Saukalt
erleichtert bei seinem Freund. Bei dem stellte
sich der umgekehrte Effekt ein. Er wurde nämlich, langsam aber sicher, immer
nervöser. Das bemerkte natürlich auch der Römer, erinnerte ihn an sein
gegebenes Versprechen und forderte ihn schließlich auf, ihm zu folgen. Diesmal
ging es im Laufschritt in Richtung Gästezimmer. So viel konnte der Strobel ohne
Weiteres sagen, weil er den Weg dorthin kannte. Und wirklich! Der Römer blieb
vor dem Gästezimmer stehen, legte den Zeigefinger auf die Lippen und öffnete
ganz leise die Tür. Weil es in dem Raum relativ finster war, konnte der Strobel
zuerst gar nichts erkennen und fragte sich, ob ihn der Herr Pfarrer vielleicht
verarschen wollte. Gerade als er etwas sagen wollte, hörte er ein Geräusch. Es
klang so, als hätte sich im Bett jemand umgedreht. Neugierig geworden drückte
er die Tür ein Stück weiter auf, damit mehr Licht vom Gang hineinfiel. Was er
sah, erstaunte ihn sehr. In dem Bett lag eine junge Frau. Und zwar eine, die
der Strobel noch nie zuvor gesehen hatte. Und siehst du, da ist der
Postenkommandant wieder einmal ein Opfer seiner Vorurteile geworden. Er ging
nämlich automatisch davon aus, dass der Pfarrer Römer, der kein Kostverächter
und schon gar kein Mönch war, sich jetzt doch eine Freundin oder zumindest eine
Pfarrersköchin ins Haus geholt hatte. Bei näherer Betrachtung der Frau kam ihm
der Gedanke sie könnte die Köchin sein, allerdings absurd vor, weil die Gute
sicher noch keine 20 Jahre alt und daher wohl kaum eine begnadete Köchin war.
Dir ist jetzt sicher aufgefallen, dass der Strobel gleich zwei verschiedene
Vorurteile in seine Gedanken gepackt hat. Erstens, dass der Herr Pfarrer ein
bisschen ein Schweinderl war, und zweitens, dass junge Mädchen nicht kochen
können. Aber selbst wenn beides auf den ersten Blick sehr wahrscheinlich war,
hat es noch lange nicht so sein müssen. Und wie sich gleich herausstellte, war
es auch nicht so. Zumindest was das Verhältnis vom Pfarrer Römer zu der Frau
anging. Der zweite Punkt ließ sich nicht klären. Trotzdem darfst du den Strobel
nicht dafür verurteilen, dass er sich so vorschnell eine falsche Meinung
bildete, weil wir Menschen halt so sind. Nur zu oft bilden wir uns eine Meinung
aufgrund von Klischees oder irgendwelchen Informationsfragmenten, die wir
irgendwo aufschnappen. Und weil der Strobel halt auch kein Übermensch war,
machte er diesen Fehler eben auch. Zu seinem Glück ersparte er sich aber jede
blöde Bemerkung, sondern fragte nur, wer die Frau war. Die Antwort seines
Freundes überraschte ihn ziemlich. Weil der meinte darauf nur, dass er keine
Ahnung habe und er die Frau quasi gefunden habe.
»Was
meinst du mit gefunden?«, fragte der Strobel verdutzt.
Da
erzählte ihm der Römer, dass er am Nachmittag im Weinkeller der Pfarre war,
weil er ein paar Flaschen Rotwein für den Abend besorgen wollte. Als er vor der
Kellertür stand, fiel ihm gleich auf, dass das Schloss aufgebrochen und die Tür
einen Spalt breit offen war. Auf leisen Sohlen hatte er sich in den Keller
geschlichen und fand dort in der hintersten Ecke die junge Frau vor. Eingehüllt
in mehrere Decken lag sie auf dem Fußboden und schlief tief und fest. Und zwar
so tief, dass er echte Probleme hatte, sie zu wecken. Genau genommen wurde sie
gar nicht richtig munter, sondern machte nur kurz die Augen auf und hustete
ganz erbärmlich. Und sie schwitzte sehr stark, obwohl sie vor Kälte zitterte
wie Espenlaub. Deshalb legte ihr der Römer die Hand auf die Stirn. Ihm fiel
auf, dass sie ziemlich hohes Fieber hatte. Also packte er sie zusammen,
verfrachtete sie in sein Auto und nahm sie mit ins Pfarrhaus. Danach rief er
den Doktor Lasser. Der stellte dann schließlich fest, dass sie eine schwere
Lungenentzündung hatte. Also war dem Römer natürlich nichts anderes übrig
geblieben, als die Frau ins Gästezimmer zu bringen. Dabei fiel ihm auf, dass
sie sehr schlampig angezogen war. Die Sachen waren schäbig und passten ihr
nicht richtig. Fast alles war viel zu groß und die Stiefel löchrig. Kurz gesagt,
sah sie erbärmlich aus. Zumindest war das die Meinung des Priesters. Noch
während der Strobel sich die Geschichte anhörte, kam ihm der Verdacht, dass die
Kellereinbrüche jetzt wahrscheinlich geklärt waren. An und für sich eine gute
Sache, weil er nicht länger herumlaufen und einen Schuldigen suchen musste.
Andererseits machte er sich so seine Gedanken über die Herkunft der Frau. Weil
normal war es nicht gerade, dass
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