Saure Milch (German Edition)
Augenblick raste Leni aus dem
Haus und warf sich in Thomas’ Arme.
»Es hat geklappt!«, rief sie. »Ich sehe es dir an.«
Thomas nickte und hielt sie fest.
Der Abschied von Vera, Minna und Max, von den Nachbarn und vom
Schwiegersohn zog sich hin. Endlich rollte Thomas’ Audi die Dorfstraße
hinunter. Fanni sah ihre Tochter an.
»Gibt es etwa gute Neuigkeiten? Ihr seht beide so zufrieden aus.«
»Ich freu mich so für Thomas«, antwortete Leni. »Rolf, sein
Lebenspartner, hat gestern die Zusage für eine Planstelle am Straubinger
Ludwigsgymnasium bekommen. Er kann schon nächsten Monat zu Thomas in die neue
Wohnung ziehen.«
Fanni schluckte, dann lächelte sie. »Ich wünsche euch alles Gute,
Thomas, dir und Rolf.«
Hans Rot sagte gar nichts. An der Raststätte Würzburg-Randersacker,
wo Thomas tankte und Leni pinkeln ging, setzte er sich zu Fanni in den Fond.
Leni stieg kommentarlos vorne ein, drehte sich um und feixte Fanni an. Ihre
Mutter grinste zurück.
3.
Kaum in Erlenweiler angekommen brummte Hans Rot
»Bundesliga«, verzog sich ins Wohnzimmer, schloss die Tür und schaltete den
Fernsehapparat ein.
Leni half ihrer Mutter, das Abendessen herzurichten. Sie wollte in
Erlenweiler übernachten und früh am nächsten Morgen mit dem Auto nach Nürnberg
fahren.
»Steht schon lange genug hier herum«, meinte sie.
»Vier Wochen«, spezifizierte Fanni.
Sie trug Leni auf, den Salat zu waschen. Und während Leni die
Salatblätter im Wasser kreisen ließ, sagte sie zu Fanni:
»Seid ihr weitergekommen, du und Sprudel?«
Fanni suchte gerade nach einer passenden Schüssel für den Reis,
deshalb merkte sie nicht sofort, wie doppeldeutig Lenis Frage war. Sie kam erst
dahinter, als sie das belustigte Flackern in den Augen ihrer Tochter sah. Fanni
bekam rote Backen.
»Ich freu mich echt«, sagte Leni, »dass du mit deinem
Kriminalkommissar Mirzas Mörder jagst, und dass du dich mit ihm so gut
verstehst. Papa geht ja sowieso seine eigenen Wege. Ich wünsch mir wirklich,
und Leo hofft es auch, dass sich eine lange Freundschaft daraus ergibt.«
Fanni bekam rote Ohren. Die zwei Bälger hatten also schon wieder
konspiriert. Das war wohl ihre Lieblingsbeschäftigung, besonders wenn es um
ihre Mutter ging.
»Verschwörerbande«, murmelte sie.
Leni lachte. »Jetzt erzähl schon!«
»Es könnte sein«, sagte Fanni, »dass Meiser die arme Mirza
umgebracht hat. Aber ich fürchte, wir werden es nicht beweisen können.«
Sie berichtete kurz, was geschehen war und welche Schlussfolgerungen
sie und Sprudel daraus gezogen hatten.
Leni legte ihre Stirn in Falten, als wollte sie ein zweiter Sprudel
werden.
»Ich trau es dem Meiser zu«, sagte sie. »Meiser ist ein Schweinehund.
Und er ist durchtrieben. Er verbreitet so lange Lügen und Halbwahrheiten,
richtet so viele Verwirrungen an, bis niemand mehr durchblickt.«
Fanni nickte. »Eben.«
»Meine letzte Hoffung ist«, fuhr sie nach einem Augenblick fort,
»dass sich auf der Sandalenblüte DNS -Spuren von Meiser
finden.«
Leni machte noch zwei weitere Falten in ihre Stirn. »Das ist nicht
besonders wahrscheinlich, weil die Blüte etliche Tage in der Erde gelegen hat.
Aber selbst wenn darauf Gewebepartikel von Meiser gefunden werden würden, wäre
das kein eindeutiger Beweis. Meiser würde euch auslachen. ›Ich habe die Pflöcke
aus meinem Keller geholt‹, würde er sagen, ›ich habe sie tausendmal in der Hand
gehabt und ich habe sie in den Boden gerammt. Natürlich waren auf jedem Pfahl
Hautschuppen von mir drauf, und von einem sind sie halt an die Blüte gekommen‹.
Die war ja praktisch an ihm aufgespießt.«
Fanni seufzte. Leni hatte recht. Meiser würde sich herausreden.
»Es gibt nur eine Möglichkeit, ihn zu fassen«, erklärte Leni. »Ihr
müsst ihn reinlegen.«
Sie ließ Fanni keine Zeit für Widersprüche. »Ihr seid doch auch
nicht auf den Kopf gefallen, du und Sprudel. Jetzt zeigt mal, was ihr
draufhabt, ihr zwei.«
Fanni musste lachen. Ihre Ohren glühten.
Früh am Montagmorgen verabschiedete sich Leni von ihren
Eltern.
»Ich hab noch eine Menge zu regeln in der nächsten Zeit«, sagte sie,
»und dann will ich Urlaub nehmen und schon drei Wochen früher nach Ligurien
fahren. Zum Eingewöhnen.«
Fanni umarmte sie.
»Wäre wirklich schön«, sagte Leni, »wenn du mal eine Zeit lang
kommen könntest, Mama.«
»Fahr nur«, rief Fannis Mann vom Frühstückstisch, »fahr nur nach
Italien zu Leni. Ich komm gut allein zurecht.«
Fanni beteuerte, sie
Weitere Kostenlose Bücher