Saupech (German Edition)
den Tisch, schnappte ihre Jacke vom Haken, vergewisserte sich, dass sie Handy und Autoschlüssel in den Jackentaschen hatte.
»Bin kurz außer Haus!«, rief sie der verdatterten Barbara Schöne zu und stürzte zur Tür hinaus. Auf dem Weg zu ihrem Auto rief sie bei Bertl Wagner an. Er hatte frei, das wusste sie. Seine Frau hob ab.
»Hallo, Miki. Ist der Bertl da?«
»Ja, warum? Wo brennt’s denn?«
»Sag ihm bitte, die Grete Grebenzer hat sich gemeldet. Er soll gleich zu ihrem Haus fahren. Ich bring sie jetzt heim.«
»Richt ich ihm aus. Weißt schon, was mit der Gretel los war?«
»Keine Ahnung. Aber das wird sie mir sicher gleich erzählen.«
Grete stand mit einem großen Koffer und zwei Reisetaschen an der Busstation.
»Mei, Gretel, wo kommst denn du mit so viel Gepäck her? Warst du auf Urlaub?«
»Servus, Dorli.« Die Grete küsste die Luft neben Dorlis Wangen. »Doch ka Urlaub. I war auf Reha. Hat euch der Hias nix erzählt?«
Dorli schüttelte den Kopf. Sie wollte Grete nicht mitten auf der Dorfstraße mit der Todesnachricht ihres Mannes konfrontieren.
»I hab voriges Jahr im November an Bandscheibenvorfall g’habt. Dann war i a paarmal im Spital, im Jänner haben’s mi operiert, und jetzt war i auf Reha. Eigentlich drei Wochen. Aber sie haben mich g’fragt, ob i a Wochen anhängen will. Und weil der Hiasi jetzt eh so eing’setzt ist mit dem Anpechen, hab i mir denkt, i häng einfach die Woche noch dran. Das war mit dem Hiasi a schon ausg’macht, dass ich des nimm, wenn’s mir’s anbieten. Aber dass der des vergessen hätt?«
Dorli hatte während dieser Schilderung die Gepäckstücke im Kofferraum verstaut und schob Grete nun zur Beifahrertür.
»Sag, von wo hast du mich eigentlich ang’rufen?«
»Die Lochner Evi is vorbeigangen und hat mit ihrem Handy herumg’fuchtelt. Da hab i sie g’fragt, ob sie auf der Gemeinde bei dir anrufen könnt. Des hat’s g’macht und mir dann des Ding in die Hand druckt.«
»Ach so. Ich hab mich g’wundert, weil wir doch schon seit Ewigkeiten kein Telefonhüttel mehr haben. Komm, Grete, steig ein. Fahren wir zu dir nach Haus. Da können wir sicher gemütlicher reden.«
»Vor allem dabei sitzen. Und i werd uns ein gutes Kaffeetscherl machen.«
Das würde sie sicher nicht. Die Lust auf Kaffee würde ihr ganz schnell vergehen. Einerseits kam sich Dorli wie eine Verräterin vor, weil sie Grete nicht gleich vom Tod ihres Mannes erzählte. Noch dazu, wo sie selbst ihn gefunden hatte. Andererseits fühlte sie sich dazu nicht berufen. Das sollte die Polizei tun. Schließlich lernten sie bei ihrer Ausbildung sicher auch, wie man mit Angehörigen von Opfern am besten umging.
»Wo warst denn auf Reha?«
»In Prein an der Rax. War richtig schön dort. Und die Behandlungen haben mir gut geholfen.«
»Hat dich der Hias hinbracht?«
»Na, wir haben doch ka Auto. Sein Chef hat mich hing’führt.«
Sein Chef war Karl Kinaski. Der war zwar ein sehr hilfsbereiter Mensch, doch Dorli konnte sich nicht vorstellen, dass der nicht sofort Kontakt mit der Gretel aufgenommen hätte, als er hörte, dass der Hias ermordet worden war. Irgendwas an der Geschichte war faul. Aber was?
Mittlerweile waren sie beim Haus der Grebenzers angekommen. Bertl Wagner stand schon vor der Tür.
»Was macht denn der Spinatwachter da?«, fragte Grete höchst uncharmant.
»Es ist was passiert, während du nicht da warst.«
Grete warf Dorli einen schiefen Blick zu.
»Sag bloß, bei uns haben’s einbrochen!«
Dorli hüllte sich in Schweigen und stieg aus. Während Grete Bertl begrüßte und dann die Haustür aufschloss, lud Dorli Gretes Gepäck aus. Dann trug sie Koffer und Reisetaschen ins Haus und stellte sie im Vorzimmer ab. Kurz erwog sie, still, heimlich und leise das Haus zu verlassen. Doch dann gewann ihr Verantwortungsgefühl die Oberhand. Wer weiß, wie Grete die Nachricht vom Tod ihres Mannes aufnehmen würde. Sie musste sehen, wie es ihr ging. Und eventuell Hilfe organisieren.
Als sie das Wohnzimmer betrat, hörte sie Schluchzen aus der angrenzenden Küche. Dort saßen Bertl und Grete, und Grete zupfte eben ein weiteres Taschentuch aus der Box am Tisch.
»Aber wer macht denn so was? Der Hias hat doch nie wem was tan!«
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Bertl und bedeutete Dorli, sich auf den nächsten freien Stuhl zu setzen. »Aber ganz in der Nähe wurde eine alte Dame ermordet, die rein zufällig hier war, eine Tagestouristin. Wir vermuten, dass sie Zeuge des
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