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Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Botschaften per Handy verschicken konnten, hatte Gunter mal gesagt: Politiker und Verliebte.
     
    In der Abteilung II hatte niemand etwas dagegen, daß sie nach Verbindungen zwischen der Sache Saitz und der Sache Czernowitz suchte. Es hatte sowieso niemand etwas dagegen, wenn jemand sich Arbeit machte, die jeder andere gern vermieden hätte. Sie arbeiteten alle zuviel, das galt sogar für den nicht übermäßig fleißigen Kollegen H 2 O. Das einzige Problem lag, wie immer, bei den ausführenden Organen.
    Wenn sie es sich hätte aussuchen können, hätte sie nicht ausgerechnet mit Deitmer und Gieseking zusammengearbeitet. Die beiden waren bekannt für ihren Hang zur Obstruktion – der ganz besonders dann zum Tragen kam, wenn sie glaubten, einem jungen und ihrer Meinung nach übereifrigen Staatsanwalt zeigen zu müssen, wo der Hammer hängt. Noch schlimmer wurde es, wenn der Staatsanwalt eine Staatsanwältin war. Und ganz furchtbar, wenn es sich dabei um Karen Stark handelte.
    Der Konflikt war uralt. Die Staatsanwaltschaft war nach deutschem Recht zwar die Herrin des Verfahrens und konnte daher darüber bestimmen, was und wie ermittelt wurde. Aber die Polizei hatte sich schon immer überlegen gefühlt, beherrschte sie doch das praktische Instrumentarium der Ermittlungsarbeit, von der Vernehmungstechnik bis zur Spurensicherung und -auswertung. Deitmer hatte sie das stets spüren lassen. Einmal, als blutige Anfängerin, hatte sie versucht, Einfluß zu nehmen und auf Kollegen bestanden, mit denen sie konnte. Sie hatte auf Granit gebissen. Natürlich ließ sich die Polizei nicht in ihre interne Aufgabenverteilung reinreden. Von niemandem. Erst recht nicht von ihr.
    Seufzend griff Karen zum Hörer und machte Deitmer klar, was sie von ihm wollte. Er sträubte sich diesmal nur etwa zehn Minuten lang. Das ließ hoffen.

11
    Die beiden Männer lächelten verbindlich, als Will die Wohnungstür öffnete. Der eine war vielleicht in Wills Alter, der andere mit den kurzen blonden Haaren, der sich hinter seinem Kollegen hielt, wirkte wesentlich jünger. »Kriminaloberkommissar Deitmer«, sagte der Ältere und hielt ihm einen Ausweis hin. »Und das ist mein Kollege Gieseking. Dürfen wir reinkommen?«
    Will erinnerte sich vage daran, daß niemand die Polizei in seine Wohnung lassen mußte, wenn sie nicht einen entsprechenden Schrieb vorlegen konnte.
    »Worum geht’s?« fragte er zurück, obwohl er es sich denken konnte. Hinter ihm klappte eine Tür. Bleib, wo du bist, Karl, dachte Will hilflos.
    »Wenn es die Zeugen Jehovas sind, dann sag ihnen, wir glauben nix«, brummelte Karl, drängte sich an Will vorbei und riß die Wohnungstür weit auf.
    Deitmer hielt ihm seinen Ausweis hin wie dem Teufel das Kruzifix und wiederholte sein Sprüchlein.
    »Na, dann kommen Sie doch rein!« rief Karl mit der Bonhommie des guten Staatsbürgers, der sich keiner Schuld bewußt ist – aber man weiß ja nie … »Hab ich was verbrochen?«
    Er streckte dem Kripomann die Hand hin und sagte: »Karl Bastian.«
    Der schüttelte die dargebotene Hand und lächelte wieder. »Es geht um Ihren Sohn, Herr Bastian.«
    »Um Willi?« Karl blickte ihn scharf an. Will spürte Karls Gedanken wie ein Seebeben. Die Intimität der letzten Tage war in Sekunden fortgespült, das alte Mißtrauen wieder hell erwacht. Willi Bastian hat Mist gebaut, dachte der Alte. Wie immer. Der Nichtsnutz. Was war von ihm auch anderes zu erwarten.
    »Laß mal, Vater, ich …«
    »Es geht nur um eine Zeugenaussage Ihres Sohnes, Herr Bastian«, sagte der jüngere der beiden Kripoleute zuckersüß.
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Im Mordfall Thomas Czernowitz.«
    »Mord?« Karls Gesicht wurde rot. Er sah Will anklagend an.
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen, es dir zu sagen«, murmelte Will kleinlaut und fühlte sich wie ein Zwölfjähriger.
    »Vielleicht – wenn wir mit Ihrem Sohn allein sprechen dürften?« Deitmer klang ganz sanft. Aber Karl schien zu spüren, daß diese Sanftheit trügerisch war, und zog sich murmelnd in sein Zimmer zurück.
    Will führte die Männer in die Küche. Den Kaffee tranken beide schwarz.
    Gieseking nahm umständlich seine Personalien auf, bevor Deitmer die erste Frage stellte.
    »Ist Ihnen etwas aufgefallen, als Sie Ihren Freund Thomas Czernowitz tot auffanden?«
    Etwas aufgefallen. Na klar. »Nein«, sagte Will.
    »Ist Ihnen jemand begegnet?«
    »Nein.« Die Antwort kam zu schnell, Gieseking jedenfalls schaute wie ein witternder Fuchs von seinem Notizheft

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