Saupech (German Edition)
unerträglich gut gelaunt. Dann musste Dorothea seine dämlichen Sprüche über sich ergehen lassen. Sie rang sich gelegentlich ein müdes Lächeln ab, während ihre junge Kollegin, Barbara Schöne, sich schier ausschütten wollte vor Lachen. Die beiden passten wirklich gut zusammen. Dorli überlegte nicht zum ersten Mal, was sie tun könnte, wenn sie diesen Job aufgab. Denn schön langsam wurde ihre Arbeitssituation hier unerträglich.
War Bürgermeister Willibald Kofler auf Urlaub oder die Schöne krank oder umgekehrt, dann war es ja noch einigermaßen auszuhalten. Aber beide gemeinsam waren einfach nur zum Kotzen. Leider fühlte sich Dorli auch zunehmend jeden Morgen so. Und dass Oberleutnant Leo Bergler eben zur Tür reinspazierte, hob ihre Stimmung auch nicht gerade. Dabei war er ein Typ, der ihr in früheren Jahren wahrscheinlich sogar gefallen hätte. Mittelgroß, ein asketischer Körper, der trotzdem den Eindruck vermittelte, dass sein Besitzer über Kraft und Ausdauer verfügte. Das blonde Haar, etwas zu lang, aber durchaus gepflegt, fiel ihm immer wieder ins Gesicht, woraufhin er es mit einer lässigen Handbewegung nach hinten strich. Der Anzug war dunkelgrau und sah aus, als sei er auf den Körper geschneidert worden. Krawatte und Hemd, Ton in Ton in Hellblau. Eine gepflegte Erscheinung. Und doch konnte Dorli sich nicht für ihn erwärmen. Was nicht nur an seinem maßlos übersteigerten Selbstbewusstsein lag, wie sie sich eingestand.
Dorli, du wirst nie mehr einen Kerl abkriegen, du bist zu wählerisch! Sie verdrängte die unwillkommenen Gedanken in hintere Hirnregionen und wandte sich dem Besucher zu.
»Jö, der Herr Bezirksinspektor!«, quietschte die Schöne in den höchsten Tönen.
»Oberleutnant«, verbesserte Dorli. »Der Herr Kommissar hat sich weitergebildet.« Was dir a net schaden tät!, fügte sie in Gedanken hinzu. Denn die Schöne war bled wie a Binkel Fetzen und dazu noch arrogant. Eine gottvolle Kombination.
»Frau Wiltzing, gibt es hier einen Raum, wo wir uns unter vier Augen unterhalten können?«
»Sicher. Kommen Sie mit.«
Die Schöne verschoss Giftpfeile mit den Augen, als Dorli den Kriminalbeamten in das große Besprechungszimmer führte und fragte, ob er einen Kaffee wollte. Und als er dies bejahte, wandte sie sich ihrer Kollegin zu.
»Bitte zwei Kaffee und zwei Mineral. Danke, Frau Schöne. Im Übrigen wollen wir nicht gestört werden.«
Wenn Barbara Schönes Blicke hätten töten können, wäre Dorli auf der Stelle tot umgefallen.
»Sagen Sie, können Sie sich noch an all die Leute erinnern, die hier in den letzten fünfundzwanzig Jahren verschwunden sind?«, begann Leo Bergler die Befragung.
»Der Erste war, glaube ich, der Markus Hennerbichler. Das war 1986 oder 87. Der Markus hat sehr gut ausg’schaut, aber er war ein Säufer. Trotzdem sind ihm die Mädchen in Scharen hinterhergelaufen. Mir hätt er damals auch gefallen. Er hatte so was Lässiges an sich. Aber ich war nicht einmal dreizehn. Ein Kind und daher völlig uninteressant für ihn.«
Dorli unterbrach kurz, als die Schöne die Getränke servierte. Dorli knallte sie die Kaffeetasse derart vor die Nase, dass der Inhalt überschwappte und auf Dorlis Rock tropfte.
»’tschuldigung. Das tuat ma jetzt aber so leid!« Die Schöne grinste ihr unverschämt ins Gesicht.
Dorli ignorierte sie einfach. Der Kaffee war heiß, der Rock vermutlich nie wieder sauber zu kriegen. Und dass das Absicht war, sah selbst ein Blinder mit Krückstock. Doch wenn sich Dorli jetzt aufgeregt hätte, dann wäre das ganz im Sinne der Schöne gewesen. Sie einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen ärgerte sie sicher weit mehr, als sie die Kaffeeattacke befriedigt hatte.
Die Schöne knallte das Tablett auf den Tisch, rauschte zur Tür hinaus und warf sie mit hörbarem Krachen zu.
»Ist Ihre Kollegin heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?«, fragte Leo Bergler irritiert. Er hatte von dem Vorfall mit dem Kaffee nichts mitgekriegt.
»Keine Ahnung. Sie hat öfter solche Anwandlungen.«
»Na, dann wollen wir weitermachen.«
Leo Bergler warf fünf Stück Zucker in seine Tasse und rührte hingebungsvoll darin.
»Wir waren bei …«, er warf einen Blick auf seinen Block, »Markus Hennerbichler, Aufreißer und Trunkenbold. Wer kam danach?«
»Der Nächste war Klaus Kinaski. Oder irre ich mich? Möglicherweise war da vorher noch der kleine Michi. Ein wunderschönes Kind, damals gerade mal dreizehn Jahre oder vielleicht vierzehn. Lieb und immer
Weitere Kostenlose Bücher