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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Sprudel.
    »Schau, Sprudel«, sagte Fanni, »die Leute hier fahren oft ins
Tschechische hinüber, zum Tanken und zum Zigarettenholen. Da könnte doch leicht
einer auf den Gedanken gekommen sein, Mirza anzurufen und ihr vorzuschwindeln,
er hätte in Klattau oder sonst wo Verwandte von ihr getroffen, müsse ihr eine
Menge davon erzählen, hätte sogar Fotos gemacht, die er ihr zeigen wolle.«
    »Meine Verehrung, Miss Marple«, sagte Sprudel, verneigte sich vor
Fanni und spann selbst den Faden weiter.
    »Mit dem Köder ›Grüße aus der Heimat‹ hat also der Freier Mirza in
sein Haus gelockt. Sie kam über die Wiese herunter, betrat sein Haus, er hat
die Tür zugemacht, den Schlüssel umgedreht und hatte Mirza im Käfig. Statt
Fotos vorzuzeigen, ist er ihr mit seinem unmoralischen Angebot gekommen. Warum
nicht? Es könnte sich durchaus so abgespielt haben, theoretisch! Und wie hat
Mirza reagiert?«
    »So wie ich sie einschätze«, sagte Fanni, »hat sie ihn ausgelacht.
Sie hat ihm vielleicht gesagt, wenn sie weiterhin auf Freier Wert legen würde,
dann hätte sie den Puff in Vseruby gewählt und nicht den Bauernhof in
Erlenweiler.«
    »Da war er beleidigt«, mutmaßte Sprudel.
    »Sicher«, sagte Fanni, »wenn aber Mirza noch hinzugefügt hat, dass
sie nicht vorhätte, für sich zu behalten, was der ehrenwerte Herr für ein
geiler Bock ist, dann war er auch alarmiert.«
    »Dann ist Mirza gegangen«, strebte Sprudel zum Ende der Geschichte,
»sie schlug den Weg über dein Grundstück ein, um wieder über die Wiese zum
Klein-Hof zu spazieren.«
    »Ja«, sagte Fanni, »und er ist ihr
gefolgt. Bei meinen Johannisbeeren hat er sie gestellt. Er wollte sie
möglicherweise nur bitten, den Mund zu halten, aber falls Mirza wieder gelacht
hat, ihn vielleicht sogar verspottet hat, könnte er ausgerastet sein und den
Rundling …«
    »Apropos Rundling«, warf Sprudel ein, »das wollte ich vorhin schon
fragen, wie kommst du darauf und wo soll der herkommen?«
    »Aus unserer Drainage«, sagte Fanni, »wir haben um das ganze Hause
herum Rundlinge – Böckl nennt sie Bachkugeln – aufgereiht, damit das
Wasser schön abfließen kann, und du hast doch selbst gesagt, die Tatwaffe ist
ein großer, runder Stein.«
    Sprudel atmete scharf ein. »Würdest du denn merken, wenn einer
fehlt?«
    »Seit fast dreißig Jahren kehre ich wöchentlich die Rundlinge
sauber«, sagte Fanni. »Ich weiß, dass einer fehlt.«
    Sprudel verschluckte sich an seinem Kaffee.
    »Ich weiß es erst seit heute früh«, gab Fanni zu, und das schien
Sprudel etwas zu beruhigen.
    »Deine Hypothese ist ebenso einfach wie logisch«, sagte er sichtlich
beeindruckt, nachdem er diskret in ein sauberes weißes Taschentuch gehustet
hatte.
    Auf einmal grinste er spitzbübisch. »Und wie finden wir heraus,
welcher von den Nachbarn das war? Wir schließen aus, dass der Alte oder sonst
jemand Mirza über die Wiese herunter verfolgt und
sich den Rundling geschnappt hat, nachdem er sie eingeholt hatte. Tatverdächtig
sind demnach all diejenigen Nachbarn, die unterhalb der Klein-Wiese wohnen.«
    »Ermittlungsarbeit«, konterte Fanni. »Alibis!«
    Sprudel wurde wieder ernst, schwieg eine ganze Weile, und dann sagte
er:
    »Das ist nicht so einfach, Fanni. Ich darf nämlich nicht mehr
offiziell ermitteln, weil der Fall praktisch abgeschlossen ist. Wir beide
könnten deshalb nur als Privatpersonen nachforschen, unter der Hand sozusagen,
und das bedeutet, wir würden kriminalistisch vor uns hin dilettieren.«
    Sprudel machte eine lange Pause. Er schob Teller und Tasse ans andere
Tischende, stützte die Ellenbogen auf den frei gewordenen Platz und sah Fanni
in die Augen.
    »Aber gut, warum nicht. Den Versuch ist es wert.« Er lachte: »Fanni,
du hast mich infiziert!«
    Fanni kam nicht zu Wort, weil Sprudel fortfuhr. »Wir fangen auf der Stelle
an. Wer ist deiner Meinung nach der Verdächtigste?«
    Fanni druckste herum, machte »Ähm« und »Tja«, und dann platzte sie
heraus:
    »Genau das ist der Punkt, an dem ich für meine schöne Theorie alle
Felle wegschwimmen sehe. Keiner ist verdächtig! Kein Einziger der Nachbarn kann
es gewesen sein!«
    Sprudel schaute verdutzt und schnaufte ein »Wieso?« aus.
    »Weil sie alle so ehrbar und rechtschaffen sind«, sagte Fanni.
    Sprudel gluckste leise.
    Fanni warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, sprach aber weiter.
»Schau den Meiser an zum Beispiel, gefällig und hilfsbereit wie der Stammvater
aller Samariter, moralisch sattelfest wie das

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