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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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Zugegeben, er war kein besonders großer Pädagoge, aber das war
damals auch noch nicht wichtig. Weil wer im Unterricht nicht parierte, bekam
entweder eine Ohrfeige oder wurde vom Herrn Direktor höchstselbst an den Haaren
gezogen. Seitlich an der Schläfe. Bei den so genannten ›Süßen‹. Das konnte
einem schon die Tränen in die Augen treiben. Wie dem auch sei. Der Wenger
kannte diese Verkehrsunfallstatistik sicher auch. Das änderte aber nichts. Weil
wenn von 33 Schülern zehn Prozent nicht erwachsen werden, bleiben rechnerisch
immer noch 30 Kunden. Und alle wären sowieso nicht in sein Wirtshaus gekommen,
sondern auch zur Konkurrenz gegangen. Sei’s drum. Jedenfalls fanden sich nach
und nach immer mehr Eltern, die sich daran störten, dass ihnen ihre Ableger die
Teppiche voll kotzten, wenn sie vom Wenger zurück nach Hause kamen, und machten
mobil. Von dem Moment an achtete der Mann wenigstens darauf, dass keiner mehr
in sein Lokal kam, der nicht mindestens 14 Jahre alt war. Und siehst du, das
hat schon genügt. Und was soll ich dir sagen? Beim Umsatz hat er das gar nicht
gespürt. Trotz alledem verloren die beiden Flipperautomaten nie ihren Reiz für
die Dorfjugend. Es war also auch nicht weiter verwunderlich, dass die Söhne vom
Lanzinger sich auf diese Weise die Zeit vertrieben. Das Einzige, das den
Strobel daran ein wenig wunderte, war, dass der Lanzinger seinen beiden Rangen
dafür Geld gegeben hatte. Weil normalerweise war er ein sehr sparsamer Mensch,
der Lanzinger. Aber vielleicht war er ab und zu auch froh, wenn er die beiden
für eine Weile aus dem Haus brachte. So richtig brave Buben waren die nämlich
nicht. Aber jetzt zurück zum Strobel. Der hat, wie schon gesagt, in Ruhe
gegessen und erst beim anschließenden Kaffee ein Gespräch mit dem Wenger
angefangen. Ganz harmlose Fragen stellte er dem Mann. So in der Art wie »Na,
nicht viel los heute bei dir. Oder?«
    Jetzt
kannst du dir wahrscheinlich selbst schon denken, dass das eine denkbar blöde
Gesprächseröffnung ist, wenn man von einem Wirt was wissen will und ihm gleich
zu Beginn unter die Nase reibt, dass sein Geschäft offensichtlich schlecht
läuft. Scheinbar empfand der Wenger das auch so. Weil Antwort gab er darauf
keine. Er schüttelte nur den Kopf und murmelte dabei irgendwas, das sich so
anhörte, als wäre es nicht sonderlich nett gewesen. Da schnallte der Strobel
auch, dass seine Frage keine gute war und beschloss lieber gleich ein bisschen
aggressiver vorzugehen. Also sah er den Wenger an und meinte, dass ja zum Glück
der ›Hexenwinkel‹ sehr gut laufe. Und wenn du jetzt denkst, dass diese
Feststellung den Wirt aufheiterte, dann irrst du dich genauso wie der Strobel.
Weil die Miene vom Wenger verfinsterte sich gleich noch ein bisschen mehr, und
er warf dem Strobel einen undefinierbaren Blick zu. Gesagt hat er aber wieder
nichts. Da wunderte sich der Gendarm dann schon ein wenig. Denn normalerweise
würde sich so ein Gastronom doch freuen, wenn das Lokal seines Ablegers so
super läuft, wie das beim ›Hexenwinkel‹ anscheinend der Fall war. Irgendwie
musste der Strobel an Informationen kommen. Deshalb überlegte er krampfhaft,
wie er die Unterhaltung in Gang bringen konnte und probierte es schließlich mit
seinem etwas rustikalen Charme.
    »Wie
bist eigentlich auf den schönen Namen gekommen?«, fragte er und bemühte sich
dabei, unheimlich interessiert drein zu schauen. In Wirklichkeit war ihm das
nämlich völlig wurscht. Der Wenger, der gerade vom Tisch weggehen wollte, blieb
stehen und antwortete, dass der Name nicht auf seinem Mist gewachsen war,
sondern auf dem von der Traude. Er selber, so redete der Wenger weiter, hätte
das Lokal sicher anders genannt. Wie, verschwieg er allerdings. Während der
Strobel sich die nächste Frage zurecht legte, hatte sich der Wenger anscheinend
auch etwas überlegt. Ruckartig drehte er sich um, ging auf den Strobel zu,
setzte sich zu ihm und sah ihm direkt in die Augen. In seinem Gesicht konnte
der Strobel deutlich sehen, dass der Mann über irgendwas sehr intensiv
nachdachte und wurde schlagartig aufmerksam. Er stellte keine Fragen mehr,
sondern wartete, ob der Wenger von selber zu reden anfangen würde. Hat er aber
nicht. Nur starr in die Augen vom Strobel hat er geschaut. Ein paar Minuten
saßen sie so da. Bis es dem Strobel reichte. Ganz ernst erklärte er dem Wenger,
dass er normalerweise gerne noch ein bisschen mit ihm weiter geflirtet hätte,
aber heute leider keine Zeit für so

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