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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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fünfundfünfzig ihr Auge auf einen
ausgedienten Kriminalinspektor geworfen hat, einen mit Elefantenohren und einem
Haufen Plissee im Gesicht?
    Fanni stöhnte. Sie hätte »Nein, nein, nein!« rufen wollen. Aber die
Gewissenspein verschloss ihr den Mund.

4.
    Zu Hause wartete Fannis Mann.
    »Wo bleibst du denn, Fanni? Hast du den Geburtstag von unserem
Schützenvorstand vergessen? Um halb sieben müssen wir im Vereinshaus sein, und
du bist noch nicht mal festlich angezogen und hergerichtet!«
    Fanni hasste Geburtstagsfeiern.
    Sie ging ins Badezimmer.
    Die hellbraune Leinenhose und die olivfarbene Blusenjacke, die sie
anhatte, waren gut genug für das Schützenhaus, fand Fanni.
    Sie fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen grauen Haare. Saß
doch schön so, die Frisur.
    Fanni betrachtete ihr Gesicht im Spiegel.
    Teint? Leicht gebräunt, wozu also mit Puder bestäuben.
    Nase? Fein und gerade, etwas glänzend an der Spitze, na und.
    Wimpern und Brauen? Natürlich und unbehandelt, warum nicht?
    Mund? Hübsch geformt, ein Wischer Lippenstift als Zugeständnis.
    Zwei Minuten später verließ Fanni das Haus.
    Ihr Mann saß bereits im Wagen, der Motor lief schon.
    »Was hast du denn Schönes gebastelt heute?«, fragte Fannis Mann, als
sie in Richtung Stadt fuhren.
    Fanni täuschte einen akuten Anfall von Taubheit vor und zupfte
Flusen vom Sakko ihres Mannes.
    »Was du gebastelt hast, Mausi, habe ich gefragt«, säuselte Fannis
Mann. Wenn es was zu feiern gab, war er immer bester Laune.
    »Eine … ähem – ein Trockengesteck«, stieß Fanni hervor und
warf einen dankbaren Blick auf das Gartencenter neben der Straße.
    »Schon fertig?«, fragte Fannis Mann.
    »Nein, meine Güte, das ist wirklich kompliziert und langwierig.«
    Fannis Mann bog sich vor Lachen.
    Fanni machte einen Knoten in ihr Taschentuch. Der sollte sie
erinnern, bei nächster Gelegenheit ein Trockengesteck zu erwerben. Wenn sie es
zu Hause noch etwas zerzauste und zerfledderte, konnte sie das Ding als eigenes
Machwerk ausgeben.
    Fanni schüttelte dem Schützenvorstand die Hand, wünschte
ihm Gesundheit und eine herausragende Trefferquote für das kommende Lebensjahr
und folgte ihrem Mann zu den Biertischen. Hans Rot blieb auf ein paar Floskeln
beim Kassenwart hängen und auf ein »Heut lassen wir es aber krachen!« bei den
diesjährigen Gaumeistern der Sparten Zimmerstutzen und Ordonanzgewehr.
    »Schützen schießen mit Gewehren«, ging es Fanni durch den Kopf. »Der
Sekundant jedes Schützen ist der Büchsenmacher!«
    Sie sah sich um.
    Böckl saß drei Tische weiter zwischen dem Gaumeister Luftgewehr und
dem Gaumeister Armbrust, beide kenntlich an den handtellergroßen Plaketten, die
sie am rot-weißen Band um den Hals trugen.
    Fanni ließ ihren Mann beim Schriftführer zurück, quetschte sich auf
die Bank vis-à-vis von Böckl und fasste sich in Geduld.
    Sie aß zwei Schinkenbrötchen, trank ein Glas Rotwein und ließ so
sinnlose Wörter wie »gezogener Lauf« und »Würgebohrung«, »Hammerleßgewehr« und
»Radschlossbüchse« an sich vorbeirauschen.
    Fanni wartete auf ihr Stichwort, und das kam gegen halb zehn, als
die beiden Gaumeister aufs Klo mussten.
    »Ah, Frau Rot«, feixte Böckl quer über den Tisch, »immer auf gutem
Fuß mit der Kripo! Er kommt doch täglich, der Herr Hauptkommissar, nicht wahr?«
    »Dreimal täglich«, gab Fanni zurück, »und ab morgen kommt er dreimal
täglich zu Ihnen, Herr Böckl. Er wird wissen wollen, was Sie am Tag des
Verbrechens gemacht haben, jede Minute müssen Sie belegen. Sie sollten schon
mal damit anfangen, sich zu erinnern.«
    »Jede Minute«, echote Böckl und spielte mit. »Zum Frühstück hatte
ich kalten Kaffee«, sagte er, »weil um halb acht schon das Telefon geklingelt
hat. Ein Kunde, wollte Patronen bestellen. Jäger stehen halt früh auf.«
    Fanni hatte eine gute Viertelstunde, dann kam der Gaumeister KK -Gewehr und drückte sich von links auf die Bank
neben Böckl. Fanni räumte das Feld.
    Fannis Mann saß neben dem Schützenvorstand und lachte wie sonst nur
bei Bud-Spencer-Filmen. Fanni wollte gar nicht wissen, worüber, denn eines war
klar: Sie würde es nicht lustig finden. Und noch
eines war klar: Es würde spät werden.
    Fanni drehte zwei flotte Runden um das Schützenhaus, ging die dritte
gemütlich an und dehnte sie dafür bis zur Einkaufsstraße aus. Sie sah sich dort
die Auslagen eines Schuhgeschäftes und eines Haushaltswarenladens an. Gegen
Mitternacht kehrte sie zu den Bierbänken

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