Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
wenig beeinträchtigen.«
»Ich soll in diesem Aufzug Auto fahren?« Dörthe deutete auf ihren Bademantel.
»Ist doch perfekt – die unglückliche Hinterbliebene, die sich betrunken hat und dann im Bademantel ins Auto steigt und tödlich verunglückt.« Ebersbach deutete mit einem auffordernden Nicken auf die Flasche. »Und nun trinken Sie!«
Dörthe nahm die Flasche und setzte sie tatsächlich an die Lippen. Der Geruch von Alkohol breitete sich rasend schnell im Stall aus. Widerwärtiges Zeug, fand Kim. Sie hatte immer noch keine Ahnung, was sie unternehmen sollte. Ebersbach angreifen? Ein Angriff würde allerdings nur gelingen, wenn Che und Brunst ihr helfen würden. Ansonsten hätte sie schnell eine Kugel im Leib. Sie grunzte vernehmlich, versuchte die beiden auf sich aufmerksam zu machen, aber die einzige Reaktion von Che war ein schnelles Blinzeln. Brunst lag unbewegt da, selbst sein ewig mahlender Kiefer rührte sich nicht.
Dörthe setzte die Flasche ab und rang nach Luft. »Sie können nicht ernsthaft glauben, dass Sie damit durchkommen«, keuchte sie und schüttelte sich. Dann strich sie sich mit einer instinktiven Bewegung über den Bauch. Das Kind, fiel Kim ein, sie bekommt ein Kind, und wenn ihr etwas passiert, dann wird auch das Kind darunter leiden.
Ebersbach nahm ihr den Whisky mit einem groben Griff ab und betrachtete die Flasche argwöhnisch. »Mehr! Sie müssen noch mehr trinken!«, befahl er.
Dörthe führte die Flasche erneut widerwillig an die Lippen, die Metallreifen an ihren Händen schlugen gegeneinander. Während sie trank, zog Ebersbach das Gatter auf.
»Ich glaube, Sie haben eine echte Pechsträhne, Frau Miller«, sagte er und lachte in einem hässlichen Tonfall auf. Dann riss er ihr die Flasche aus der Hand, warf einen Blick auf den Inhalt und brummte: »Schon besser!«
Dörthe wischte sich mit den gefesselten Händen über den Mund. Ihre Augen waren plötzlich glasig, sie begann zu husten und krümmte sich. Irgendwie sah sie nicht mehr aus, als würde sie sich wehren können. »Ich muss noch etwas sagen«, presste sie hervor. Wieder strich sie sich über den Bauch. »Ich bin …«
»Den Rest trinken Sie im Auto«, unterbrach Ebersbach sie. Er steckte die Flasche hastig ein. Dann machte er eine scheinbar einladende Bewegung. »Wir nehmen den Schweineausgang – über die Wiese. Ladys first!«
Dörthe wäre beinahe über die Leiter gestolpert, die am Boden lag, als Ebersbach sie mit dem Licht der Taschenlampe an sich vorbeidirigierte.
Dieser widerwärtige Alkohol wirkte beinahe wie die bitteren Pflanzen, die sie mit Lunke gefressen hatte, stellte Kim erstaunt fest. Von einem Moment auf den anderen war Dörthe fahl und unsicher. Sie wankte an Kim vorüber, tätschelte ihr kurz den Kopf, ohne sie anzuschauen. Kim grunzte leise. Jetzt, dachte sie, jetzt war der Moment gekommen, Dörthe und das Kind zu retten und Ebersbach ins Bein zu beißen, so fest sie konnte, aber da war er auch schon neben ihr – mit der Waffe in der einen Hand. Er schnaufte und hinkte augenfällig, trotzdem hatte er genug Kraft, sie beiseitezuschieben.
Kim sah, wie Dörthe im Lichtschein aus dem Stall wankte, während sie in der Dunkelheit zurückblieb – unschlüssig und ratlos.
23
In ihrem Kopf erklang plötzlich eine Stimme, die sie an ihre Mutter erinnerte. Paula war gütig und verständnisvoll gewesen, aber sie hatte auch sehr bestimmend sein können. Schon früher hatte Kim diese strenge Stimme in ihrem Innern gelegentlich vernommen, und nie war es besonders angenehm gewesen. »Friss Doktor Pik nicht alles weg!«, hatte die Stimme gesagt. Oder: »Lieg nicht faul rum – sieh nach, ob die kleine Cecile keine Dummheiten macht!« Nie jedoch hatte die Stimme so dringlich geklungen. Doch, einmal schon, fiel Kim ein. Als der Transporter mit all den Schweinen umgestürzt war, hatte ihr die Stimme zugeraunt: »Lauf weg! Versteck dich!« Zum Glück hatte Kim auf die Stimme gehört und war davongelaufen und hatte sich in dem Gebüsch verkrochen, in dem Dörthe sie gefunden hatte.
»Tu etwas!«, sagte die Stimme nun. »Rette Dörthe und ihr Kind, wie sie dich einmal gerettet hat!«
Kim nickte. Ja, die Stimme hatte recht, aber wie sollte sie das anstellen?
Sie stand zurückgelassen in der Dunkelheit und blickte zu Che und Brunst hinüber, die sich leise regten, weil sie vor Anspannung ganz steif geworden waren.
»He!«, zischte sie ihnen zu. »Steht auf! Wir müssen Dörthe retten! Ich weiß, dass ihr
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