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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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zurück.
    Hans Rot saß neben der Frau des Kassenwarts und lachte zwei Oktaven
zu hoch.
    Fanni nahm sich ein Käsebrötchen und ein Glas Rotwein und suchte
sich eine Bank an der Wand, damit sie sich anlehnen konnte. Es ging auf ein Uhr
früh zu. Fanni wünschte sich einen Schmöker von Stephen King oder einen von Dan
Brown, aber damit hätte sie ein Aufsehen erregt wie Marco Polo auf den großen
Sunda-Inseln.
    Fanni schloss die Augen, damit fiel sie nicht auf.
    Stühlerücken und Füßescharren rissen sie aus ihrem
Dämmerschlaf. Um sie herum schüttelten sich Schützenbrüder die Hände und boxten
sich gegenseitig in die Rippen. Das sah nach Aufbruch aus. Halb drei. Fanni
ging ohne Umweg zur Tür. Keiner würde morgen wissen, dass sie sich von
niemandem verabschiedet hatte. Alle waren vollauf beschäftigt, und alle waren
angetrunken. Der Gaumeister Luftgewehr hielt die Frau des Schriftführers in den
Armen und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Der Schützenvorstand hatte die Hand auf
dem Po einer Dame, die kurz zuvor mit dem Gaumeister Armbrust poussiert hatte.
Fanni wollte keinesfalls Schweißfinger auf ihrem Rücken spüren, und
feucht-fettige Küsse auf beide Backen wollte sie erst recht nicht.
    Sie eilte zum Wagen und wartete neben der Beifahrertür auf ihren
Mann. Er würde selbst fahren wollen, keine Frage.
    »So viel kann ich gar nicht trinken, dass wir mit mir am Steuer
nicht sicherer nach Hause kämen als mit Schlitterfanni«, pflegte er zu sagen,
wenn sie sich erbot zu chauffieren, weil er unerlaubt viele Promille im Blut
hatte.
    Es stimmte ja, Fannis Auto war schon mal auf vereister Straße
ausgebrochen und eine Böschung hinuntergeschlittert. Das kann wohl jedem
passieren, sollte man denken. Schon, aber Fanni war es passiert.
    Hans Rot startete den Wagen, und Fanni schnallte sich an. Der
Gaumeister Zimmerstutzen hupte dreimal, als er an ihnen vorbeifuhr und nach
rechts Richtung Fischerdorf abbog.
    »Radaubruder«, grinste Fannis Mann und hupte zurück. Dann hatten sie
die Straße für sich. Die anderen Schützen wohnten in den Käffern an der Donau,
in Thundorf, Hofkirchen und Pleinting. Den Weg in die Hügel des Hinterlandes
nach Erlenweiler nahmen nur die Rots.
    In Höhe von Natternberg tauchten vor ihnen die Schlussleuchten eines
Wagens auf. Obwohl Hans Rot langsam fuhr, holte er schnell auf. Fanni starrte
durch die Windschutzscheibe. Das Auto vor ihnen kroch mit vierzig
Stundenkilometern dahin. Sein flaches Heck kam Fanni vage vertraut vor. Hans
Rot begann zu lachen.
    »Gelber Jaguar Marke Zacher«, grölte er.
    Fanni schreckte auf.
    Unmöglich, blitzte es in ihrem Kopf, Leni und Thomas sind in Köln.
    Hans Rot setzte zum Überholen an und bleckte: »So eine Schleichfahrt
hat ihre Vorzüge, und wie.«
    Als beide Autos auf gleicher Höhe waren, versuchte Fanni zu
erspähen, wer in dem Jaguar saß. Der Mann am Steuer hatte das Gesicht seiner
Beifahrerin zugewandt. Fanni sah ihren Pferdeschwanz wippen. Auch Leni trug
ihre Haare manchmal so zusammengebunden. Der Hinterkopf des Mannes leuchtete
hell. Blond, dachte Fanni, wie Thomas.
    Dann waren sie vorüber.
    »Dieser Jaguar«, wieherte Hans Rot und scherte auf den rechten
Fahrbahnstreifen zurück, »der hat’s in sich.«
    Fanni konnte nicht schlafen. Sie wälzte sich herum, ging
aufs Klo, trank ein Glas Wasser, legte sich wieder hin und fing ihren
Gedankenreigen von vorne an. Gegen halb vier Uhr nachts hatte ihr Mann Thomas
Zachers gelben Jaguar überholt, in dem ein junges Paar saß. Leni und Thomas?
Thomas und eine andere? In beiden Fällen hätte Leni ihre Mutter angelogen. So
etwas tat Leni nicht. Wozu auch? Sie war alt genug. Sie konnte wegfahren, mit
wem sie wollte, und sich aufhalten, wo sie wollte. Die ganze Sache ergab keinen
Sinn.
    Wieder eine dieser Situationen, gestand sich Fanni um fünf Uhr
morgens ein, in denen mein Verstand kapituliert, sich sang- und klanglos
verabschiedet, ohne den winzigsten Lösungsvorschlag anzubieten.
    Ein wenig Vernunft hätte ihr sagen können, dass sich all diese offenen
Fragen nicht durch schieres Nachgrübeln beantworten ließen. Doch Fannis
Vernunft schlief schon. Der Gedanke, der Fanni noch wach hielt, flüsterte: »Und
so vernagelt, wie du bist, möchtest du Detektiv spielen. Bildest dir ein, du
könntest einem Mörder auf die Schliche kommen.« Fanni seufzte resigniert, und
da schwieg auch diese Stimme in ihrem Kopf. Fanni fielen die Augen zu.
    »Hast du den Kuchen fertig?«, fragte Fannis Mann

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