Saukalt
gewesen war und er von dem
Mann nichts erfahren würde. Aber siehe da, das war ein Irrtum. Der Wirt kam
nach ein paar Minuten wieder zum Tisch, setzte sich und fing tatsächlich an zu
reden. Und was er dem Strobel erzählte, passte wirklich gut in dessen Theorie.
Stockend und mit leiser Stimme erklärte der Wenger, dass er der Traude vor der
Eröffnung des ›Hexenwinkel‹ sehr viel geholfen hatte. Er war der Meinung, dass
es für das Kind gut war, wenn sie etwas Eigenes anfing, und unterstützte sie
deswegen voll und ganz. Mit Arbeit, aber auch mit Geld. Kaum eine Woche nach
der Eröffnung war sie dann mit diesem Pavel und seinen Freunden dahergekommen
und sagte, dass das ihre neuen Partner wären und sie die hinteren Räume vom
›Hexenwinkel‹ gemietet hätten. Ursprünglich, so der Wenger, waren ihm die
Burschen nur unsympathisch. Aber nach und nach fiel ihm bei seinen Besuchen im
›Hexenwinkel‹ auf, dass irgendwas mit ihnen nicht stimmte. Dem erfahrenen Wirt
kam nämlich schnell komisch vor, dass weit weniger Leute im Lokal als Autos auf
dem Parkplatz waren. Er bekam außerdem mit, dass dieser Pavel und seine beiden
Freunde immer an dem Tisch neben dem Eingang zum hinteren Bereich saßen und
sehr genau aufpassten, wer da so hineinging. Die Traude brachte relativ oft
Getränke in diese Räume. Irgendwann fragte er seine Tochter, was sich da hinten
eigentlich abspielte, und sie drückte ihm die Geschichte vom Casino aufs Auge.
Für den Wenger war das schon schlimm genug, um immer wieder auf die Traude
einzureden, dass sie das gefälligst lassen sollte, weil sie sonst in Teufels
Küche komme. Aber sie hörte überhaupt nicht auf seine Warnungen. Vor zwei
Wochen schließlich, so erzählte der Wenger weiter, fuhr er dann an einem
Sonntagnachmittag nach Albersdorf, weil er im ›Hexenwinkel‹ einen verstopften
Abfluss reparieren wollte. Als er hineinging, sah er auf dem Parkplatz einen
Lastwagen mit ausländischem Kennzeichen stehen. Natürlich wunderte sich der
Mann darüber, weil das Lokal am Sonntag gar nicht offen war, und er wollte sich
das genauer anschauen. Er konnte beobachten, wie der Brauneis Thomas mit einem
Bündel Geldscheine, die er gerade zählte, beim Hinterausgang herauskam. Der
Wenger fragte den Burschen natürlich gleich, was er hier zu suchen hatte, und
bekam zur Antwort, dass ihn das einen Scheißdreck angehe. Dann stieg der Thomas
in den Lkw und fuhr weg. Derartig abgekanzelt wurde der Wenger Sepp natürlich
noch neugieriger und ging durch den offenen Hintereingang ins Haus. Und was er
dort dann zu sehen bekam, gefiel ihm gar nicht. Weil von einem Casino war da
nichts zu sehen gewesen. Stattdessen saßen sechs Mädchen auf dem Boden. Sie
waren jung und sahen ziemlich verwahrlost aus. Seine Tochter war gerade dabei,
saubere Kleidung an sie zu verteilen. Im ersten Moment wollte der Wenger die
Traude natürlich zur Rede stellen, bekam dann aber mit, dass auch der Pavel und
seine Handlanger in dem Raum waren. Worüber die Männer redeten, konnte er nicht
verstehen. Aber eine der Stimmen kam ihm bekannt vor. Nämlich die vom Fellner
Fritz. Irgendwie kam es dem Wenger doch nicht als gute Idee vor, sich bemerkbar
zu machen, und er schlich sich wieder hinaus. Am Abend stellte er die Traude dann
zur Rede und wollte wissen was da im ›Hexenwinkel‹ vor sich ging. Die lange
Geschichte kurz erzählt ist, dass diese Mädchen von irgendwo aus dem Ausland
kamen. Woher genau sie kamen oder wohin sie gebracht wurden, wusste die Traude
auch nicht. Bei ihr blieben sie immer nur maximal eine Woche. Dann wurden sie
vom Pavel und seinen Männern weggebracht. Kurz darauf kamen dann wieder neue.
In der Zeit, die sie im Hexenwinkel‹ untergebracht waren, mussten sie
›arbeiten‹, weil so eine Reise wie die ihre schließlich eine Menge Unkosten
verursachte, die irgendwie gedeckt werden mussten. Mit normaler Arbeit hatte
das allerdings nichts zu tun, was die Frauen und Mädchen da machen mussten. Es
stand dem Wenger Sepp auf die Stirn geschrieben, dass er sich unheimlich schwer
damit tat zu sagen, was genau diese Frauen tun mussten. Dementsprechend hat er
auch nach Worten gesucht. Schließlich gab er sich einen Ruck und brachte es in
einem Satz auf den Punkt.
»Diese
Schweinehunde haben aus dem ›Hexenwinkel‹ ein Puff gemacht, und die Traude
steckt bis zum Hals in der Sache drin!«
Nach
diesem Satz saß er mit hängendem Kopf da, glotzte auf die Tischplatte und
schwieg. Der Strobel sagte auch kein Wort. Ich
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