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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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Rechtmediziner war er vorher höchstwahrscheinlich erdrosselt worden. Viel
Zeit, so führte der Arzt aus, konnte aber zwischen dem Erdrosseln und dem
Aufhängen nicht vergangen sein. Die Frage womit der Fellner erwürgt worden sein
könnte, beantwortete er nur ziemlich vage. Aber nach einigem hin und her legte
er sich doch auf einen Gürtel oder etwas Ähnliches fest. Beim Todeszeitpunkt
war er sich da schon viel sicherer. Den grenzte er, ohne lange zu zögern, auf
die Nacht von Samstag auf Sonntag ein. Er gab aber auch deutlich zu verstehen,
dass ein endgültiges Ergebnis erst nach dem Abschluss der Obduktion zu erwarten
sei. Mehr gab es dazu vorerst nicht zu sagen. Kaum hatte der Strobel den Hörer
aufgelegt, signalisierte ihm sein Magen, dass es Zeit war etwas zu essen. Sein
Hirn projizierte daraufhin ein ziemlich klares Bild einer Gaststube und eines
Paar Würsteln mit Saft in sein Bewusstsein. Damit war klar, wie der Tag
weitergehen sollte. Seinen Kollegen gegenüber erwähnte er aber nichts von
seinen Absichten. Nein, der Strobel schwindelte ein bisschen und sagte, dass er
zum Wenger Wirt gehen wolle, um dort ein paar Takte mit dem Vater von der
Traude zu plaudern. Ich meine, so richtig geschwindelt war das dann auch wieder
nicht, weil er ja wirklich mit dem alten Wenger reden wollte. So gesehen hatte
er verbal nur ein bisschen die Prioritäten verschoben. Aber schließlich war es
ja nicht wichtig, ob er wegen den Würsteln oder wegen dem Gespräch hinging.
Hauptsache, hingegangen! Dass der Strobel vor lauter Würsteln, und der Berti
vor lauter viel Arbeit darauf vergessen hatten, dass der Tatort noch immer
abgesperrt war, sollte sich später noch als Glück herausstellen. Aber leider
erst, nachdem sich etliche Leute bei allen möglichen Stellen darüber beschwert
hatten, dass der Weg so lange nicht begehbar war. Vor der Postentür empfing den
Strobel eine ganz merkwürdige Stimmung. Trüb und still ist es gewesen.
Unmöglich zu sagen, wie viel Grad es hatte. Es fühlte sich allerdings saukalt
an. Schuld war wieder einmal der Ostwind, der über die menschenleere
Hauptstraße fegte und dem unausgeschlafenen Strobel sofort unter den Mantel
kroch. Der Vorabend steckte ihm ohnehin noch in den Knochen und ließ ihn von
innen heraus frösteln. Zusammen mit dem Wind verursachte das eine ganz schöne
Gänsehaut. Keine Menschenseele war zu sehen oder zu hören. Noch nicht einmal
irgendwelche Autos. Nur das leise Pfeifen des Windes und das Geschrei der
Krähen, die scheinbar überall waren. Aus jeder Richtung schienen diese
unangenehmen Töne zu kommen. Ganz so, als hätten die Krähen Tratschen
eingekreist. Der Strobel fand dieses Bild ein klein wenig beklemmend und
stellte den Kragen des schweren Uniformmantels auf. Er musste ihn mit einer
Hand zuhalten, weil er ganz oben keinen Knopf hatte. Mit einem Seufzer und
einer tief in die Stirn gezogenen Dienstmütze marschierte er los und war fest
davon überzeugt, dass er an so einem Tag im Bett wesentlich besser dran gewesen
wäre. Ein Gedanke, den anscheinend die übrigen Einwohner von Tratschen auch
hatten. Zumindest wäre das eine Erklärung dafür gewesen, warum sich kein
einziger der Bewohner blicken ließ. Durch den Nebel sah der Ort noch viel
trostloser aus, als er sowieso war. Zumindest kam es dem Strobel so vor.
Geisterstadtfeeling pur halt.

11
     
    Zum Glück vom Strobel war im
Gasthaus vom Wenger, genau wie auf der Straße, überhaupt nichts los. Mit
Ausnahme der beiden Buben vom Lanzinger, die in der hintersten Ecke der
Gaststube den Flipperautomaten bearbeiteten. Der einzige Gast zu sein hatte für
den Strobel gleich mehrere Vorteile. Zum einen bekam er so seine heißersehnte
Mahlzeit schneller. Und zum anderen konnte er in Ruhe mit dem Wirt plaudern.
Aber wer den Strobel kennt, der weiß, dass bei ihm alles seine Zeit hatte. Will
heißen, dass er zuerst in aller Ruhe speiste. Von seiner Großmutter hatte er
gelernt, dass man beim Essen jede Aufregung vermeiden sollte, weil man sonst
ein Magengeschwür bekommen konnte. Und so ein Geschwür wollte der Strobel als
Allerletztes haben. Die Geräusche, die vom Flipper her an sein Ohr drangen,
störten ihn zwar schon ein bisschen, aber weil den beiden Buben das Spiel
offenbar gar so viel Spaß machte, sagte er nichts. Wirklich normal fand er es
jedoch nicht, dass so junge Burschen alleine ins Wirtshaus gingen. Immerhin
waren die zwei erst 14 und 15 Jahre alt. Heutzutage denkt sich freilich keiner
mehr was dabei,

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