Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Spinner!«
»Ihr rennt ja wie Mädels!« (Diese Vorderfuß-Lauftechnik hat zugegebenermaßen etwas unmännlich Tänzelndes an sich.)
»Weiße Infanterie in Harlem!«
Wir laufen in den Central Park und einen sanft geschwungenen Hügel hinauf Richtung Wasserspeichersee. Irgendwann hole ich McDougall ein, und wir tänzeln einträchtig nebeneinander her.
»Guck mal«, sagt er, bleibt stehen und zeigt mir seine Fußsohlen. Sie sind rabenschwarz.
»Hast du keine Angst, in etwas reinzutreten?«, frage ich keuchend.
»Das macht mir nichts aus. Ich lebe auf dem Land, in Pennsylvania, da trete ich in alles Mögliche. Pferdeäpfel und was sonst so rumliegt. Mit der Zeit lernt man, scharfkantigen Sachen auszuweichen«, sagt er.
Ich bitte ihn um ein kleines Feedback hinsichtlich meines Laufstils.
»Du rennst ziemlich hackenlastig!«
Sprich: Ich setze zu hart auf den Fersen auf. Also versuche ich nun, mehr den Vorderfuß zu belasten. »So ist es besser«, sagt McDougall.
Ich erzähle ihm, dass ich manchmal auf dem Laufband im Fitness-Studio laufe. Mir schwant, dass er davon überhaupt nichts hält. Stimmt.
»Auf dem Laufband neigt man dazu, mit großen Schritten zu rennen«, sagt er. »Wenn du nur auf dem Laufband trainieren kannst, stell dich am besten ganz vorne hin, sodass deine Hüftknochen bei jedem Schritt das Geländer berühren. Erotische Phantasien kannst du dir sparen, lauf halt einfach los.« Er vollführt eine eindeutig zweideutige Bewegung. Kann schon sein, dass man dabei lasziv rüberkommt, sagt McDougall, aber immerhin macht man so kleinere Schritte.
Er trabt weiter, um einem anderen Läufer einen Tipp zu geben. Einige Minuten später – unser 60-köpfiger Pulk läuft immer noch durch den Central Park – kommt ein untersetzter Jogger direkt auf uns zu.
Er zieht eine Grimasse und versucht, sich einen Weg durch die lange Schlange teilweise barfüßiger Läufer zu bahnen.
»Platz da!«, brüllt er im Vorbeirennen.
»Menschenskind, ist der aber schlecht drauf«, sage ich.
»Bestimmt, weil er Schuhe anhat«, sagt eine Barfußläuferin.
Wir lachen.
»Wahrscheinlich sind sie ihm zu eng, deshalb ist er bis oben hin voll mit negativer Energie.«
»Klar, wie beim Grinch. Der trägt auch Schuhe, die ihm zwei Nummern zu klein sind«, ruft ein anderer Läufer.
Ich finde es toll, ein Insider zu sein, ein Mitglied der Schuhverweigerungsverschwörung. Diese ganzen Spießer in ihren Sportschuhgefängnissen … Aber die Freude am Laufen, von der McDougall erzählt hat? Ich verspüre sie nicht.
Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh’
Ein paar Wochen später lande ich schließlich in der Praxis von Dr. Krista Archer. Dr. Archer ist eine renommierte New Yorker Fußchirurgin mit schulterlangem blonden Haar. Sie ist oft im Frühstücksfernsehen zu sehen, etwa um ihren weiblichen Zuschauern zu erklären, wie sich Stiletto-bedingte Fußprobleme in Grenzen halten lassen.
Ich habe Dr. Archer aufgesucht, weil ich sie fragen will, wie ich meinen Füßen zu maximaler Gesundheit verhelfen kann – und weil ich neugierig auf den Standpunkt bin, den sie in der großen Barfuß-Debatte vertritt.
Was hält sie davon, ohne Schuhe Sport zu treiben?
»Nicht viel«, sagt sie. Und erklärt: Wenn Sie keinerlei Fußprobleme haben oder wenn Ihre Füße Wunderwerke biomechanischer Perfektion sind, können Sie durchaus auf Schuhe verzichten. Aber wenn Ihr natürlicher Gang auch nur die winzigste Eigenart aufweist – wenn Sie beispielsweise beim Auftreten zu weit innen oder außen abrollen – dann sollten Sie mit Sportschuhen laufen.
»Laufen belastet die Füße enorm. Bei jedem Schritt lastet das dreifache Körpergewicht auf dem Vorderfuß.«
Aber sind unsere Füße nicht von Natur aus fürs Barfußlaufen geschaffen? »Ja schon, aber das heißt nicht unbedingt, dass der Verzicht auf Schuhe das Beste für den Körper ist«, sagt Dr. Archer. »Früher sind wir über Einwahl-Modems ins Internet gegangen, aber sollen wir deshalb für alle Zeiten bei dieser Technik bleiben? Und wenn Sie kurzsichtig sind – wollen Sie etwa ernsthaft auf eine Brille verzichten, bloß weil sie ›unnatürlich‹ ist?«
Sie empfiehlt mir sogar zusätzliche Schaumstoffeinlagen für meine Laufschuhe. Wie McDougall schon sagte: Beim Joggen trete ich zu hart auf der Ferse auf.
Ich komme gleich wieder auf Dr. Archer zurück, doch zunächst möchte ich an dieser Stelle eine kleine Anmerkung machen: Nachdem ich auch mit anderen Ärzten gesprochen und
Weitere Kostenlose Bücher