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Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Entscheidung gewesen – er hatte nichts als Schulden, aber eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen, die der holden Eveline ein schönes Leben bescheren sollte. Jedenfalls für ein paar Jahre.« Wenzels Stimme war nicht frei von einer gewissen Häme. Er hatte solche Probleme nicht: Sein Freund war Unternehmensberater und verdiente mehr als er.
    »Ein Auftragsmord?« fragte Eva Daun.
    »Traust du das unserer schönen Witwe zu?« Manfred zog ironisch die Augenbrauen hoch.
    »Natürlich. Du nicht?« Eva Daun mochte Czernos Luxusweib genausowenig wie Karen Eveline ausstehen konnte. Allein der Name!
    »Schon – aber sie hat für die mutmaßliche Tatzeit ein Alibi. Kosmetikbehandlung mit anschließender Pediküre.« Wenzel machte beim »ü« einen Kußmund.
    »Was ist mit der Putzfrau, die ihn gefunden hat?« Eva Daun beugte sich vor. Der Mörder ist immer der Gärtner, dachte Karen spöttisch.
    »Eine Frau namens Hatice Cebe, Türkin. Beschäftigte bei der Pollux Facility Management GmbH. Sie hat gesehen, wie Will Bastian neben dem Toten stand.«
    »Der war’s«, sagte H 2 O unvermittelt.
    »Wieso sollte er?« Manfred Wenzel lächelte H 2 O milde zu. Karen wünschte, sie könnte mit der abteilungseigenen Nervensäge ebenso gelassen umgehen. »Der Mann sagt aus, daß er dem toten Freund zum Abschied die Wange gestreichelt habe, bevor er Alarm schlagen wollte. Dem kann man wenig entgegenhalten. Zumal ein Motiv weit und breit nicht in Sicht ist.«
    Karen spürte, wie sich ein Gedanke aus der Tiefe der Erinnerung hervorarbeiten wollte bis in ihren Arbeitsspeicher. Aber der Groschen fiel erst mitten in der Pressekonferenz.
    Seltamerweise beim Anblick von Niels Keller, der in der ersten Reihe saß und sie fett angrinste.
    Saitz. Und Czerno. Und ein Mann namens Will Bastian. Und – die Firma Pollux. Die putzte auch im Bankhaus Löwe. Karen merkte gar nicht, daß sie Löcher in die Luft starrte, bis Wenzel sie leise anstupste. »Mund zu«, flüsterte er.
    Dann war die Pressekonferenz zu Ende.
    Karen ging leicht benommen in ihr Büro zurück. Vielleicht war an der Sache Saitz mehr dran, als sie vermutet hatte.
    Das Telefon klingelte. Das »Ja«, das sie in den Hörer bellte, mußte abschreckend geklungen haben, Gunter jedenfalls wirkte fast kleinlaut.
    »Ich bin morgen mittag um 14.10 Uhr da, Flug LH 433 aus Chicago. Holst du mich ab? Oder – willst du mich nicht mehr sehen?«
    Was für eine Frage! Gewollt hätte sie schon. Aber diesmal hatte sie keine Zeit.

8
    Dalia wartete darauf, daß die Bombe endlich hochging. Das war der Grund für ihre Unruhe, nicht der Frühling, der Wotan weit mehr interessierte als sie. Sie lief ihm hinterher, während er durch den Grüneburgpark pflügte, als ob er sich um die Schlittenhundlizenz bewarb. Etwas anderes wußte sie nicht mit sich anzufangen: Heute war ihr freier Tag, und leider gab es sonst nichts, was sie von ihren Gedanken ablenkte.
    Was sollte sie tun? Sie war die einzige, die den Tod des Bankers mit dem Tod des Staatsanwalts in Verbindung bringen konnte. Der Staatsanwalt war nicht an einem Herzinfarkt gestorben. Dem hatte jemand nachgeholfen. Vielleicht galt das auch für Saitz? Neben beiden hatte ein Amulett gelegen – eine Art Davidstern, wenn auch nur mit fünf statt sechs Zacken. Aber das erste hatte sie eingesteckt. Sie hatte eine entscheidende Spur verwischt.
    Und – was wäre, wenn sie dem Mörder begegnet war?
    Sie mußte zur Polizei gehen.
    Sie wollte ums Verrecken nicht zur Polizei gehen.
    Sie hatte den Mann nur eine Schrecksekunde lang gesehen, wie er in der Tür zum Zimmer von Thomas Czernowitz stand, aber sein Gesicht konnte sie noch immer abrufen: große graublaue Augen, eine Boxernase, scharfe Linien zwischen Nasenflügeln und Mundwinkeln. Dichte dunkle Haare. Ein interessantes Gesicht. Pech, daß Hatice ihn erwischt hatte, wie er über der Leiche stand. »Wie eine Vaaampir«, hatte sie atemlos berichtet und sich theatralisch geschüttelt. Die Polizei hatte den Mann mitgenommen. Stand er unter Verdacht?
    Der Staatsanwalt war noch nicht lange tot gewesen, er hatte sich noch warm angefühlt. Schon deshalb hatte sie nicht diejenige sein wollen, die ihn fand – den zweiten Toten in so kurzer Zeit. Aber – wenn der Mann mit den grauen Augen unter Tatverdacht stand, hätte er dann nicht von der Frau erzählt, die ihm aus dem Zimmer des Toten entgegengekommen war? Sein Alibi, sozusagen? Eine Frau, deren Beschreibung denkbar einfach war – »ich hätte sie fast

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