Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
Vom Netzwerk:
auf.
    »Auch nicht …« Gieseking blätterte zurück. »Jemand von den Putzfrauen?«
    »Sicher«, sagte Will. Da war der Mann mit den Müllsäcken gewesen. Und …
    »Zum Beispiel Frau Hatice Cebe?«
    »Wenn das die war, die mich bei dem Toten gefunden hat, dann ja.«
    Gieseking nickte. »Und – Frau Dalia Sonnenschein?«
    Das mußte sie sein, die kleine Prinzessin mit den Katzenaugen. Aber warum sollte er den Jungs das sagen? »Nicht, daß ich wüßte«, sagte Will. Gieseking blätterte weiter.
    »Sie waren auch mit Marcus Saitz befreundet, ist das richtig?« Deitmer beugte sich vor und musterte ihn, so, als ob diese Frage über sein Schicksal entscheide.
    »Ja, das stimmt.«
    »Wußten Sie, daß Marcus Saitz auf die gleiche Weise zu Tode gekommen ist wie Thomas Czernowitz? Daß er erwürgt wurde?«
    »Nein.« Will räusperte sich. Aber ich habe es befürchtet. Verdammt, wir alle haben es befürchtet. Er spürte seine Magenwände flattern. Max’ Panik war offenbar gerechtfertigt: Zwei der Freunde waren ermordet worden – und die Frage, wer der nächste sein würde, wurde langsam existenziell. Will hätschelte für einen Moment das selbstmitleidige Gefühl, daß es für ihn und seine Umwelt ziemlich egal war, ob er lebte oder tot war. Aber zugleich wußte er, daß er leben wollte – unter fast allen Umständen.
    »Was könnte die beiden Mordfälle miteinander verbinden?« Deitmer stellte die Frage in den Raum, als ob er keine Antwort erwartete. Will hob die Schultern und ließ sie wieder fallen.
    »Wußten Sie, daß es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist im Bankhaus Löwe? Bei Marcus Saitz? Und daß unser Staatsanwalt pleite war?«
    Will schüttelte den Kopf.
    »Ein Kopfschütteln kann ich nicht mitschreiben, Herr Bastian«, sagte Gieseking mit mildem Tadel in der Stimme. »Also …?«
    »Nein.«
    »Aber Sie sind doch befreundet gewesen!« Deitmer hatte eine Zigarettenschachtel aus der Jacke geholt und spielte damit. »Redet man da nicht über so was?«
    »Nein.« Jedenfalls nicht mit mir, dachte Will. Und geraucht wird nur auf dem Balkon. Aber Deitmer steckte die Zigarettenschachtel wieder ein.
    Irgendwann sahen sich die beiden Kripomänner an. Gieseking nickte. Deitmer seufzte auf und fragte schließlich in fast resigniertem Ton, ob Will sich irgendeinen Grund vorstellen könne, warum jemand die beiden hätte umbringen wollen. »Wir gehen von einem einzigen Täter aus auf Grund der Mordmethode – aber, wer weiß, vielleicht sind es ja doch zwei unzusammenhängende Fälle, und wir haben es mit einem bloßen Zufall zu tun.«
    Zufall? Will glaubte dem Mann kein Wort. Er schüttelte den Kopf.
    Deitmer seufzte wieder, stand auf und streckte ihm die Hand hin. »Wenn Ihnen doch noch was einfällt …«
    Klar fällt mir etwas ein, dachte Will. Es gibt etwas, das die beiden Morde verbindet, und es gibt jemanden, der Grund genug hat für Groll. Es gibt einen Zusammenhang zwischen uns allen. Der Zusammenhang heißt Tod und Schuld und Leo und liegt fünfundzwanzig Jahre zurück. Und es scheint, als ob die Vergangenheit wiederkehrt – seit Leo wieder im Lande ist.
    Falls er wieder im Lande war. Aber er zweifelte nicht mehr daran.

12
    Sobald die beiden gegangen waren, schoß Karl aus seinem Zimmer. Die Szene, die folgte, war kurz und intensiv und wie aus einem Sittengemälde der 80er Jahre. Karl scheute sich nicht, »Die Schande!« zu rufen und daß alle Nachbarn den Besuch der Polizei mitgekriegt haben müßten und daß sein Sohn – sein Sohn! – noch immer der alte Nichtsnutz sei, der er schon damals …
    »Ich bin als Zeuge vernommen worden, Vater«, sagte Will und versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Wo Rauch ist, ist auch Feuer!« Der Alte schreckte wirklich vor keinem Klischee zurück.
    »Vater – zwei Freunde sind tot und ich …«
    »Wer Freunde hat, die sich ermorden lassen, muß sich fragen, ob er den richtigen Umgang hat«, zischte Karl und verschwand wieder.
    Will ging in die Küche und räumte die Kaffeetassen in die Geschirrspülmaschine. Fünf Minuten später hörte er eine Zimmertür klappen, dann wurde die Wohnungstür aufgerissen und wieder zugeknallt. Dann endlich herrschte Ruhe.
    Will setzte sich an den Computer und versuchte sich zu konzentrieren. Seltsame Logik: Wer Freunde hat, die zum Mordopfer taugen, ja, wer selbst ein potentielles Opfer ist, der macht irgend etwas falsch im Leben. Aber vielleicht hatte der Alte ja recht? Er klickte die Telefonauskunft an und ließ nach Jenny Willard suchen, erst

Weitere Kostenlose Bücher