Saukalt
Wunsch, Weinbauer zu werden, immer größer. Der Zufall wollte es dann,
dass einem seiner Kollegen in der Bank der Großvater wegstarb und ihm ein
Weingut in Tratschen hinterließ. Der glückliche Erbe hatte mit Wein aber gar
nichts am Hut und wollte das Gut viel lieber verkaufen. Eine Gelegenheit, die
der Elsner ohne zu zögern beim Schopf packte. Und weil er sowieso Weinbauer
werden wollte, schmiss er seinen Job in der Bank hin und zog mit seiner Frau
nach Tratschen. Genau wie bei vielen anderen Menschen auch, relativierte sich
sein Traum allerdings bald. Weil der Unterschied zwischen Theorie und Praxis
ist auch bei der Weinerzeugung ein großer, und die ersten drei Jahre
produzierte der Elsner eher Essig als Wein. Entsprechend groß war natürlich der
Spott der gestandenen Winzer. Davon ließ sich der Mann aber nicht entmutigen.
Auch nicht davon, dass er und seine Frau von Anfang an ein Leben am Rande der
Dorfgemeinschaft führten. Außer zum Einkaufen sah man die beiden nur zu
größeren Festen im Ort. Zum Kirchtag, zum Maibaumaufstellen und in die Kirche
kamen sie nämlich immer. Ansonsten mieden sie den Ort aber eher, weil sowieso
keiner mit ihnen, dafür aber manch einer hinter ihrem Rücken, über sieredete.
Das machte die beiden natürlich nicht besonders glücklich. Aber was hätten sie
machen sollen? Fleißige Leutchen, wie sie nun einmal waren, konzentrierten sie
sich voll und ganz auf ihren Wein. Und weil Fleiß und Mühe manchmal ja doch
belohnt werden, hatte der Elsner den Bogen irgendwann heraußen und wurde von
Jahr zu Jahr besser. Letzten Endes sogar so gut, dass er eine Auszeichnung für
seinen Wein bekam. Frage nicht, was das bei den übrigen Weinbauern für einen
Neid verursachte. Bevor der Elsner für seinen Wein ausgezeichnet wurde, hatten
sich die anderen über ihn lustig gemacht und ihn verspottet. Danach wurden sie
bösartig und lästerten in den tiefsten Tönen über das Ehepaar. Ich meine, sie hätten
genauso gut versuchen können, selbst besseren Wein zu machen, anstatt blöd zu
reden. Aber wie dem auch sei. Jedenfalls führte alles zusammen dazu, dass die
Eheleute ein sehr einsames Dasein fristeten. Sie hatten keine Freunde oder auch
nur gute Bekannte im Ort. Hilfe brauchten sie sich auch keine zu erwarten. Weil
stell dir vor, während sich die Bauern üblicherweise gegenseitig und vor allem
kostenlos bei der Weinlese halfen, stand der Elsner Jahr für Jahr alleine da.
Er musste seine Helfer in den Nachbarorten anwerben und zum Teil auch bezahlen.
Trotz alledem sind die Elsners immer freundlich geblieben und grüßten auch dann
jeden, wenn sie keine Antwort erhielten. Der Strobel kannte diese Geschichte
nicht, weil die Elsners ja schon viel länger in Tratschen waren als er selbst
und weil er sich für den Klatsch und Tratsch halt nie interessiert hatte. Nur
ab und zu schnappte auch er im Wirtshaus Gespräche auf, in denen es um das
Ehepaar und ihren angeblich so schlechten Wein ging. Alles, was er aus persönlicher
Erfahrung sagen konnte war, dass ihm der Blaue Zweigelt vom Elsner sehr gut
schmeckte. Das wusste er, weil der Pfarrer Römer den mit Vorliebe servierte und
das Produkt über den grünen Klee lobte. Die lange Geschichte kurz erzählt ist,
dass die Elsners seit einigen Jahren sehr erfolgreich waren und sehr viel Geld
mit ihrem Wein verdienten. In der Gegend konntest du keinen Elsner Wein
bekommen, weil fast alles exportiert wurde. Das spielte aber insofern keine
Rolle, weil in Tratschen sowieso keiner auch nur einen Groschen für eine
Flasche Wein vom Elsner ausgegeben hätte. Nur dem Pfarrer Römer schenkten die
gottesfürchtigen Leutchen jedes Jahr zu Weihnachten einen Karton mit zwölf
Flaschen ihres kostbarsten Rebensaftes. Weil mit Gottes Statthalter sollte man
sich ihrer Meinung nach unbedingt gut stellen. Man konnte schließlich nie
wissen, wofür es einmal gut war. Wie schon gesagt, kannte der Strobel die
Geschichte nicht wirklich. Deshalb konnte er natürlich auch nicht wissen, dass
es fast schon eine Ehre war, eine Flasche von dem begehrten Tröpferl geschenkt
zu bekommen. Bedankt hat er sich freilich trotzdem überschwänglich. Weil über
die Würste und die Mehlspeise freute er sich sehr. Genau wie über die private
Einladung zum Essen, die noch dazu kam. Jetzt denkst du vielleicht, dass das
fast ein bisschen zu viel Dankbarkeit für das bisschen Arbeit war. Und
vielleicht hast du damit auch recht. Ich persönlich glaube, dass die Elsners
deswegen so
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