Saukalt
ging, aber er war sich ziemlich sicher,
dass da unter der Oberfläche irgendwas brodelte, das ihm noch einiges an Arbeit
verursachen würde. So wie es jetzt aussah, dürften die Fellners in etwas
verwickelt gewesen sein, dass über ihre sonstigen Aktivitäten wie Diebstahl und
Körperverletzung hinausging. Die Frage war nur, was genau das war.
Diesbezüglich tappte der Strobel komplett im Dunkeln. Aber irgendwie wurde er
das Gefühl nicht los, dass ihm, was die Aufklärung des Mordes anging, die Zeit
davonlief. Und so ganz unrecht hatte er mit dieser Vermutung nicht. Aber das
erfuhr er erst ein bisschen später. Da war es für ein geordnetes Vorgehen
seinerseits schon zu spät. Im Stillen hoffte er jedenfalls, dass er von der
Traude Näheres erfahren würde, wenn er ihr ein wenig Druck machte. Weil
irgendwas musste die Frau seiner Meinung nach wissen. Vor allem, was die
Machenschaften von diesem Pavel anging. Und sie würde auch erklären müssen, wie
sie selbst in dieses Bild passte. Über alledem vergaß der Strobel, dass ihm
sein Gesicht immer noch höllisch wehtat. Damit hatte die Sache wenigsten auch
etwas Gutes. In der Zwischenzeit hatte es angefangen stark zu schneien, und der
Strobel überlegte nach ein paar tiefen und befreienden Atemzügen, dass der
trübe Himmel und die bedrohlich wirkenden dunklen Wolken, die der Wind über
Tratschen schob, bestens zur Stimmung im Ort passten. Er hoffte inständig, dass
diese Wolken nur Neuschnee bringen würden. Eine Hoffnung, die sich, sehr zu
seinem Leidwesen, bald zerschlagen sollte. Hätte der Strobel gewusst, was noch
alles in nächster Zeit passieren würde, hätte er sich sicher gleich Urlaub
genommen um endlich Langlaufen zu lernen. Das hatte er nämlich immer schon
gewollt und war nie dazu gekommen. Auf seinem Weg zur Traude fiel ihm ein, dass
er unbedingt die Frau Doktor anrufen musste, damit die sich keine Sorgen
machte. Und er nahm sich ganz fest vor, ihr von den Geschehnissen im
›Hexenwinkel‹ vorerst nichts zu erzählen. Mit ein bisschen Glück würde in
seinem Gesicht bis zum Wochenende nichts mehr von dem verlorenen Kampf zu sehen
sein. Und siehst du, trotz all dem Optimismus, den der Mann da an den Tag
legte, war auch das eine Hoffnung, die sich nicht erfüllen sollte.
14
Wie ein verschüchtertes Reh kam
die Traude dem Strobel vor, als sie ihm da in ihrem Wohnzimmer gegenüber saß.
Die Hände so fest im Schoß gefaltet, dass ihre Knöchel weiß leuchteten. Und ein
bisschen zittrig. Für Mitleid hatte der Strobel aber keine Zeit, weil er
Informationen brauchte. Deswegen kam er auch bei ihr gleich zur Sache und
fragte sie, warum der Pavel wirklich dauernd im ›Hexenwinkel‹ war und was er
mit dem Fellner Fritz zu tun gehabt hatte. Trotz ihrer Nervosität zeigte sich
die Traude aber zunächst von ihrer sturen Seite und sagte kein Wort. Da wurde
dem Gendarmen klar, dass er bei ihr mit Samthandschuhen nicht weiterkommen
würde. Also fuhr er schwerere Geschütze auf und konfrontierte sie mit der
Wahrheit. Nämlich, dass der Fritz ermordet worden war. Und siehst du, da hat
die Traude dann doch reagiert und entsetzt festgestellt, dass das sicher nicht
wahr ist. Aber nachdem ihr der Strobel die Sache mit den Strangfurchen erklärt
hatte, konnte er in ihrem Gesicht lesen, dass sie ihm doch glaubte. Als er ihr
dann noch sagte, dass sie sich mitschuldig machte, wenn sie ihm etwas
verschwieg, war es vorbei mit Sturheit und Trotz. Sie sank richtig in sich
zusammen, die Traude, und fing unter Tränen an zu beteuern, dass sie davon keine
Ahnung gehabt habe. Diesen Satz wiederholte sie ein paar Mal hintereinander. So
lange, bis der Strobel ihr zu verstehen gab, dass er ihr das zwar glaubte, aber
unbedingt die Wahrheit wissen musste. Und die hat ihm die Traude dann auch
gesagt. Revolutionär war das aber nicht, was sie preisgeben konnte. Etwas
stockend begann sie zu erzählen, dass der Pavel in Wirklichkeit gar nicht ihr
Freund war, sondern kurz nachdem sie den ›Hexenwinkel‹ eröffnet hatte, auf
einmal mit seinen beiden Freunden im Lokal aufgetaucht war und seine Mitarbeit
anbot. Auf ihren Einwand, dass sie keinen Mitarbeiter brauche, versprach er
ihr, dass es ihr Schaden nicht sein sollte und hielt ihr ein dickes Geldbündel
vor die Nase. Wie viele andere Menschen auch war die Frau von dem Geld
natürlich beeindruckt und wurde neugierig, was sie dafür tun musste. Und das
war gar nicht viel. Der Pavel wollte nur die hinteren Räume des Hauses mieten.
Und
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