Saupech (German Edition)
geschah.
»Mama? Is was?«
Keine Antwort. Er rüttelte an der Tür. Abgeschlossen, wie immer. Ein kräftiger Tritt mit dem Arbeitsstiefel löste das Problem. Seine Mutter lag regungslos im Bett. Sie war bereits kalt.
Er musste den Doktor anrufen. Der würde kommen, vielleicht sogar die Polizei, der Leichenwagen, hundert verdammte Leute würden auf dem Hof herumtanzen, und er hatte die Hure noch immer in seiner Scheune. Womöglich hatten die Schweine noch nicht einmal alle Reste von dem Jungen vertilgt. Verdammte Sauerei! Das hatte ihm die Alte sicher absichtlich angetan.
Doch der Gemeindearzt stellte Tod durch Herzversagen fest.
»Ihre Mutter war schon seit Jahren wegen ihres schwachen Herzens bei mir in Behandlung. Hat sie Ihnen nichts davon erzählt?«
Kurz darauf kam der Leichenwagen, und das war’s dann auch schon. Aber ihm war die Lust auf die kleine Prostituierte vergangen. Sie hatte nicht einmal einen schönen Kopf.
In der folgenden Nacht hängte er sie an einen Haken, wo er sonst die Schweine tranchierte. Schnitt sie auf, ließ sie ausbluten, zerlegte sie und packte die Stücke samt Kopf in eine Tonne. Die wuchtete er in den Wagen, fuhr in den Langebichler Wald, hob eine Grube aus und warf die Reste der armen Sau hinein. Die Tonne nahm er wieder mit nach Hause, reinigte sie penibel und führte sie wieder ihrem ursprünglichen Zweck zu. In ihr fing er beim Schlachten das Schweineblut auf, das er nachher zu Blunzen verarbeitete.
28
Mit Gretels Hilfe versuchte Dorli, die letzten Stunden im Leben des Hias zu rekonstruieren.
»Grete, wo war der Hias, als dich der Toni zu deiner Reha gefahren hat?«
»In der Woche davor hat er für den Toni die neuen Boxen für die Pferde gebaut. Am Sonntag war der Hiasi kurz daheim und hat sich von mir verabschiedet. Am Montag in der Früh ist der Toni gekommen und hat mi nach Prein gefahren.«
»Und ich hab den Hias am Samstag drauf im Wald gefunden. Da war er aber schon eine Zeit lang tot.«
»Weißt, Dorli, i kann mir immer noch nicht vorstellen, wer gegen den Hiasi was g’habt haben könnt. Er war doch so ein seelensguter Mensch.«
»Wenn sich hier wirklich ein Serienmörder herumtreiben sollt, dann braucht der wahrscheinlich gar keinen Grund. Dem wird auch wurscht sein, ob sein Opfer ein Gauner oder ein leiwander Kerl ist. Und wenn alle unsere verschollenen Seelen von ihm umgebracht worden sein sollten, dann macht der nicht einmal vor unschuldigen Kindern halt.«
»I mag gar net dran denken, dass es bei uns so ein Monster geben könnt.«
»Das mag niemand. Schau, wir beide sind in Buchau geboren, in Berndorf zur Schule gegangen, hier aufgewachsen, wenn auch mit einer größeren zeitlichen Differenz. Wir glauben, dass wir alle im Ort genau kennen. Doch du kannst in die Leut net reinschauen.«
»Hast ja recht. Aber es ist einfach so unvorstellbar.«
Dorli nickte zerstreut. Ihr war gerade eine Idee durch den Kopf geschossen. Was, wenn der Hias im Wald etwas entdeckt hatte und deswegen sterben musste? Sie sollte sich die Gegend wirklich noch einmal ansehen. Und mit dem Kinaski Karl würde sie auch reden. Es war ja kaum anzunehmen, dass der Kopf in seinem Geschäft ins Fass gekommen war. Wo war das passiert? Konnte es da einen Zusammenhang mit dem Hias geben? Und wenn die Frau Dürauer Zeugin des Mordes am Hias geworden wäre, wo waren dann all die anderen Businsassen? Eine gehbehinderte alte Dame konnte doch nicht so weit weg von allen anderen gewesen sein! Irgendwie waren das alles zu viele Zufälle. Und Dorli glaubte dezidiert nicht an Zufälle.
Sie verabschiedete sich und schwang sich auf ihre Kawasaki. Beim Fahren kamen ihr immer die besten Ideen. Sie raste Richtung Gutenstein, glühte dann über die kurvenreiche Strecke nach Pottenstein. Fast ganz oben, am Hals, lag plötzlich ein Motorrad auf der Fahrbahn und daneben, schon fast im Straßengraben, eine Gestalt in Ledermontur. Dorli hielt mit rauchenden Reifen an.
Das war ja Bär, der Kopf der Devils! Ein Klub, ähnlich den Hells Angels, nur ohne die dort übliche Gewalt. Rau, aber herzlich. Zu den Aufnahmebedingungen gehörte vermutlich nicht nur, dass man männlich war, Frauen wurden nicht aufgenommen, sondern auch, dass die Mitglieder nur auf der Brückenwaage gewogen werden konnten. Denn von den Kerlen von den Devils, die Dorli kannte, wog kaum einer unter hundertdreißig Kilo, die meisten wohl mehr.
Dorli kniete sich neben Bär an den Straßenrand, öffnete sein Helmvisier und sah, dass er eben
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