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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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großer Schaden für Erlenweiler.
    Ihr Mann sprach bereits weiter. »Meiser ist sofort zum Klein-Hof
hinaufgegangen, als er gesehen hat, wie das Polizeifahrzeug an Erlenweiler
vorbei zum Hof gefahren ist. Falls sie Hilfe brauchten, die Polizisten. Hätte
doch leicht sein können, dass sich der Alte schnell ein Versteck sucht,
irgendwo in Benes Schrottlager hinter den verrosteten Dreschtrommeln.«
    Fanni stellte sich die entsprechende Szene vor und musste sich auf
die Lippen beißen, um nicht laut herauszulachen. Meiser zwischen stumpfen
Sensenblättern und verschmierten Ölkannen herumkrabbelnd auf der Suche nach dem
Alten, der Alte ängstlich unter den verbogenen Zinken eines Kreiselheuers
kauernd, hinter Türen und Fenstern ein halbes Bataillon Polizisten mit den
Waffen im Anschlag.
    »Aber das glatte Gegenteil war der Fall«, redete Fannis Mann
indessen weiter, »Meiser sagt, der Klein hat mordsherrisch getan und sich so
saugrob aufgeführt wie immer. Blöde Hammeln hat er die Polizisten genannt und
Hornochsen. Der glaubt wohl, mit genügend Dreistigkeit kommt er wieder heraus
aus der Geschichte. Da hat er sich aber geschnitten. Diesmal siegen die Beweise
und nicht das ungehobelte Mundwerk!«
    »Sagt Meiser«, flüsterte Fanni.
    »Was wollte denn eigentlich der Kripoheini schon wieder von dir?«
Fannis Mann häufte sich noch mal Pasta mit viel Käse auf den Teller.
    Meiser hatte also gelauert und gepetzt!
    »Ich habe ihm gesagt«, antwortete Fanni, »dass ich glaube, der Alte
war es gar nicht.«
    Fannis Mann erstickte schier an einem Stück Kruste, so musste er
lachen. »Frau Fanni Rot belehrt die Polizei! Frau Fanni darf das, weil sie jede
Woche ›Tatort‹ schaut im Fernsehen!«
    Fanni aß langsam ihren Teller leer, während ihr Mann prustete und
schnaubte und schluckte. Als er sich beruhigt hatte, sagte sie:
    »Was soll denn jetzt aus dem Bene werden und aus dem Hof? Die Mirza
tot und der Alte weggesperrt. Ganz allein schafft er es nicht, der Bene.«
    »Ja soll man einen Mörder laufen lassen, damit jemand da ist, der
den Kretin hütet?«, blaffte Fannis Mann. »Da dürfte man überhaupt niemanden
mehr einsperren, wenn es danach geht, ob er irgendwo gebraucht wird. Im Übrigen
haben die Nachbarn gerade erzählt, dass bald eine Dorfhelferin auf den Hof
kommt. Der Meiser kümmert sich darum. Das ist jetzt ganz dringend, sagt Meiser,
sonst passiert noch ein Unglück. Heute, sagt Meiser, hat er gerade noch
verhindern können, dass der Bene, der Volltrottel, mit seiner Schweißflamme den
Hof abfackelt.«
    Fanni schüttelte verwundert den Kopf. Bene konnte kein Einmaleins
und kein Halma, er konnte schlecht vorausplanen, und Zeitangaben bekam er
selten richtig hin, aber mit einem Schweißapparat umgehen, das konnte er.
    »Meiser sagt«, hörte Fanni ihren Mann wieder reden, »seine Frau
bringt dem Bene jetzt gleich noch einen Teller Gulaschsuppe, damit er was
Anständiges in den Magen kriegt nach der Stallarbeit. Das muss man den Meisers
wirklich hoch anrechnen.« Fannis Mann legte die Gabel weg, zog den vergilbten
Zahnstocher aus dem Griff seines Schweizer Messers und sprach weiter, während
er in den Zähnen pulte. »Immer zur Stelle, wenn sie gebraucht werden, die
Meisers. Die igeln sich nicht hinter der verschlossenen Haustür ein, stecken
den Kopf in irgendeinen Schmöker und lassen andere Hand anlegen, wo es nottut.
Der Meiser hat auch den Polizisten geholfen, die hier überall nach Spuren
gesucht haben, sogar was zu trinken hat er ihnen gebracht, weil es so warm war
an dem Tag, sagt seine Frau. Die kümmern sich eben, die Meisers.«
    »Um jeden Dreck«, flüsterte Fanni und hatte ein verdammt schlechtes
Gewissen dabei. Warum bloß konnte sie sich nicht dazu aufraffen, selbst mal
nach Bene zu sehen? Sie kannte ihn doch schon seit jener Zeit vor
dreiundzwanzig Jahren, als er den ganzen Nachmittag über glucksend und
strampelnd in seinem Kinderwagen gelegen hatte, der bis April in der Stube
stand und ab Mai auf der Gred.
    Weil du eine feige Drückebergerin bist, Fanni
Rot!

Teil II

1.
    Am Donnerstag, es war der 16. Juni, und Mirza
war bereits eine Woche tot, setzte Fanni gleich nach dem Frühstück Hefeteig für
böhmische Dalken an.
    Sprudel hat eine nette Abschiedsgeste verdient, rechtfertigte sie
sich, er war so aufmerksam. Vielleicht hat er sich sogar ernsthafte Gedanken
über meine Darlegungen gemacht. So oder so, Sprudel wird nicht wiederkommen.
    Fanni versuchte, darüber erleichtert zu sein, und es

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