Saukalt
zu lassen. In Anbetracht der Kälte
erschien ihm das als eine geradezu geniale Idee. Weil erstens war ihm zum Gehen
sowieso viel zu kalt, und zweitens konnte er dann gleich mit dem Burschen reden
und verhindern, dass er wegen dem mangelnden Interesse seines Chefs trotzig
wurde. Die Gesichtszüge vom Pfaffi hellten sich tatsächlich deutlich auf, als
ihm der Strobel seinen Plan verriet, und er schlüpfte eifrig in seinen Mantel.
Anschließend wollte er sogar dem Strobel in den Mantel helfen. Aber nicht so,
dass es einem wie Arschkriechen vorgekommen wäre. Überhaupt nicht. Der Pfaffi
machte das mit einer Selbstverständlichkeit, durch die man ihm einfach abkaufen
musste, dass er sich nichts dabei dachte. So hat das zumindest der Strobel
gesehen und dem Burschen gedanklich ein dickes Plus in seine imaginäre
Personalakte geschrieben, bevor er die Hilfe dankend ablehnte und hinter dem
Burschen in die Kälte hinausging. Noch bevor die beiden beim Wirtshaus ankamen,
hatte der Pfaffi seinem Chef schon alles gesagt, was es zu sagen gab. Nämlich,
dass beide Autos mit den Kennzeichen aus Wien auf die gleiche Person zugelassen
waren, es sich bei den restlichen Fahrzeugen ausnahmslos um Leute aus der
Gegend handelte, und dass der Major Schuch angerufen und sich fürchterlich
darüber aufgeregt hatte, dass der Waldweg, neben dem der Fritz gefunden worden
war, immer noch gesperrt war. Weil so hatte der Major dem armen Pfaffi ins Ohr
gebrüllt, wegen einem Selbstmörder kein solches Brimborium veranstaltet werden
musste, dass ein öffentlicher Spazierweg tagelang gesperrt blieb. Schon gar
nicht, wenn der Tote mit Familiennamen Fellner hieß. Und schon überhaupt nicht,
wenn sich andere Bürger deswegen beschwerten. Dann verlangte er noch, dass ihn
der Strobel zurückrufen soll und legte auf. Dieser letzte Teil und der Teil mit
den einheimischen Autobesitzern waren dem Strobel herzlich egal. Da
interessierte ihn der Name des Zulassungsbesitzers aus Wien wesentlich mehr.
Und was glaubst du, wie der Strobel dreinschaute, als ihm der Pfaffi den Namen
nannte? Weil die Fahrzeuge waren auf eine Firma zugelassen, die Morak KEG hieß.
Natürlich ist das nichts Besonderes, da hast du schon recht. Aber in diesem
Fall war es doch unheimlich interessant, weil der Ernst Morak, dem die Firma
gehörte, am Gürtel in Wien ein Bordell betrieb. Zumindest war das offiziell so.
In Wirklichkeit, so vermuteten wenigstens die Polizeikollegen in Wien, waren es
aber mindestens drei oder vier Lokale, die er besaß. Jetzt fragst du dich
vielleicht, warum das niemand genau wusste. Und siehst du, das ist eine gute
Frage. Die Antwort ist genau so einfach, wie sie verwirrend ist. Zuerst musst
du wissen, dass es einer einzelnen Person in Wien nicht erlaubt war, in einem
Bezirk mehrere Bordelle zu besitzen, um eine Machtkonzentration zu verhindern.
Ein Gedanke, der im Grunde genommen zwar nicht schlecht war, aber in
Wirklichkeit nicht den gewünschten Erfolg brachte. In der Praxis lief das nämlich
dann so:
Der
Morak suchte sich einfach Pächter für seine Lokale. Einige dieser Pächter
suchten sich ebenfalls Pächter. Daher gab es dann also einen Besitzer, einen
Pächter und, wenn du es so nennen willst, einen Unterpächter. Klarerweise war
das ein teurer Spaß für den dritten Mann, der das Lokal vom Pächter des Morak
pachtete, weil der ja an zwei Personen bezahlen musste. Wenn jetzt zum Beispiel
der Morak ein neues Bordell aufmachte, ging er her und setzte einen Strohmann
ein, der offiziell als Besitzer auftrat. Tatsächlich war der aber eben wieder
nur ein Pächter, der das Lokal in weiterer Folge verpachtete. Klingt jetzt
vielleicht blöd, war aber so. So lief das Spiel nun einmal. Das führte nach
einiger Zeit dazu, dass sich letzten Endes zwei oder drei Personen fast alle
Lokale im Wiener Rotlichtviertel rund um den Gürtel untereinander aufteilten,
ohne dass ihre Namen öfter als einmal fielen. Nur durchschaute das, wegen dem
schier unglaublichen Durcheinander an Pächtern, lange keiner. Und was noch viel
wichtiger war, verdient haben alle miteinander sehr viel, weil das älteste
Gewerbe der Welt immer schon gut lief. Da konnte es durchaus vorkommen, dass
sich so ein Besitzer von mehreren Lokalen einfach zurückzog, um sein Leben zu
genießen. Weil wenn du zum Beispiel vier Lokale hattest, waren das immerhin bis
zu acht Pächter, die dir ihr Geld förmlich aufdrängten. Arbeiten brauchtest du
da nicht mehr. Sei’s drum. Heutzutage läuft die Sache
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