Saure Milch (German Edition)
ausdrücklich
darum gebeten, sich noch mal danach umzusehen. Die Kripo hat einfach nicht
genug Leute dafür. Besonders wichtig ist das abgebrochene Stück Plastik
allerdings nicht mehr, weil sowieso schon genug Beweise da sind gegen den alten
Klein. Alles hieb- und stichfest, sagt Meisers Polizistenfreund. Die Tatwaffe
und das Stück vom Schuh, das alles wäre bloß noch der Zuckerguss für die
Anklageschrift.«
»Und den möchte Meiser beitragen«, murmelte Fanni.
Ihr Mann hörte gar nicht hin und schenkte sich zum dritten Mal das
Bierglas voll. Zeit für Fanni, ihr eigenes Projekt voranzutreiben. Sie sagte
laut: »Ich habe mich heute zu einem Bastelkurs angemeldet, vier Nachmittage,
zweimal die Woche.«
»Was bastelst du denn Schönes?«
Fanni schluckte. Ȁhm, das muss ich mir erst noch aussuchen, es gibt
da verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel –«
Fanni musste nicht Hals über Kopf etwas erfinden. Ihr Mann stand
schon in der Tür: Schützenabend.
Die Haustür schlug zu, und im selben Augenblick läutete
das Telefon. Leni meldete sich. »Hast du Mirzas Mörder schon dingfest
gemacht?«, fragte sie.
»Wie denn?«, sagte Fanni. »Der Alte wurde verhaftet und als Täter
abgestempelt. Alles, was handfest ist, spricht gegen ihn. Und was habe ich?
Nichts als eine lächerliche Theorie, aus den Fingern gesogen, absurd.«
»Gar nicht«, sagte Leni, »je mehr ich darüber nachdenke, desto
besser gefällt sie mir. Ist etwa dein Sprudel auch abgesprungen, hat er sich
auf die Seite der Besserwisser geschlagen?«
»Nein«, antwortete Fanni, »aber gegen die Beweiskraft der DNA weiß er auch kein Kraut.«
Leni musste zugeben, dass die DNA -Spuren
unter Mirzas Fingernägeln schwer zu Buche schlugen, und es schlecht aussah für
Klein.
»Trotzdem«, sagte sie, »es kann ja nicht schaden, noch ein bisschen
herumzustochern. Wer weiß, was ans Licht kommt. Nicht klein beigeben, Miss
Marple.«
Fanni versprach es, obwohl sie sehr daran zweifelte, dass
Herumstochern die geeignete Methode war, ein Verbrechen aufzuklären.
Sie redeten noch ein wenig hin und her, dann sagte Leni, sie müsse
sich wohl bald aufs Rad schwingen und zum Sportcenter fahren, Aerobictraining.
»Und hinterher«, sagte Leni, »muss ich noch mal ins Labor. Die Kripo
Nürnberg will morgen früh den genetischen Fingerabdruck sehen, den wir in
Arbeit haben. Aber zwei unserer Laboranten sind krank und einer ist im Urlaub.
Da bleibt mir nicht anderes übrig, als selbst bis Mitternacht zu blotten.«
»Du machst was?«, fragte Fanni.
»Ich muss DNA -Fragmente, die der Größe nach
geordnet auf ihrer Gelbahn liegen, sichtbar machen.«
»Und das heißt blotten ?«, erkundigte sich
Fanni.
»Das Verfahren nennt sich Southern Blot«, präzisierte Leni, »und ist
ein bisschen knifflig.«
»Kann ich mir gut vorstellen, dass es eine heikle Sache ist, die DNA -Fragmente aus dem Gel herauszuklauben«, meinte
Fanni.
Leni lachte und sagte dann: »Übrigens, Mama, übers Wochenende fahre
ich mit Thomas nach Köln. Wir haben Samstagabend Karten für die Philharmonie,
und am Sonntag wollen wir ins Schokoladenmuseum. Am Montag melde ich mich bei
dir, okay?«
»Klar«, stammelte Fanni. »Und viel Spaß!«
Sie legten beide auf, Fanni ging wieder ins Esszimmer, um den Tisch
abzuräumen. Sie trug Schüssel und Teller in die Küche, und als sie zurückkam, um
die Gläser zu holen, blieb sie an der Terrassentür stehen und starrte hinaus.
Ermitteln, dachte sie, Alibis prüfen, einem Mörder auf die Schliche
kommen wollen. Du musst verrückt sein, Fanni Rot. Du weißt doch ganz genau,
dass dein Verstand schon seit dem Kindesalter in irgendeinem Gewebesumpf
versackt ist. Die wenigen verwendbaren Blasen, die er aufsteigen lässt,
solltest du besser nutzen. Wenn du schon Detektiv spielen willst, dann versuch
doch herauszubekommen, was dieser Thomas Zacher für einer ist. Hat er Dreck am
Stecken wie sein Vater? Ist Frieder Zacher per Zufall in eine Affäre mit dieser
flatterhaften Anna geschlittert, oder ist er ein Krimineller, ein Mädchenjäger,
ein Autoschieber, ein Schurke?
Zwei gelbe Schmetterlinge turtelten über den Seerosen im
Gartenteich, und Fanni sagte sich, dass Leni alt genug wäre, um zu wissen, mit
wem sie sich einließ. Außerdem hat deine Tochter weit mehr Menschenkenntnis als
du, Fanni Rot, flüsterte ein Stimmchen in ihrem Kopf. Trotzdem, widersprach
Fanni, Fakten, zuverlässige Daten können nur von Nutzen sein. Ich sollte
Sprudel fragen, ob Frieder
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