wieder auf und ab. Er lächelte höhnisch, dann nahm er langsam, als hätte er alle Zeit der Welt, das Gewehr von der Schulter.
    Kim wandte den Kopf. Sie begann ganz gegen ihren Willen zu zittern. Ihr Herz rumpelte immer lauter. So ist das also, ging es ihr durch den Kopf, wenn man umgebracht wird. Wie viele von ihren Artgenossen hatten das schon erlebt! Angstwellen jagten durch den Körper, von vorne nach hinten und wieder zurück. Man fing an zu hecheln, bekam kaum noch Luft, und am liebsten hätte man so laut geschrien, dass der Himmel eingestürzt wäre. Na ja, irgendwie würde der Himmel auch einstürzen, zwar nicht für die anderen, aber für einen selbst, wenn man seinen letzten Atemzug tat.
    Sie meinte auf einmal zu wissen, dass Kroll der Mörder von Munk, Haderer und Altschneider war, und nun würde er seine Waffe auf sie richten, und sie konnte nichts anderes tun, als ängstlich zu grunzen.
    Verstohlen spähte sie zu ihm hinüber. Das Gewehr war auf sie gerichtet; ein schwarzes Auge, das sie anblickte, dahinter Kroll, angespannt und vollkommen erstarrt.
    Furchtsam senkte Kim den Blick. Wenigstens würde sie nicht in einem kalten Schlachthaus sterben, sondern mitten im Wald. Vielleicht war das ein Trost.
    Über ihr sangen noch immer die Vögel, und die Sonnenstrahlen schienen leise über die Blätter zu streichen. Eigentlich ein wundervoller Sommermorgen! Man hätte auch etwas anderes tun können als sterben.
    Was hatte Doktor Pik von der Seele erzählt, die jedem Lebewesen inne war? Sie sei eine reine weiße Feder, die nach dem Tod auf Wanderschaft gehe? Na, dachte Kim, dann viel Spaß, liebe Seele. Ich hoffe, dass du dich nicht schmutzig machst und hoch hinauffliegst.
    Während sie eine weiße schwebende Feder vor sich sah, die trudelnd ihren Weg suchte, spürte sie, dass sich ihr Darm mit einem lauten, platschenden Geräusch entleerte, und dann ließ unvermittelt ein anderes Geräusch die Bäume in ihrer Umgebung erzittern. Es war ein dumpfes Dröhnen, das zunehmend schriller wurde. Kim hob mit einem Ruck den Kopf. Kroll, dieser widerwärtige Mensch, stand mit dem Gewehr in der Hand da und lachte, laut und dröhnend.
    »Na, dummes Schweinchen«, rief er mit scheinbar einschmeichelnder Stimme, »fühlst du dich nicht

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